Die Regierungschef Polens und Tschechiens, Mateusz Morawiecki und Petr Fiala, einigten sich im Streit um die Kohlegrube Turów. Foto: ČTK/ ČTK/Kamaryt Michal

Am Donnerstag unterzeichneten beide Länder ein zwischenstaatliches Abkommen zur Lösung des Konflikts um den polnischen Braunkohletagebau Turów nahe der tschechischen Grenze.

Auseinandersetzungen aufgrund der Abbaubedingungen bestehen bereits seit mehreren Jahren. Im vergangenen Jahr hatte Polen trotz tschechischer Einwände die Ausweitung des Braunkohletagebaus Turów zugelassen, woraufhin Tschechien beim Europäischen Gerichtshof Anklage gegen Polen erhob. Am Donnerstag nahm nun ein Anwalt des Europäischen Gerichtshofs, Priit Pikamäe, Stellung zugunsten Tschechiens. Seiner Ansicht nach habe Polen gegen EU-Recht verstoßen, da es den Braunkohleabbau in Turów ohne Umweltverträglichkeitsprüfung verlängert habe. Laut einer Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs stellte Pikamäe fest, dass Bergbaustätten einer dem Tagebau Turów ähnlichen Fläche ihrer Natur nach die Gefahr erheblicher Auswirkungen auf die Umwelt mit sich brächten und zwingend Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung sein müssten. Zwar steht ein gerichtliches Urteil noch aus, jedoch ist es wahrscheinlich, dass das Gericht dem Urteil des Generalanwalts Folge leistet.

Ein bilaterales Abkommen soll Frieden bringen

Am Donnerstag unterzeichneten die Regierungschefs der beiden Länder Petr Fiala (ODS) und Mateusz Morawiecki (PiS) eine Vereinbarung über den Abbau im polnischen Braunkohletagebau in der Grube Turów. Am Mittwoch wurde diese erstmals von den Regierungen beider Länder gebilligt. Demnach soll Polen 45 Millionen Euro an Tschechien zahlen, wovon 35 Millionen Euro zur Entschädigung an die besonders betroffene Region Reichenberg (Liberecký kraj) und 10 Millionen Euro an den tschechischen Staat gehen sollen. Des Weiteren habe sich Polen zur Fertigstellung und Funktionsfähigkeit einer unterirdischen Wand verpflichtet, die ein weiteres Abfließen von Grundwasser aus dem tschechischen Hoheitsgebiet verhindern solle, so Fiala. „Polen verpflichtete sich, eine unterirdische Mauer zu errichten, um die Bewohner der nächsten Dörfer vor Lärm, Staub und Lichtverschmutzung zu schützen. Polen hat sich verpflichtet, Maßnahmen zur Verbesserung der Atmosphäre in der betreffenden Region zu ergreifen.“ Es solle Fiala zu Folge darüber hinaus auch einen kleinen Projektfonds geben, um lokale und regionale Umweltprojekte zu finanzieren. Ob Polen diese Abmachung einhält, soll die nächsten fünf Jahre gerichtlich überwacht werden. Im Gegenzug will Tschechien seine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zurückziehen.

Kritik von Klimaschützern

Greenpeace kritisierte das Vorgehen der tschechischen Regierung. „Das Abkommen wurde gestern heimlich von der tschechischen Regierung genehmigt, und heute wird der polnische Ministerpräsident es eilig unterzeichnen. Das ist an sich schon ein Skandal“, sagte Nikol Krejčová im Namen von Greenpeace. „Es ist nicht einmal klar, was der Vertrag ist. Das Recht auf Information, das zu den Grundrechten der Öffentlichkeit gehört, wird nun von Ministerpräsident Fiala und allen Ministern seiner Regierung mit Füßen getreten“, fügte sie hinzu. Bereits im Vorhinein hatte Greenpeace auf angebliche Schwächen des Vertrags aufmerksam gemacht. Noch im Januar hatte Krejčová gefordert, dass Tschechien den Forderungen Polens nach einer Rücknahme der tschechischen Klage nicht nachgeben solle. Stattdessen solle Tschechien Polen dazu drängen, den Bergbau weiter zu reduzieren.

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