Am Sonntag versammelten sich mehrere Hundert Menschen auf dem Hradschin-Platz in Prag, um auf sexuellen Missbrauch in der Kirche aufmerksam zu machen. Auslöser des Protests waren die jüngsten Entscheidungen des Prager Erzbischofs Jan Graubner.

Der friedliche Protest vor dem Erzbischöflichen Palais begann mit einem gemeinsamen Gebet. Einige Demonstrierende brachten Transparente mit der Aufschrift „Stoppt den Klerikalismus“ oder „Versteinerte Kirche“ mit. Die Organisatoren der „Initiative für eine reine Kirche“ (Iniciativa pro čistou církev) forderten einen Stopp der Ratifizierung des Vatikanischen Vertrags und den Rücktritt des Prager Erzbischofs Jan Graubner. Ihnen zufolge würden Graubner und andere hochrangige Geistliche sexuellen Missbrauch in der Kirche vertuschen. Als Symbol für die betroffenen Opfer platzierten sie drei Paar Kinderschuhe im Fenster des Palastes.

Demonstranten fordern unabhängige Kommission zur Untersuchung von Missbrauchsfällen

Im Januar beschloss die Tschechische Bischofskonferenz die Gründung eines Rates für Prävention und Schutz vor Missbrauch von Minderjährigen. Zudem wollen die Bischöfe der tschechischen katholischen Kirche ein Zentrum gegen Gewalt und Missbrauch in der Kirche einrichten. Die Demonstrierenden forderten für diesen Beschluss eine unabhängige Kommission zur Untersuchung der Missbrauchsfälle. Zudem stehe der Vatikanische Vertrag ihrer Ansicht nach im Widerspruch zu den erklärten Absichten der Bischöfe. Besonders die Passage zum Beichtgeheimnis und dessen Trägern wird von den Opfern sexuellen Missbrauchs abgelehnt. Der Ratifizierung des Vertrags stimmte der Senat Ende Januar zu, das Abgeordnetenhaus muss jedoch noch entscheiden.

Vikar aus dem Dienst entlassen

Ein weiterer Grund für die Rücktrittsforderung des Erzbischofs sei die mangelnde Transparenz und Fairness bei Personalentscheidungen der Kirche, so die Demonstrierenden. In der vergangenen Woche wurde der Vikar der akademischen Gemeinde an der Salvatorkirche, Marek Orko Vácha, entlassen. Der Sprecher des Prager Erzbistums, Jiří Prinz, begründete die Entscheidung mit einem Fehlverhalten des Vikars. Während eines im Fernsehen übertragenen Gottesdienstes sei es zu Verstößen gegen die kirchlichen Vorschriften gekommen. Vácha wies jegliches Fehlverhalten zurück.

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.