Polizei, Feuerwehr und Kliniken hatten in Tschechien den aufregendsten Jahreswechsel seit mehreren Jahren. Die Luftverschmutzung durch Pyrotechnik sprengte alle Rekorde.
Ein neuerliches striktes Verbot für das Zünden von Feuerwerkskörpern in den historischen Teilen der tschechischen Hauptstadt Prag in der Silvesternacht hat – erwartungsgemäß – einmal mehr nicht geholfen. Polizei, Feuerwehr und Ärzte hatten in der Moldaustadt und anderen Gegenden Tschechiens alle Hände voll zu tun. Sie mussten zu mehr Einsätzen ausrücken als in den vergangenen Jahren.
Anders als in Deutschland gab es zwar keine Toten nach dem Umgang mit den als besonders gefährlich eingestuften „Tschechien-Böllern“ der schwereren Art. Aber es gab mehrere Fälle mit schweren Hand- und Kopfverletzungen, die den Unfallchirurgen in verschiedenen Kliniken alles an ärztlicher Kunst abverlangten. Mitunter half die aber nicht mehr. Dann wurden Finger- und Handamputationen unausweichlich.
Neun Menschen in Prag verletzt
In Prag wurden Notfallmediziner und Sanitäter in der Nacht zu 348 Fällen gerufen. 100 davon standen im Zusammenhang mit den Neujahrsfeiern. „Neun Menschen wurden durch Feuerwerkskörper verletzt“, sagte Karel Kirs, Sprecher des medizinischen Rettungsdienstes, der Nachrichtenagentur ČTK. Ein Jahr zuvor hatten die Einsatzkräfte lediglich 229 Vorfälle registriert, darunter sieben durch Pyrotechnik verursachte Verletzungen.
„Der schwerste Fall in dieser Nacht war ein Patient, der im Zentrum von Prag eine Kopfverletzung erlitt. Er musste künstlich beatmet und anschließend in ein Traumazentrum gebracht werden“, hieß es. Die meisten Menschen, die sich mit Pyrotechnik verletzten, standen zudem unter erheblichem Alkoholeinfluss.
Ausländer sind meist Verursacher
Obwohl erwähntes Böllerverbot in weiten Teilen Prags galt, kam es auch auf dem zentralen Wenzelsplatz und dem Altstädter Ring immer wieder zum Einsatz von Pyrotechnik. Häufig waren Ausländer die Verursacher. Die Polizei ging rigoros gegen die Leute vor. Die wurden mit teils hohen Geldstrafen belegt. Die Lage auf dem Wenzelsplatz war bei all dem zwangsweise etwas ruhiger als in den vergangenen Jahren, weil der obere Teil des Platzes wegen Bauarbeiten langfristig abgesperrt ist.
Viele Silvesterfeierer zogen deshalb an andere Orte, so auf die Karlsbrücke oder das langgestreckte rechte Moldauufer, wo gemeinhin an den Wochenenden Markttage abgehalten werden. An beiden Orten gab es jedoch auch ein Böllerverbot, das aber ebenso wenig eingehalten wurde wie im Zentrum der tschechischen Hauptstadt.
Dass so viele Ausländer in Prag den Jahreswechsel feierten, hat schon Tradition. Auch für zahlreiche Silvestertouristen aus Sachsen ist Prag wegen der vergleichsweisen Freizügigkeit im Nachbarland beim Verkauf von „harter“ Pyrotechnik äußerst beliebt. Wie Deutsche generell den größten Teil der Besucher Prags um den Jahreswechsel darstellen. Dass sie auch häufig zu denen gehörten, die Ärger mit der Polizei bekamen, mag daran gelegen haben, dass die Hinweise zum Böllerverbot im historischen Zentrum auf Anschlägen ausschließlich auf Englisch verbreitet wurden. Alles in allem hielten sich nach Angaben der Polizei so viele ausländische Silvestergäste in Prag auf, wie in den letzten sieben Jahren nicht.
Gigantische Luftverschmutzung
Die Feierei mit Böllern hatte auch einen unschönen Nebeneffekt, der in den vergangenen Jahren eher nur abseitig beobachtet worden war: Die Pyrotechnik sorgte an manchen Orten für eine gigantische Luftverschmutzung. Die staatlichen Meteorologen vermeldeten namentlich in Prag eine massive Überschreitung der Normen, die alle bisherigen Rekorde gebrochen hätte. Das hatte auch mit der seit Tagen anhaltenden Smog-Wetterlage zu tun, die sich besonders gern in Prag mit seiner Moldau-Tallage entwickelt.
Anderenorts war man besser dran. In der zweitgrößten tschechischen Stadt Brünn (Brno) wehte ein kräftiger Wind zu leichtem Schneefall und verteilte so die teils hochgiftigen Schadstoffpartikel aus den Feuerwerkskörpern. Wegen des ungemütlichen Wetters hatten sich dort auch deutlich weniger Menschen zum Feiern nach draußen begeben als in Prag.