Im Herzen von Prag eröffnete im Mai das neue Retromuseum, welches das alltägliche Leben in der damaligen Tschechoslowakei in den 1970er und 80er Jahren darstellt.

Seit dem 19. Mai können Besucher im vierten Stock des Einkaufszentrums Kotva auf eine Entdeckungsreise vergangener Zeiten gehen. Auf einer Fläche von 2.500 Quadratmetern gibt die Ausstellung im Herzen der Prager Altstadt einen einzigartigen Einblick in die Atmosphäre der ehemaligen Tschechoslowakei der 1970 und 80er Jahre. Sie beherbergt knapp 12.000 exklusive Objekte, von Retro Möbeln über Abhörgeräte bis hin zu außergewöhnlichen Spielzeugen. Die Ausstellung ist sowohl für Einheimische ein ganz besonderer Ort, welche sich an ihre Kindheit oder Jugend erinnern können, als auch für Touristen und junge Menschen, die das Leben während der kommunistischen Ära nie kennengelernt haben. „Wir möchten den jüngeren Genrationen diese Zeit näherbringen und die älteren Generationen daran erinnern, wie es war, in der Tschechoslowakei zu leben. Wir glauben, dass das Museum für Besucher interessant und einzigartig in seiner Interaktivität ist“, betont Robert Vůjtek, Vorsitzender des Museums.

Das Museum präsentiert auf unkonventionelle Weise sowohl den Alltag, wie Mode, Lifestyle oder Freizeitaktivitäten als auch gesellschaftliche Designs und Trends in den beiden Jahrzehnten während der sogenannten „Normalisierungsphase“. Diese war die Ära nach der sowjetischen Invasion, die den Prager Frühling beendete. Die Zeit war geprägt von harten Reformen, die die Bemühungen um eine offenere sozialistische Gesellschaft beendeten.

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Die Küche mitsamt originalgetreuer Ausstattung und Rezeptbüchern zum Schmökern. Foto: Jannik Marthe

Die etwas andere Wohnungsbesichtigung

Der Fokus der Ausstellung liegt auf dem Leben eines durchschnittlichen Bürgers und wird in verschiedene Bereiche unterteilt. Die Hauptattraktion stellen die typischen Behausungen der damaligen Zeit dar: Plattenbauwohnungen in Wohnblöcken. In den originalgetreuen Nachbauten können Besucher auf der Wohnzimmercouch Platz nehmen und Fernsehen schauen, das Schlafzimmer erkunden, oder einen nostalgischen Blick in das Kinderzimmer werfen und mit der Zimmerausstattung eines heutigen Heranwachsenden vergleichen.

Des Weiteren werden die damalige Elektronik, die Kleidung und die in Schulen und Geschäften verwendeten Objekte und Gestaltungselemente vorgestellt. Man kann sich unter anderem an einer alten Schreibmaschine ausprobieren, in damaligen Rezeptbüchern schmökern oder eine Runde Dart spielen. Auch verschiedene originalgetreue Möbel aus tschechoslowakischer Produktion werden ausgestellt.

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Übung macht den Meister auf der Schreibmaschine. Foto: Jannik Marthe

Politik und Propaganda im Sozialismus

Zudem thematisiert die Ausstellung die Politik in den 70er und 80er Jahren und die kommunistische Propaganda, inklusive Erforschungen zu den Auswirkungen der Propaganda auf das Leben der Menschen. Sie zeigt insbesondere, wie der Sozialismus für die damalige jüngere Generation normalisiert wurde. Auch die Funktionsweise der geheimen Staatssicherheit wird dargestellt. Besucher können zum Beispiel alte Abhörgeräte in Form von Feuerzeugen anfassen, die zur Überwachung der Regimegegner dienten.

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Wie damals die Klassenzimmer aussahen… Foto: Jannik Marthe

Das Retromuseum wird vom 2014 gegründeten Verein „Art Salon S“ betrieben. Das Projekt schafft 15 neue Arbeitsplätze, insbesondere für Menschen mit Behinderungen. Der Verein will damit die Beschäftigung benachteiligter Menschen nachhaltig unterstützen.

Das Museum befindet sich auf dem Platz der Republik (Náměstí Republiky). Der Eintritt kostet 220 Kronen für Erwachsende und 150 Kronen für Kinder ab fünf Jahren. Mehr Informationen finden Sie auf der Website des Museums.

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