Kenneth Allen, Moravian Church, Gracehill - geograph.org.uk - 342182, CC BY-SA 2.0

Das mährische Dorf Gracehill in Nordirland wurde auf die vorläufige Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. 

Gracehill heißt übersetzt „Hügel der Gnade“ und wurde im Jahre 1759, wie es der Name vermuten lässt, auf einem Hügel erbaut. Die Siedlung in der Grafschaft Antrim liegt circa 50 Kilometer nordwestlich von Belfast und gilt als einzige vollständig erhaltene mährische Siedlung auf der Insel Irlands. David Johnson, Vorsitzender des Gracehill Trust, macht sich seit Jahren dafür stark, dass Gracehill auf die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wird. „Der Grund, warum man den Status des Welterbes erhält, ist, dass man einen außergewöhnlichen universellen Wert nachweisen kann, und das bedeutet, dass etwas so besonders ist, dass es Generationen von Menschen überdauert, es ist also eine große Auszeichnung“, erklärte er gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk Irlands, RTÉ. 

Überdauert haben so Originalgebäude, die mittlerweile mehr als 260 Jahre alt sind, wie auch der Friedhof an der Mährischen Kirche. Mit ihren über 100 Gemeindemitgliedern bildet sie das Zentrum, dem die Bischöfin Sarah Groves neben vier weiteren Gemeinden vorsteht. „Gracehill ist so angelegt, wie eine kontinentale Siedlung aussehen würde: mit einem Platz, einer Kirche, einem angeschlossenen Friedhof, öffentlichen Häusern rund um den Platz und privaten Familienhäusern in der Umgebung“, erklärt sie gegenüber RTÉ. Dabei betont sie, dass für die Mährerinnen und Mährer die Beziehung zu Gott und zur Gemeinschaft sehr bedeutend seien und dass sich dies auch in der Anlage der Siedlung widerspiegle. 

Die mährische Kirche auf der irischen Insel

Die heutige mährische Kirche hat ihren Ursprung im Jahre 1457 und gilt als eine der ersten protestantischen Kirchen in den Regionen Mähren und Böhmen. Nach Irland brachte sie 1746 der Evangelist John Cennick, der in Dublin fünf mährische Kirchen gründete, bevor er nach Antrim kam. Ein Lebensmittelhändler, der begeistert von dessen Predigten war, soll ihn dorthin eingeladen haben. Zwar fungiert in der heutigen Hauptstadt der Republik Irland keine dieser Kirchen mehr als solche, aber es lassen sich noch Spuren finden: So zeugt in der Kevin Street ein Mauerwerk mit einem mährischen Bild vom Lamm mit Fahne von der Vergangenheit des Gebäudes und auch ein Friedhof in der Whitechurch Road wird weiterhin von einer kleinen mährischen Gemeinde gepflegt. In Gracehill hingegen bekamen die Buntglasfenster aus einer der ehemaligen mährischen Kirchen Dublins ein zweites Zuhause.

Das Kirchenfenster in Gracehill zeugt von der Gründung der Mährischen Kirche. Foto: Kenneth Allen

Geschlechtertrennung und Gleichberechtigung

Anhand der Anlage der Siedlung lässt sich auch die strikte Trennung nach Geschlechtern, die damals vorherrschte, nachvollziehen. Gegenüber der Mährischen Kirche befindet sich ein kleiner Platz mit einem Teich in der Mitte. Auf der einen Seite wurden Häuser für ledige Frauen erbaut und auf der anderen Seite die Pendants für die Herren. Auch in der Kirche, die durch getrennte Eingänge, dem sogenannten „Brother´s Walk“ (Brüdergang) und dem „Sister´s Walk“ (Schwesterngang) betreten wurde, findet sich diese Tradition wieder. Das hat sich nun verändert. Geblieben ist jedoch der Brauch, dass bei Beerdigungen auf dem sogenannten „God´s Acre“ (Feld Gottes) die Männer auf der einen Seite des Weges und die Frauen auf der anderen begraben werden. Die Grabsteine haben die gleichen Maße und sollen die Gleichheit im Tod symbolisieren.

Grabsteine auf dem Friedhof „God´s Acre”. Foto: Kenneth Allen

Neben ihrem Glauben war den Siedlerinnen und Siedlern aus Mähren auch die Bildung besonders wichtig. So gab es hier einst vier Schulen: Zwei Tagesschulen und zwei Internate, sogenannte Akademien, die nicht nur von Schülerinnen und Schülern aus der Umgebung besucht wurden. Ein Klassenzimmer aus solch einer Schule wurde in einem der ursprünglichen Gebäude nachgebaut.

„Wir sind der Meinung, dass das, was die Mährer nicht nur in Bezug auf das religiöse Element, sondern auch in Bezug auf das Ethos, das sie in Bezug auf Gleichberechtigung und Bildung einbrachten, so wichtig ist, dass es besser bekannt gemacht werden muss. Sie sind ein sehr frühes Beispiel, dem wir auch heute noch folgen könnten“, betonte David Johnson und hofft, dass das mährische Dorf letztendlich den Status als UNESCO-Weltkulturerbe erhalten wird. 

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