Adéla Smejkalová ist Präsidentin des Erasmus Student Network in Tschechien. Foto: Adéla Smejkalová

Seit 1989 unterstützt und fördert das Erasmus Student-Network (ESN) Studierende bei ihrem Aufenthalt in einem fremden Land. Wie das Netzwerk mit der Corona-Pandemie umgeht, erzählt die Präsidentin der Vertretung in Tschechien, Adéla Smejkalová, im LandesEcho-Interview.

LE: Wie unterstützt das ESN, der größte europäische Studierendenverband mit Vertretungen an mehr als 1000 Hochschulen in 42 Ländern, Studierende beim Ankommen und der Orientierung in einem neuen Land?

Zu Beginn der Mobilität vernetzen wir die Studierenden mit lokalen internationalen Studierenden im Gastgeberland. Wir holen sie bei ihrer Ankunft ab und begleiten sie bei den ersten grundlegenden Schritten. Außerdem veranstalten wir gemeinsam mit den Hochschulen Orientierungswochen mit vielen Aktivitäten, die dazu beitragen, dass sich die Studierenden untereinander kennenlernen und sich an der Universität zurechtfinden. Dabei lernen sie die Grundlagen der Sprache und Kultur und natürlich die Stadt kennen. Auch während des Semesters bieten unsere Mitglieder eine Vielzahl von Veranstaltungen an: Reisen, kulturelle Veranstaltungen, Teambuilding-Events sowie Veranstaltungen, die darauf ausgerichtet sind, den Inklusionsgedanken weiterzuentwickeln, die Internationalisierung zu fördern und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten.

LE: Wie können Sie Ihre Arbeit fortsetzten in einer Zeit, in der keine Veranstaltungen und Zusammenkünfte in physischer Form erlaubt sind?

Grundsätzlich versuchen wir immer noch, an unseren Kernaktivitäten festzuhalten und diese in die digitale Welt zu verschieben. Das ist ziemlich herausfordernd angesichts der Tatsache, dass es nicht für alles eine Entsprechung in der Online-Welt gibt. Gleichzeitig haben sich viele neue Türen geöffnet und wir hatten die Möglichkeit, Neues auszuprobieren. Bei Aktivitäten, die physische Präsenz erfordern, versuchen wir die Studierenden individuell zu betreuen: Wir begleiten sie zu Krankenhäusern, Teststationen, wir kaufen und liefern Lebensmittel für diejenigen, die sich in Quarantäne befinden und verschaffen uns einen Überblick über die aktuelle Lage, um die Studierenden auf dem Laufenden zu halten.

Unser Schwerpunkt liegt auf bewährten Verfahren, das bedeutet die Organisation von Webinaren, Workshops und thematischen Diskussionen mit einem Fokus auf Gesundheit und Wohlbefinden. Nach Möglichkeit versuchen wir auch hybride Veranstaltungen anzubieten, die teils online, teils physisch stattfinden.

LE: Gibt es Online-Aktivitäten? Wie werden diese angenommen?

Im Grunde findet jetzt alles online statt, Veranstaltungen für unsere Mitglieder wie auch für die internationalen Studierenden.

Ehrlich gesagt ist die Teilnahme an den Online-Veranstaltungen nicht so hoch, wie wir uns das wünschen würden. Deshalb hatten unsere Mitglieder die Idee, einen gemeinsamen Veranstaltungskalender für das ganze Land ins Leben zu rufen. So können internationale Studierende an Veranstaltungen von verschiedenen ESN-Standorten in der ganzen Tschechischen Republik teilnehmen und bekommen die einzigartige Gelegenheit, noch mehr Menschen online zu treffen als zuvor.

LE: Was könnte Ihrer Meinung nach ein Vorteil eines Studiums in Tschechien in Zeiten der Pandemie sein?

Ich glaube, dass jetzt der perfekte und einzigartige Zeitpunkt ist, um Tschechien kennenzulernen und ein Gefühl für den wahren Geist des Landes zu bekommen, da es im Grunde keine Touristen gibt. Es ist eine großartige Gelegenheit, etwas über die Kultur zu lernen und die Sehenswürdigkeiten in vollen Zügen zu genießen. Ein weiterer Vorteil ist es, dass man jetzt eher die Chance hat, innerhalb Tschechiens zu reisen und die versteckten Highlights zu entdecken. Darüber hinaus sind unsere Universitäten sehr bemüht, die Studierenden zu unterstützen und die Lernerfahrung so einfach wie möglich zu gestalten.

Obwohl die Austauscherfahrung in dieser Zeit eine andere ist, der internationale Geist ist noch immer vorhanden und in vielerlei Hinsicht noch stärker als zuvor.

Das Gespräch führte Manuel Rommel


Mehr über das Thema „Erasmus in Zeiten von Corona“ erfahren Sie in der neuen Januar-Ausgabe des LandesEcho. Dort können Sie an ein paar konkreten Beispielen lesen, wie es Studierenden aus Deutschland und Frankreich ergeht, die momentan ein Erasmus-Semester in Tschechien verbringen, und was ein Auslandssemester in diesen Zeiten zu einem ganz Besonderen macht.

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