Am Sonntag, 20 Uhr, hebt sich der altneue Vorhang von Eduard Veith in der frisch sanierten Staatsoper Prag, Foto: Petr Neubert

Nach drei Jahren Generalsanierung kehrt das Ensemble an seinen angestammten Platz zurück. Dort warten auf die Besucher nicht nur neue Sitze und bessere Luft, sondern auch ein altbekannter Vorhang.

Am Sonntag ist es soweit. Nach drei Jahren Bauzeit ist das Asyl für Opernfans in Prag zu Ende und das Musiktheater kehrt in sein angestammtes Haus zwischen Nationalmuseum und Hauptbahnhof zurück. 20 Uhr wird das generalsanierte Haus mit einem Galakonzert wiedereröffnet. „Wenn Sie die Tür der Oper öffnen, ist es, als ob Sie in eine andere Welt oder in eine herrliche Kirche eintreten. Es ist ein Platz, wo man eine völlig andere Atmosphäre, Schönheit und Tradition findet“, schwärmt Intendant Per Boye Hansen. Für die vor exakt 132 Jahren eröffnete Staatsoper war eine Generalsanierung nötig geworden. Die letzten drei Jahre über spielte das Ensemble im Musiktheater Karlín und im Nationaltheater.

Start mit Smetana, Wagner und Beethoven

Für die Gala am Sonntag mit Werken unter anderem von Bedřich Smetana, Wolfgang Amadeus Mozart, Leoš Janáček, Richard Wagner und Ludwig van Beethoven wird alles aufgeboten, was nicht nur in Tschechien derzeit Rang und Namen hat. Für das Programm unter dem Titel „Die Staatsoper im Wandel der Zeit 1888-2018“, in dem an die Geschichte von vier Prager  Opernensembles erinnert wird, zeichnet das Team der Regisseurin Alice Nellis und der Dramaturgen Jitka Slavíková und Ondřej Hučín verantwortlich.

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In den Arien und Ouvertüren spiegeln sich die wichtigsten Meilensteine des Opernhauses sowie die bedeutendsten Momente der tschechischen Geschichte. Das Begleitwort übernimmt der tschechische Schriftsteller und Dramatiker Pavel Kohout. Am Pult steht der künstlerische Leiter der Staatsoper Prag, Karl-Heinz Steffens. Zu den auftretenden Opernstars gehören Eva Urbanová, Kateřina Kněžíková, Lise Davidsen, Arnheiður Eiríksdóttir, Pavel Černoch, Joachim Goltz und David Butt Philip. Die Karten sind leider schon längst ausverkauft, doch das Tschechische Fernsehen und ARTE übertragen live.

Das reguläre Programm im frisch sanierten Haus startet am 9. Januar mit Beethovens Fidelio. Im Januar stehen außerdem La Traviata und Madame Butterfly auf dem Programm. Auf die erste Premiere müssen Opernfreunde noch bis April warten. Es ist die Oper König Roger von Karol Szymanowski.

Autos als Noten

Schon seit dem Silvesterabend bereitet ein interaktives Videomapping auf der Fassade des Opernhauses Kunstfreunde aus aller Welt auf die feierliche Eröffnung vor, das noch bis zum Neustart der Oper am Sonntag zu sehen sein wird. Die Autoren des Lichtspiels haben aus der schwierigen Lage des Prager Opernhauses, das zwischen die achtspurige Stadtmagistrale eingeklemmt ist, ein Kunstwerk gemacht. Durch die Position, Größe und Geschwindigkeit der vorbeirasenden Fahrzeuge, die eine Kamera aufnimmt, werden Daten übertragen, aus denen durch ein Computerprogramm Musik- und Visualeffekte generiert werden. Auf diese Weise werden alle Autos zu „durchfahrenden Noten“ einer Zufallspartitur. Die audiovisuelle Show kann man direkt auf der Vorderfront des Prager Operhauses oder auf einem überdimensionalen Bildschirm neben dem Nationalmuseum betrachten.

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Die dreijährige Sanierung der Staatsoper kostete 1,3 Milliarden tschechischer Kronen (umgerechnet rund 51 Millionen Euro). Das war mehr als vorher geplant, wofür zwei bauliche Veränderungen sorgten: Außer der neuen Drehbühne und damit zusammenhängenden Bühnentechnologien mussten auch Probleme mit der Klimaanlage gelöst werden. Denn die letzte große Sanierung lag bereits über 40 Jahre zurück. Das Opernhaus bekam zudem im zweiten Tiefgeschoss einen modernen Proberaum mit hervorragender Akustik. Es wurden auch alle Ballett-, Orchester- und Chorproberäume renoviert. Die Wand- und Deckenbilder von Eduard Veith sowie etliche kostbare Fresken wurden restauriert.

Replik von Veiths Vorhang

Mit der Sanierung wurde auch das Dauerproblem mit dem Lärm gelöst. Als die Oper gebaut wurde, war sie noch von einem schönen Garten umgeben. Mit dem Bau der Magistrale in den 1970er Jahren änderte sich das. Dafür wurde nun die gesamte Verkleidung des Verwaltungsgebäudes ausgetauscht. Besonders an empfindlichen Stellen, wie dem Aufnahmestudio und den Probesälen, wurde außer einer doppelten Verglasung noch eine weitere Glaswand eingebaut, um das Gebäude von den Geräuschen der Außenwelt abzuschirmen. Im Zuschauerraum wurden ein neuer Boden verlegt und neue Sitze eingebaut. Schließlich hat die Oper neben neuen Wandtapeten auch einen „alt-neuen“ Vorhang erhalten. Der Bühnenbildner Martin Černý gestaltete nach einem Foto den historischen Vorhang von Eduard Veith neu, der 1945 verloren gegangen war. Besucher können ihr am Sonntagabend bewundern, bis er Punkt 20 Uhr feierlich angehoben wird.

Die Staatsoper Prag

Das Gebäude der Staatsoper wurde 1888 erbaut. Es war damals der Sitz des „Neuen deutschen Theaters“. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel der Bau dem tschechoslowakischen Staat zu und wechselte seitdem mehrere Male seinen Namen. 2012 wurde die Staatsoper mit dem Nationaltheater zusammengeschlossen. Mehr auf www.narodni-divadlo.cz

 

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