Am Donnerstag, den 6. November, startet das queere Filmfestival Mezipatra in Prag. Bis zum 13. November können sich die Gäste der Prager Kinos über Filme rund um Liebe, Identität, Sexualität und gesellschaftliche Vielfalt freuen.
Das Mezipatra-Festival zeigt Spielfilme, Kurzfilme und Dokumentationen und bringt Filmschaffende aus aller Welt zusammen. Viele Vorführungen werden von den Regisseuren, Schauspielern oder Produzenten persönlich begleitet, wie zum Beispiel Regisseur Steve Bache, Drehbuchautor Stephan Kämpf, Schauspielerin und Produzentin Saralisa Volm und Schauspieler Lars Jacob Holm. Neu im Programm in diesem Jahr sind Diskussionsrunden mit lokalen und internationalen Experten.
Globale Filmvielfalt
Das Publikum des Festivals erwartet bereits in den ersten Tagen ein vielseitiges Programm: Von sensiblen Themen über gesellschaftliche Tabus bis hin zu Dokumentationen, die nahe gehen, greift das Festival Themen auf, die berühren und zum Nachdenken anregen.
Eröffnet wird das Mezipatra-Festival am 6. November um 19 Uhr mit dem österreichischen Film: Wenn du Angst hast nimmst du dein Herz in den Mund und lächelst. Der Film erzählt die Geschichte der zwölfjährigen Anna, die mit ihrer gehörlosen Mutter in einer Wiener Sozialwohnung lebt. Auf berührende und zugleich humorvolle Weise behandelt der Film Themen wie Zugehörigkeit, Feminismus und Queerness.
Am Freitag wird das deutsche Drama No Dogs Allowed von Regisseur Steve Bache und Drehbuchautor Stephan Kämpf gezeigt. Es ist ihr erstes gemeinsames Projekt, in dem sie sich direkt der schwierigen Aufgabe gestellt haben, das Thema Pädophilie sensibel und empathisch zu behandeln. Es geht um den 15-jährigen Gabo, der seine pädophile Neigung geheim hält und online nach Unterstützung sucht. Dort trifft er auf den deutlich älteren Dave. Als Dave verhaftet wird, steht Gabo vor einem Dilemma. Der Dreh wurde eng von Psychologen und Intimitätskoordinatoren begleitet.
Ebenfalls am Freitag läuft der Dokumentarfilm Truth or Dare von Regisseurin Maja Classen, der eine Gruppe von Sexarbeitern in Berlin begleitet. Im Anschluss spricht Produzentin Saralisa Volm über den Film, der Einblicke in die queere, sex-positive Szene gibt.
Weitere Highlights im Programm
Das brasilianisch-portugiesische Krimidrama Pedágio wird am Sonntag vom argentinischen Cutter Lautaro Colace präsentiert. Er lebt mittlerweile in Berlin und macht Werbekampagnen bis hin zu Independent-Filmen. Der Film handelt von der Mautstellen-Kassiererin Suellen, die mit ihrem Gehalt nur knapp über die Runden kommt und ihrem Sohn Antonio, der seine Queerness in bunten Outfits und Make-Up auf TikTok präsentiert, zur Sorge seiner Mutter. Als ein Priester eine vermeintliche Lösung des „Problems“ verspricht, muss schnell Geld her und dafür scheint Suellen vor nichts zurückzuschrecken.
Am Dienstag kommt Tänzer und Theaterschauspieler Lars Jacob Holm nach Prag. Er spielt in dem Drama Drømmer, das für den Hauptpreis nominiert ist, einen Psychologen. Drømmer handelt von der 17-jährigen Johanne, die sich Hals über Kopf in ihre Lehrerin verliebt hat und schreibt ihre Gefühle rund um ihre erste Verliebtheit auf. Ihre Mutter und ihre Großmutter entdecken ihre Texte und schenken ihnen große Bewunderung, nun gehören Johannes intime Gedanken nicht mehr nur ihr. Johannes Großmutter ist selbst Dichterin und sieht Talent in ihrer Enkelin. Der Film bewegt sich rund um die Fragen: Was ist zwischen Johannes Lehrerin und ihr passiert? Was ist Realität und was ist Fiktion? Und sollten Johannes Texte veröffentlicht werden?
Die diesjährige Jury für den Hauptpreis besteht aus der tschechischen Pädagogin und Filmtheoretikerin Iva Baslarová, dem polnischen Filmjournalist und Dramaturg Daniel Oklesiński und der palästinensisch-libanesischen Regisseurin und Unternehmerin Farah Abou Kharroub.

Gespräche über Identität und Gesellschaft
Das Festival bietet neben den Filmvorführungen auch mehrere Diskussionsrunden zu queeren Themen: Nach dem österreichischen Film Wenn du Angst hast nimmst du dein Herz in den Mund und lächelst spricht am Sonntag der Wiener Forscher, Stefan Weigler, über queere Identität und soziale Klassen in Österreich. Am Montag folgt eine Diskussion mit Lukáš Houdek über seinen Film No Dogs Allowed und den Umgang mit gesellschaftlichen Tabus. Der Verein Trans*parent ergänzt das Programm mit zwei Gesprächen: Mitbegründer Viktor Heumann spricht am Freitag über den Film Gen_, der die hormonelle Behandlung von Transpersonen thematisiert. Am Samstag diskutiert Jamie Rose im Anschluss an Heightened Scrutiny über die Verfolgung von Transmenschen in den USA.
Ab dem 14. November zieht das Mezipatra-Festival weiter nach Brünn (Brno) und begeistert dort bis zum 21. November das Publikum. Mit seinem vielfältigen Programm zeigt das Festival, wie stark queeres Kino gesellschaftliche Themen aufgreift, neue Perspektiven eröffnet und Raum für Begegnung und Austausch schafft.

Ein offener Raum für alle
Das Mezipatra-Festival fand erstmals im Jahr 2000 unter dem Titel Duha nad Brnem 2000 (auf deutsch: Regenbogen über Brünn) statt. Seit 2002 wird es nicht nur in Brünn, sondern auch in Prag veranstaltet und es erstreckte sich auch schon über die Landesgrenzen hinaus, etwa nach Österreich oder in die Slowakei. Seit 2003 trägt das Festival offiziell den Namen Mezipatra und hat sich seither als internationales queeres Filmfestival etabliert.
Mezipatra bedeutet auf deutsch „Zwischengeschoss“ und ist ein Ort, der weder auf der oberen noch auf der unteren Etage liegt. Die Idee dahinter: Auf dem Festival Mezipatra begegnen sich Menschen auf Augenhöhe, ohne dass der Raum jemandem gehört oder es eine Grenze gesetzt ist. Ein Raum, der für alle offen ist und in dem die Unterschiede keine Rolle spielen.
Mehr erfahren Sie auf der Website von Mezipatra.
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