Am 21. Juli 1923 wurde in Prag Jiří Popper geboren. Er stammte aus einer jüdischen Familie. Die Nazis verfolgten ihn und ermordeten ihn nach 1943 in Ausschwitz. Sein Vater war ein Funktionär des Deutschen Fußballclubs Prag (DFC).
In Erinnerung an die millionenfachen Opfer des Holocausts veröffentlicht das United States Holocaust Memorial Museum regelmäßig kurze Lebensläufe in seinen Social-Media-Kanälen. Als das Museum 2020 ein Foto von Jiří Popper im Knabenalter veröffentlichte, sorgte das Bild für Erstaunen, vor allem in der spanischen Presse. An Jiří Poppers Revers hatten aufmerksame Beobachter einen Anstecker mit dem Wappen des traditionsreichen Fußballklubs Real Sociadad San Sebastian entdeckt. Wie konnte ein kleiner Junge aus Prag zu einem solchen Anstecker gekommen sein?
Ein Blick in die Annalen des spanischen Klubs verriet, dass es 1923 und 1924 zu zwei Spielen gegen den Deutschen Fußballclub Prag gekommen war. Der 1896 gegründete DFC gehörte vor dem Ersten Weltkrieg zu den stärksten Klubs in Kontinentaleuropa. Und auch in der jungen Tschechoslowakischen Republik war der DFC neben Sparta und Slavia einer der großen Klubs des Landes. Der DFC unternahm zahlreiche Auslandsreisen, nicht zuletzt, um Geld zu verdienen. Nach Weihnachten 1923 unternahm man so eine Spanienreise. Mit dem Zug ging es von Prag durch Deutschland und Frankreich nach Nordspanien. Überliefert ist, dass man in Stuttgart den Gründer des Kicker-Sportmagazins Walter Bensemann traf, der den DFC auf seiner Reise fotografieren wollte, was nochmal die Relevanz des Klubs unterstreicht. In San Sebastian sollte der DFC 3:1 gewinnen und die Presse sprach von einer vollkommenen Überlegenheit. Einige Tage später siegte man auch beim FC Barcelona mit 1:0. Im September 1924 kam es dann zu einem Rückspiel in Prag, das der DFC mit 11:1 gewann, was die wahrscheinlich höchste Niederlage in der Geschichte von San Sebastian war. Bei einem dieser Spiele muss der genannte Anstecker in die Hände des DFC übergegangen sein. Wahrscheinlich war es Jiřís Vater Karl, der den Anstecker an seinen Sohn weitergab. Karl war unternehmerisch im Filmgeschäft tätig und hatte sich dem DFC angeschlossen. Als Funktionär begleitete er das Team auf der Spanien-Reise.
Am 13. Juli 1943 wurde Jiří Popper nach Theresienstadt (Terezín) deportiert, zwei Monate später nach Auschwitz. Ende 1943 wurde er dort ermordet, wie ein Jahr später auch seine Mutter Marie Ballenberger. Auch Jiřís Vater Karl wurde von den Nationalsozialisten ermordet.
Wenn wir heute an Jiří Popper erinnern, erinnern wir auch an die Kraft des Fußballs, über Staatsgrenzen hinweg Menschen zu verbinden. Dies gilt für die Vergangenheit, vor allem aber auch für unsere Gegenwart.