Libuše Šafránková als Aschenbrödel. Foto: ČTK Imago Stock People
Libuše Šafránková als Aschenbrödel. Foto: ČTK Imago Stock People

Die erfolgreiche Ausstellung auf Schloss Moritzburg über den Kultfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ und über Hauptdarstellerin Libuše Šafránková endet wohl vor Gericht. Tragischerweise wegen simpler Missverständnisse.

Als die überaus beliebte tschechische Schauspielerin Libuše Šafránková, Hauptdarstellerin des Kultfilms „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“, 2015 zum Staatsfeiertag auf der Prager Burg geehrt werden sollte, musste sie ihr Kommen kurzfristig absagen. Sie laborierte seinerzeit an einer Lungenkrebserkrankung.

Einheimische Boulevardmedien schürten sofort das Gerücht, dass es dem „Aschenbrödel“ sehr schlecht gehe und man sich allergrößte Sorgen machen müsse. Diese Meldungen wurden seinerzeit begierig auch von deutschen Boulevardzeitungen übernommen. „Aschenbrödel“ Libuše Safránková war schließlich immer auch ein besonders interessantes Subjekt der Berichterstattung in Deutschland. Die Verfilmung der Aschenbrödel-Geschichte vor mittlerweile 50 Jahren war bekanntermaßen eine Gemeinschaftsarbeit der ostdeutschen DEFA mit den Prager Filmstudios Barrandov. In Tschechien ist der Streifen zum „Schönsten Märchenfilm aller Zeiten“ gewählt worden; in Deutschland läuft er um jedes Weihnachtsfest herum gefühlt ohne Pause auf allen möglichen TV-Kanälen.

Medienscheues Schauspielerpaar

Wie es Šafránková zu dieser Zeit im Spätherbst 2015 wirklich ging, wusste freilich nur ein ganz enger Kreis von Menschen. Šafránková und ihr Ehemann, der nicht minder berühmte tschechische Schauspieler Josef Abrhám, lebten lange Jahre sehr zurückgezogen von der Öffentlichkeit nicht zufällig in einem etwas abseitigen Viertel von Prag.

Um wirklich seriöse Informationen aus erster Hand über den Gesundheitszustand von Šafránková zu bekommen, setzte ich seinerzeit alle möglichen Hebel in Bewegung. Ich kontaktierte alle mir bekannten Künstler und Kulturjournalisten, von denen ich wusste, dass sie hilfreich sein könnten. Doch ich bekam eine Absage nach der anderen: „Seien Sie nicht böse“, hieß es. „Aber wenn ich Ihnen jetzt die Telefonnummer von Libuše gebe und sie bekommt heraus, von wem Sie die haben, reißt sie mir den Kopf ab.“

Rechtsstreit mit Boulevardblättern

Solche Absagen kamen nicht von ungefähr. Šafránková und Abrhám überlegten sich sehr genau, welchen Journalisten aus welchen Medien sie sich öffneten. Sie hatten reichlich schlechte Erfahrungen machen müssen. 2001 etwa hatte das tschechische Boulevardblatt „Super“ behauptet, Šafránková habe sich einer Alkoholentziehungskur unterziehen müssen. In Anspielung an ihren Märchenfilm-Hit überschrieb „Super“ den Artikel dreist mit den Worten: „Drei Gläschen für Aschenbrödel“. Überdies dichtete „Super“ Šafránková auch noch eine Liebesbeziehung zum Schauspieler Vladimír Menšík an, die sich während der Dreharbeiten zum „Aschenbrödel“ abgespielt haben soll. Šafránková und Abrhám klagten seinerzeit erfolgreich gegen das Blatt, das um Entschuldigung bitten und eine hohe Geldstrafe zahlen musste.

Erfolg auf der Suche nach einem Kontakt zu Šafránková hatte ich erst, als ich – journalistisch auch nicht ganz sauber – explizit nach der Telefonnummer von Ehemann Josef Abrhám fragte. In einer langen SMS schrieb ich Abrhám vom besonderen Interesse am Schicksal seiner schwerkranken Frau auch in Deutschland, wo sie ebenso verehrt werde wie in ihrer Heimat. Nach mehreren Stunden tiefen Schweigens kamen dann nacheinander zwei Antworten. In der ersten zeigten sie Šafránková und Abrhám etwas verwundert über das Interesse bei den deutschen Nachbarn und baten um „Ruhe und eine ungestörte Privatsphäre“, was für Libuše jetzt besonders wichtig sei. Und in der zweiten SMS, etwas später abgeschickt, hieß es dann wörtlich: „Ich danke allen, die mir bislang ihre Gebete widmeten. Die sind heilsam. In Liebe und Dankbarkeit, L. Šafránková.“

Sohn klagt gegen Ausstellung auf Schloss Moritzburg

Wenn jemand diese nicht eben leichten Zeiten ganz hautnah miterlebt hat, dann der Sohn des Schauspielerehepaars, Josef Abrhám jr. (47). Er hat seine Eltern sehr verehrt. 2021 musste er seine geliebte Mutter Libuše zu Grabe tragen. Seinen Vater pflegte er, bis der kein ganzes Jahr nach der Mutter ebenfalls starb. Josef Abrhám jr. fühlt sich jetzt als Nachkomme verständlicherweise besonders verantwortlich dafür, dass der tadellose Ruf seiner Eltern nicht beschädigt wird. Deshalb sind ihm die Persönlichkeitsrechte seiner Eltern – und im konkreten Fall die seiner Mutter – so wichtig.

Josef Abrhám jr. geht deshalb derzeit juristisch gegen die bis zu diesem Wochenende geöffnete Sonderausstellung über seine Mutter auf dem „Aschenbrödel“-Drehort Schloss Moritzburg vor, die „ohne seine Zustimmung“ ins Programm genommen worden sei. Die Ausstellung „Libuše – Mehr als eine Prinzessin“ begleitet die Jubiläumsschau „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ auf dem Schloss.

„Schloss Moritzburg hat sich entschlossen, die Sonderausstellung ohne jegliche Absprache mit Herrn Abrhám auszurichten, auf den die Persönlichkeitsrechte seiner Mutter nach deren Tod übergegangen sind“, so der Anwalt des Sohns, Aleš Rozehnal, auf Anfrage dieser Zeitung. „Die Klage wurde mit der Begründung erhoben, dass mein Mandant nicht in die Verwendung des Bildnisses seiner verstorbenen Mutter in einer Ausstellung und insbesondere in den Verkauf von Souvenirs auf Schloss Moritzburg eingewilligt hat.“ Rozehnal bezeichnete die Ausstellung und den Verkauf von Souvenirs als „ungeheuerliche Drecksarbeit mit dem Andenken“ an Libuše Šafránková. Das ist starker Tobak.

Alles nur ein Missverständnis?

Der um die Ehre seiner Mutter besorgte Sohn offenbart jedoch auch nach Ansicht der angesehenen tschechischen Zeitung Lidové noviny eine gewisse Unkenntnis der Absichten der Staatliche Schlösser, Burgen und Gärten Sachsens. Man könne nämlich durchaus der dortigen Ansicht folgen, dass die Ausstellung „eine Hommage an die in Deutschland sehr beliebte Šafránková“ sei. Mit anderen Worten: Abrham jr. sei sich offenkundig nicht im Klaren darüber, welch außerordentlichen Kultstatus seine Mutter auch in Deutschland genieße. Und dass man Libuše Šafránková im benachbarten Sachsen nun wirklich nichts Böses wolle.

Was andererseits die deutsche Seite bewogen hat, womöglich ohne Genehmigung Fotos von Šafránková zu zeigen, die mit dem „Aschenbrödel“-Film nicht zu tun haben, kann man von Prag aus nicht richtig einschätzen. Zur Ehrenrettung der Aussteller könnte man anführen, dass sie über Jahre nie einen wirklichen Kontakt zu Libuše Šafránková herstellen konnten und somit nicht wirklich ahnten, wie die selbst ihren wohl berühmtesten Film sieht. Einladungen an sie nach Moritzburg verpufften regelmäßig. Was aber nichts mit Nichtachtung zu tun hatte. Sondern ausschließlich damit, dass die Schauspielerin – anders als ihre Fans – den Film nie als das Non Plus Ultra ihres beruflichen Schaffens angesehen hat. Mehr noch: sie hat den Film selbst zu Weihnachten nie gesehen. Šafránková entstammt einer streng katholischen Familie. Die hat sich jedes Weihnachten in ihrem Geburtsort bei Brünn getroffen, wo ihr Vater Pfarrer war. Bei diesen Familientreffen blieb der Fernsehapparat – mit „Aschenbrödel“ – prinzipiell aus.

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