Bolatitz (Bolatice) ist ein großes Dorf im Herzen des Hultschiner Ländchens. Es gibt eine größere Seilfabrik, einen Industriepark, einen starken Mittelstand und auch den Deutschen Freundeskreis. So heißen die deutschen Vereine im Hultschiner Ländchen. Einer der ältesten Kreditnehmer von BOHEMIA Troppau ist AZPEK, eine mittelgroße Bäckerei. Sie beschäftigt etwa 50 Mitarbeiter und macht einen Jahresumsatz von 30 Millionen Kronen. Die Firma wird von den zwei Töchtern des Gründers Josef Zajíček und einem Schwiegersohn geführt. Mit der Tochter Naďa Kremserová habe ich gesprochen.
LE Backware ist eine Branche mit einem harten Wettbewerb. Wie können Sie überleben?
Wir konzentrieren uns auf Handwerk, entsprechende Preise und gute Rohstoffe. Bei uns ist Schicht- und Sonntagsarbeit notwendig. Die Konkurrenz der Großbäckereien und Handelsketten ist natürlich hart.
LE Handwerk? Finden Sie überhaupt gute Mitarbeiter?
Das ist im Moment das größte Problem. Die Leute wollen nicht abends und am Wochenende arbeiten. Im Industriepark gibt es Arbeit ohne Schichten, man ist nachmittags zu Hause. Bei uns im Hultschiner Ländchen arbeiten viele Männer in Deutschland, verdienen gut und die Ehefrau kann zu Hause bleiben. Ich muss aber sagen, die finanzielle Arbeitsplatzförderung vom Arbeitsamt hat uns schon viel geholfen.
LE Kann man überhaupt beim Preis mit den Großen mithalten?
Man darf den Preis weder zu niedrig noch zu hoch ansetzen. Unser berühmter Rundkuchen kostet 14 Kronen. Wenn es die Konditorei verkauft, kann die bis zu 19 Kronen verlangen. Die Konkurrenz bietet kleinere Kuchen für 12 Kronen. Die Kunden stellen aber fest, die sind kleiner, zu trocken und häufig vom Vortag. Wir verpacken die Kuchen nie in die Tüte, um sie am nächsten Tag als frisch zu verkaufen. Das bringt uns Stammkunden. Einer hat mir gesagt: „Ihre Kuchen haben den Topfen nicht nur in der Mitte, sondern auch in den Ecken!“ Wir backen von diesen Kuchen zwei bis drei Tausend Stück am Tag.
LE Woher beziehen Sie die Zutaten?
Einen guten Quark aus Friedeck-Mistek, Mehl aus der Troppauer Herber-Mühle, spezielle Zutaten aus Deutschland oder Österreich. Die Deutschen bieten uns viele Spezialmischungen, aber die Kunden auf dem Lande sind eher konservativ.
LE Also bieten Sie keine Produkte der gesunden Ernährung an?
Wir haben auch Sauerteigbrot, Roggenbrot mit Sonnenblumensamen oder knuspriges Malzbrot, aber die meisten Kunden wollen das gewöhnliche weiche Weizenbrot.
LE Haben sich die Kaufgewohnheiten der Kunden in den letzten zwanzig Jahren geändert?
Eher nein. Nach wie vor ist der Preis das Wichtigste. Über die Woche kommen diejenigen, die nicht in die Stadt fahren. Am Freitag spüren wir Umsatzausfall, da die Familien Großeinkäufe in Troppau oder Ostrau erledigen.
LE Beliefern Sie auch Handelsketten?
Hruška und COOP. Da COOP eigene Läden in Troppau betreibt, öffnen wir dort keine. Sie würden von uns nichts mehr beziehen. Wir fahren einige Vertriebstrecken Richtung Osten und Ostrau. In Jägerndorf haben wir unseren Laden schließen müssen. Nicht nur der Umsatz war zu niedrig, der Fahrer hat gekündigt und wir haben keinen neuen gefunden. Wir beliefern Altersheime und Kindergärten.
Wir betreiben auch eigene Läden in Krawarn, Köberwitz, Schepankowitz, Freiheitshau, Bohuslawitz und jetzt neu, aus dem letzten Kredit von der BOHEMIA Troppau, den Containerladen in Kosmitz.
LE Was bieten Sie noch an?
Wir backen Pizza und liefern zum Kunden. Man denkt, es gibt genug Pizzalieferanten. Jeder backt jedoch anders und wir haben Kunden genug. Es gibt auch ein Restaurant bei uns auf dem Gelände, das von Donnerstag bis Sonntag in Betrieb ist. An anderen Tagen brächte es Verlust.
LE Welche Zukunftspläne hat die Firma?
Der Kreisverkehr vor uns wird zu einem Marktplatz umgebaut. Es ist eine exzellente Lage und wir bauen dort einen neuen Laden nah am Kunden. Wir hätten es längst gemacht. Eine Gesellschafterin wollte jedoch raus und wir haben um den Ausgleich gerungen. Sie wollte möglichst viel, wir wollten die Firma deswegen nicht lahmlegen. Zum Schluss hat sie das bekommen, was man ihr am Anfang angeboten hat, es kostete jedoch Unmengen an Rechtsanwalts- und Wirtschaftsprüferkosten und speiste unsere Reserven auf. Wir öffnen gern weitere Läden, aber die Lage ist entscheidend.
LE Sie sind ein Familienunternehmen?
Die AZPEK GmbH wurde 1996 von meinem Vater und seiner Schwester gegründet. Meine Schwester, mein Schwager und ich haben die Firma 2014 übernommen. Unser Vater kommt noch ab und zu vorbei, sonst genießt er seine Rente. Er hat die Firma schrittweise übergeben. Das war eine gute Lösung. Die Schwester arbeitete kurz an der Uni, dann wurde sie in die Bäckerei geholt. Ich bin ausgebildete Lehrerin, habe aber nie gelehrt.
LE Kann man das Familienleben gut mit einer Familienfirma in Einklang bringen?
Die Familie muss zusammenhalten. Mein Mann ist Bäcker. Wir reden täglich über Firmenprobleme zu Hause. Urlaub haben wir höchstens einmal im Jahr zwei Wochen. Manchmal muss ich beim Backen helfen.
Mein Hobby ist es, meinen zwei Kindern deren Hobby zu ermöglichen. Dabei ist von Vorteil, dass ich „zu Hause“ arbeite.
Unser Vater ist Jäger. Meine Schwester hat einen Waffenschein erworben, um die Jagdbüchsen behalten zu können. Ich fahre lieber Fahrrad. Unser Vater hat es nie bedauert, die Bäckerei zu gründen und wir auch nicht, obwohl ich als Mädchen sagte: „Ich habe durch die Bäckereigründung den Vater verloren. Ich heirate nie einen Unternehmer!“
LE Wie sehen Sie die Zukunft?
Ich bin optimistisch. Wir überleben. Wie mein Mann sagt: Auch in der tiefsten Krise brauchen Leute Brot.
LE Und wie sehen Sie die Zukunft der Deutschen im Hultschiner Ländchen?
Mein Sohn lernt Deutsch. Ich will, dass er die Welt bereist.