Seit 20 Jahren ermöglicht Tandem, das Koordinierungszentrum des deutsch-tschechischen Jugendaustauschs, im Rahmen des Programms „Freiwillige Berufliche Praktika“ Berufsschülern, Auszubildenden und jungen Arbeitnehmern, wertvolle berufliche Erfahrungen im jeweiligen Nachbarland zu sammeln.

817 Kilometer Grenze teilt Deutschland mit Tschechien, die längste mit einem Nachbarland. Seit 20 Jahren hilft Tandem jungen Menschen aus beiden Ländern dabei, diese zu überwinden und organsiert Aufenthalte, z.B. als berufliche Praktika.

„Wir sind unheimlich stolz auf das Erreichte! Aber wir wären nicht Tandem, wenn wir uns auf dem Erreichten ausruhen würden“, sagt Jana Kremling, die für das Programm zuständige pädagogische Mitarbeiterin auf deutscher Seite. 6500 Praktikantinnen und Praktikanten nutzten bisher die Möglichkeit, die Arbeitswelt im Nachbarland kennenzulernen. Dabei kamen 60 Prozent der Teilnehmer aus Tschechien und 40 Prozent aus Deutschland.

Austausch trotz Corona

Auch die Corona-Pandemie konnte sechs junge Förster-Auszubildende aus Tschechien nicht davon abhalten, im Jubiläumsjähr einen Blick ins Nachbarland zu werfen. Unter Einhaltung der Hygienevorschriften arbeiteten sie im bayerischen Affing bei Augsburg unter der Aufsicht von Michael Reißmann, Betriebsleiter der Freiherr von Gravenreuthschen Forstverwaltung, in einem Forstbetrieb. Es ist nicht das erste Mal, dass er Praktikanten aus Tschechien empfängt. „Ich erlebe jedes Jahr bei den Praktikantinnen und Praktikanten eine spürbare Neugierde auf das Leben und die Arbeit hier“, berichtet er.

Die sechs Auszubildenden bekamen Einblicke in verschiedene Arbeitsbereiche, wie das Pflanzen junger Tannen, Maßnahmen gegen Wildverbiss, Holzeinschlag und die Pflege von Jungbeständen. Der Betriebsleiter schätzt die Arbeit der Organisation sehr. „Ich finde diese Institution wichtig – ich bin selbst fast an der bayerisch-tschechischen Grenze aufgewachsen und in meiner Generation war Tschechien über 30 Jahre lang ein weißes unbekanntes Etwas, nicht mal eine Landkarte. Das muss doch überwunden werden!“, plädiert er. Da der Schritt in ein anderes Land auch immer die Auseinandersetzung mit einer Sprachbarriere bedeutet, wurden die Teilnehmer vor dem Praktikum an zwei Vorbereitungstagen mit Sprachanimation und Orientierung vor Ort auf ihren Aufenthalt vorbereitet. Vor jedem Austausch finden solche Vorbereitungstage statt. „Die Praktikanten müssen nicht die jeweilige Fremdsprache sprechen. Die Verständigung darf auf Englisch oder auch mit Händen und Füßen sein. Wichtig ist eher, dass sie sich trauen, sich auf die fremde Umgebung einzulassen“, so die Pädagogen, die das Projekt betreuen.

Sozialer Zugewinn

Neben der fachlichen Weiterbildung hat der Austausch auch eine soziale Dimension. Wo Grenzen überschritten werden, werden Freundschaften geschlossen und ein besseres Verständnis der jeweils anderen Kultur gefördert. Das Programm leistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Annäherung der beiden Länder sowie zur Entwicklung interkultureller Kompetenzen. „Durch die Auslandsaufenthalte werden neue Perspektiven erlebt. Der Blick über den Tellerrand erweitert den eigenen Horizont – Stereotype werden hinterfragt, Unterschiede und Gemeinsamkeiten entdeckt, aber auch Selbstreflexion angeregt“, so Jarmila Půbalová von Tandem in Pilsen (Plzeň) und Marius Meier von Tandem in Regensburg, die den diesjährigen Praktikanten-Austausch betreuten.

Tandem

Die Tandem Koordinierungszentren beraten und unterstützen Institutionen und Organisationen in beiden Ländern bei der Durchführung und Intensivierung des deutsch-tschechischen Jugendaustausches und der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der Jugendarbeit. Dabei geht die Arbeit weit über die Organisation des Austauschprogramms hinaus: Von der Vermittlung von Partnerschaften bis hin zur Fortbildung von Fachkräften im Bereich der Jugendarbeit, leistet die Institution unter dem Leitbild „Wir gestalten die gemeinsame Zukunft!“ einen Beitrag zur Annäherung der beiden Länder.

Auch Pavel Andrys, Leiter der Forst-Berufsschule im tschechischen Sternberg (Šternberk), von der auch die sechs Praktikanten stammten, ist überzeugt von der Arbeit des Koordinierungszentrums. „Die langfristige Zusammenarbeit mit Tandem hat für unsere Schule den riesengroßen Vorteil, dass Tandem sie in der Organisation und Umsetzung erheblich entlastet – das ist wirklich eine unschätzbar wertvolle Hilfe. So kann sich die Schule vollends mit dem Unterricht, wozu auch das Praktikum zählt, befassen.“

Durch das Tandem-Förderprogramm werden nicht nur kulturelle und sprachliche Hürden abgebaut, sondern auch finanzielle Barrieren genommen. Die Finanzierung durch Mittel des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und das EU-Programm Erasmus+ ermöglicht es Interessierten, mit einer geringen bis zu keiner Eigenbeteiligung am Programm teilzunehmen.

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