115 Werke bringen den Barockmaler Rembrandt in allen Facetten näher.

Ende September startete die Nationalgalerie Prag im Kinsky-Palast am Altstädter Ring das lang erwartete Kunstereignis des Jahres: Die große Rembrandt-Ausstellung. Lang erwartet kann man getrost wörtlich verstehen, denn eigentlich sollte sie bereits im April eröffnen. Dann kam Corona und sie wurde auf Herbst und Winter verschoben. Nun ist sie bis 31. Januar 2021 geöffnet.

Die Ausstellung mit dem Titel „Rembrandt: Porträt eines Menschen“ (Rembrandt: Portrét člověka) ist schon hinsichtlich der Zahl der ausgestellten Werke bemerkenswert. Die 115 Exponate stammen aus den Sammlungen renommierter tschechischer und ausländischer Museen und Privatgalerien. Dazu gehören in erster Linie das Metropolitanmuseum New York, die Londoner Nationalgalerie, das Rijksmuseum in Amsterdam und das Albertinum in Wien. Die Ausstellung besteht aus 50 Gemälden, 58 Grafiken und sieben Zeichnungen. Damit soll die ganze künstlerische Vielfalt des Barockmalers gewürdigt werden.

Das Bild „Saskia Uylenburgh als Mädchen“ aus der Dresdner Gemäldegalerie ist bis Ende Januar in Prag zu sehen. Foto: NG Praha

Das Bild „Saskia Uylenburgh als Mädchen“ aus der Dresdner Gemäldegalerie ist bis Ende Januar in Prag zu sehen. Foto: NG Praha

Maler der menschlichen Seele

Die großzügig angelegte Schau im Kinsky-Palast entstand während einer fünfjährigen Zusammenarbeit der Nationalgalerie Prag mit dem Walraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud in Köln am Rhein. Hier wurde die Rembrandt-Ausstellung in leicht anderer Form zum 350. Todestag von Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606-1669) zur Jahreswende 2019/20 gezeigt.

„Die Prager Ausstellung strebt danach, anhand von Rembrandts Werken und Arbeiten seiner Schüler, Mitstreiter und Nachfolger das innere Leben des Menschen im Ausdruck des Porträtierten zu vermitteln“, sagt Kuratorin Lucie Němečková und fährt fort: „Dabei ist es gleich, ob es sich dabei um einen unbekannten Menschen oder um Rembrandt selbst handelt, der sich häufig selbst porträtierte.“ Darum wurde der niederländische Künstler häufig als Maler der menschlichen Seele bezeichnet. Seinen Aufstieg zu einer der am besten erforschten und populärsten Gestalten der Kunstgeschichte wird in der Prager Ausstellung chronologisch erzählt. Um Rembrandts Werke strahlen zu lassen, hat die Architektin Lenka Míková sie auf schwarze Massivplatten anbringen und frei im Raum stehen lassen. Arbeiten anderer Künstler wie Lievens, Flinck, Paudiss oder Drost werden rund um Rembrandt an weißen Wänden präsentiert. Den Lebensweg des Künstlers rahmen zwei Selbstbildnisse ein, die er am Anfang und am Ende seiner Karriere malte. Die Ausstellung setzt mit der Beruhigung in der späten Schaffensperiode fort, um im Inneren des Künstlers auszuklingen.

Der Besucher lernt in der Prager Schau den bereits erfolgreichen 28-jährigen Künstler im Jahre 1634 kennen, der er auch in seinem Privatleben glücklich war. Er hatte sich gerade mit Saskia van Uylenburgh verlobt, seiner Muse und häufigem Modell, wie das liebevolle Porträt von Saskia beweist. Schon zu dieser Zeit verfügte der leidenschaftliche Künstler über eine expressive Handschrift, mit der er großformatige Dreiviertelporträts in innovativen Kompositionen malte, auf denen er den Aufstieg Amsterdamer Kaufmänner festhielt. Zu seinen Lieblingsthemen, denen man wiederholt begegnet, gehören auch biblische Motive sowie Antlitze von alten Frauen und Männern, die häufig in orientalischen Gewändern gekleidet waren, wie man auf der Büste eines alten Mannes in Fellmütze sehen kann.

Prager Gelehrter im Studierzimmer

So ist auch bei dem Gelehrten im Studierzimmer von 1634, das den symbolischen Kern der Prager Ausstellung bildet. Das eher wenig bekannte Ölgemälde stammt aus dem Besitz der Nationalgalerie Prag.

Das pyramidal aufgebaute Porträt trägt alle charakteristischen Merkmale von Rembrandts Malstil, wie energische Pinselzüge und das Auftragen einer Farbe auf die noch nicht getrocknete vorige Farbenschicht. Der Mann in orientalischen Kleidern wird in dem Augenblick abgebildet, als er ein Buch beiseite gelegt hat. Höchstwahrscheinlich ging es Rembrandt um das Malen eines Gesichtstyps, in dem er eine interessante Physiognomie sowie das dramatische Seelenleben auffangen wollte. Er benutzt anders als in seinen späteren Arbeiten anstelle von Brauntönen noch mehrere Farbtöne, wie strahlendes Rot und intensives Blau.

Anhand zahlreich vertretener Grafiken und Zeichnungen wird Rembrandt auch im Ausland als tüchtiger Grafiker bekannt, obwohl er seine Heimat nie verließ. Er gab viele Grafikblätter in hohen Auflagen heraus. Sie wurden bereits im 17. Jahrhundert in Europa zum ersehnten Sammelobjekt.

Die Prager Rembrandt-Ausstellung lädt auch Kinder und Jugendliche ein. In einem interaktiven Künstlerstudio wird die Beziehung zu ausgestellten Originalwerken spielerisch vermittelt. Im Rahmen der Exposition „After Rembrandt“ werden Arbeiten einiger zeitgenössischer tschechischer Künstler gezeigt, die sich mit dem weltberühmten Niederländer auseinandersetzen.

Mehr auf der Webseite der Nationalgalerie Prag.

Achtung! Ab Montag, den 12.10., haben Museen und Galerien coronabedingt für zwei Wochen geschlossen.

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