Grellgrün leuchten die Cannabis-Läden in der Prager Altstadt. Foto: Johanna Flint

Seit Jahren schießen in der Prager Innenstadt immer mehr Cannabis-Läden aus dem Boden. Sie werben mit dem Verkauf von echtem Gras und bringen die Touristen ins Grübeln: Ist Cannabis in Tschechien etwa erlaubt? Unsere Landesbloggerin Johanna hat sich auf die Suche nach einer Antwort gemacht.

Real weed sold here“, „Snoop Dogg recommends“, „Stay high“ – Die Prager Innenstadt leuchtet grün. Und das nicht nur wegen des Frühlings, der so langsam Einzug in der tschechischen Hauptstadt findet. Sondern auch wegen der zahllosen Cannabis-Läden, die sich dort an Souvenirshops und Baumstriezel-Cafés reihen. Grellgrüne Hanfblätter, grinsende Rastafaris in den Schaufenstern, davor gaffende Touristen. Man sieht es ihnen an, die Unsicherheit, die fragenden Blicke, der kleine Hoffnungsschimmer in den Augen. Haben sie hier gerade etwa das Amsterdam des Ostens entdeckt?

Wer ohne jedes Vorwissen über die Gesetzeslage in Tschechien nach Prag kommt, könnte tatsächlich meinen, dass Kiffen hier legal ist. Ich geben zu, dass auch ich, kurz nachdem ich in Prag angekommen bin, mit meinem Handy in der Hand vor einem der Cannabis-Läden stand und gegoogelt habe: „Cannabis Tschechien legal.“ Der erste Beitrag von der Website www.europa.eu verrät mir, dass „seit Beginn des Jahres 2010 der Konsum von Drogen wie Kokain, Ecstasy und Haschisch zum Eigenbedarf legal“ sei. Dann verkaufen die Läden wirklich echtes Cannabis!?

Täuschend echte Produkte

Auf den touristischen Straßen gibt es einen Haufen dieser Cannabis-Läden, die mit echtem Gras werben. Auf Englisch stehen dort die wildesten Sorten, die es zu kaufen gibt: Namen wie „White Widow“ oder „Amnesia Haze“ sollen die Kunden von der Echtheit des Produktes überzeugen. Dabei handelt es sich nämlich um echte Kreuzungen verschiedener Hanfsorten, denen besondere Wirkungen zugesprochen werden. In den Läden selbst findet man jedes nur erdenkliche Produkt, das Cannabis enthalten soll: von den allseits bekannten vorgedrehten Joints, Brownies oder Cookies über Schokolade, Kaugummis und Gummibärchen bis hin zu Vodka und Bier.

„Echtes THC“ steht zwar drauf, ist aber garantiert nicht drin. Foto: Johanna Flint

Ich habe zur Sicherheit noch einmal die Verkäufer gefragt, doch auch die meinten: „Ja klar, das ist echtes Gras mit 20 Prozent THC-Gehalt.“ THC ist der Wirkstoff im Gras, der für die berauschende Wirkung sorgt. Danach hielten sie mir verschiedene Gläser unter die Nase, die gefüllt waren mit grünen Grasknollen und definitiv nach Cannabis rochen. Also: Sieht aus wie Gras, riecht wie Gras, die Verkäufer sagen, es ist Gras – dann sind wir ja auf der sicheren Seite. Oder?

Leider nicht. Auch, wenn auf den Produkten Versprechen wie „real THC weed“ oder „This will make you high!“ stehen: Die einzige Reaktion, die dieses Gras aus den Prager Shops beim Konsumenten hervorruft, ist wahrscheinlich Wut. Der Verkauf von THC-haltigem Cannabis ist in Tschechien nämlich bis dato verboten. In dem Gras, was die Läden anbieten, ist oft CBD enthalten, was eher medizinische Vorteile haben soll und nicht berauscht – oder andere unbekannte Wirkstoffe. Und wenn auf den vermeintlichen Cannabis-Keksen „THC“ steht, dann steht das für die Marke „Taste High Cookies“ und nicht für den enthaltenen Wirkstoff.

Unsere Video-Reportage zum Thema

Legal high mit HHC?

Seit einiger Zeit wird in den Schaufenstern aber auch mit HHC geworben. Dabei handelt es sich um ein Derivat von THC, das berauschend wirkt und zur Zeit legal erhältlich ist. Doch beim Konsum ist Vorsicht geboten. Obwohl das Cannabinoid schon 1940 entdeckt wurde, ist es noch kaum erforscht und es gibt noch keine einheitlichen und endgültigen Beurteilungen zur Wirkung und Sicherheit. Teilweise steht auf den HHC-Produkten, dass sie weder zum Rauchen noch zum Verzehr geeignet sind – allerdings nur auf Tschechisch.

In den Schaufenstern wird mit THC, HHC, und CBD geworben. Foto: Johanna Flint

Gesetzeslage in Tschechien

Aber wie sieht es nun mit der Legalität von Cannabis in Tschechien aus? Seit 2010 ist immerhin der Besitz entkriminalisiert: Wer mit bis zu zehn Gramm oder fünf Pflanzen erwischt wird, der muss höchstens mit einer Geldstrafe rechnen. Wer allerdings mehr bei sich hat oder beim Verkauf erwischt wird, kann für bis zu fünf Jahre ins Gefängnis kommen – da kommt es auf die Schwere der Tat an. Für medizinische Zwecke ist Cannabis legal und unterliegt einer strengen Regulierung.

Genau wie in Deutschland bereitet sich aber auch hier die Regierung auf eine Legalisierung vor. Die tschechische Piratenpartei, die seit Ende 2021 auch in der Regierung vertreten ist, hat die Legalisierung von Cannabis schon seit Jahren auf dem Programm. Und so wie es gerade aussieht, könnte es schon in ein bis zwei Jahren soweit sein. Ende 2022 hat Premierminister Petr Fiala (ODS) eine Expertengruppe ins Leben gerufen, die einen Vorschlag entwickeln soll, wie ein regulierter Cannabismarkt aussehen könnte. Die Idee der Gruppe war, Cannabis in spezialisierten Geschäften zu verkaufen. Die Kunden müssen sich in einer zentralen Datenbank registrieren und können bis zu fünf Gramm am Tag kaufen. Hersteller und Verkäufer müssen eine jährliche Gebühr zahlen und dürfen nicht mit ihren Produkten werben.

Noch keine endgültige Lösung

Für den Anti-Drogen-Beauftragten der tschechischen Regierung Jindřich Vobořil (ODS) war dies die beste Lösung. Der europäische Schwarzmarkt wachse stetig. In Tschechien sei zwar anscheinend der Höhepunkt bereits erreicht, die Nachfrage nach Cannabis aber trotzdem ungebrochen. Statt hier zu versuchen, mit Verboten den Konsum zu unterbinden, nimmt Vobořil lieber die Verantwortung aus den Händen der Schwarzmarkt-Verkäufer und legt sie in die eines regulierten, legalen Marktes.

Es gibt aber auch Gegner der Legalisierung: Sie argumentieren gegen den Plan der Expertengruppe, dass es trotzdem noch für Minderjährige oder Menschen, die ihr tägliches Kauflimit erreicht haben, möglich ist, Gras von anderen zu kaufen. Die Präsenz eines Schwarzmarktes und die Gefährdung von Minderjährigen werde durch die Legalisierung also nicht umgangen. Über Risiken wie diese hat die Expertengruppe in ihrer letzten Sitzung am 11. April diskutiert. Sie will sichergehen, dass ihr Vorschlag im Einklang mit dem internationalen Rechtsrahmen ist, bevor etwas endgültig entschieden wird. Bis zur finalen Legalisierung kann es also noch ein bisschen dauern.


Moin und Ahoj, liebe Leserinnen und Leser! Ich bin Johanna, die neue Praktikantin beim LandesEcho und freue mich, die nächsten drei Monate die tschechische Kultur und das Leben in der Hauptstadt kennenzulernen.

Aufgewachsen bin ich in einem Dorf im Norden von Deutschland. Ich habe allerdings schnell gemerkt, dass es mich raus in die Welt zieht. Nach dem Abitur habe ich meine Koffer gepackt und mich auf Europa-Reise begeben. Der erste Stopp war Prag und es hat nicht lange gebraucht, bis ich mich in die Stadt verliebt habe. Die lebensfrohen und offenen Menschen genauso wie die beeindruckende Architektur und das große Angebot an Kultur haben es mir angetan. Ich wusste: Hier muss ich noch mal wieder hin!

Jetzt, wo ich beinahe am Ende meines Journalismus-Studiums an der Hochschule Magdeburg-Stendal angekommen bin, habe ich die Möglichkeit ergriffen und mich für ein Praktikum in der Stadt an der Moldau entschieden. Ich bin gespannt darauf, Prag nicht nur aus den Augen einer Touristin zu sehen, sondern herauszufinden, wie die Menschen hier leben und welche interessanten Geschichten sich verstecken.

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.