Vor der Deutschen Botschaft in Prag forderten Demonstranten den Erhalt des Dorfes Lützerath am Rand des nordrheinwestfälischen Braunkohletagebaus Garzweiler. Eine Räumung und Zerstörung des Ortes zum Zweck der Kohleförderung habe auch Einfluss auf die Klimapolitik in Tschechien, so die Teilnehmer der Protestaktion.

„Lützi bleibt!“, steht auf den Plakaten einer Gruppe von etwa 30 Demonstranten vor der Prager Deutschen Botschaft am Abend des 10. Januar 2023. Aufgerufen zu der Aktion hatte das tschechische Bündnis „Limity Jsme My“. Die Demonstranten forderten den Erhalt des Dorfes Lützerath am Rand des Braunkohletagebaus Garzweiler II bzw. einen Stopp der dortigen Kohleförderung und kritisierten die deutsche Bundesregierung für ihre Klimapolitik. Begleitet wurde die Protestaktion von Videobotschaften aus Lützerath, das seit mehr als zwei Jahren von Klimaaktivisten besetzt ist, die damit eine Räumung des Ortes und den Kohleabbau verhindern wollen.

Noch etwa 280 Millionen Tonnen Kohle dürfen laut einer Vereinbarung zwischen dem Energiekonzern RWE und der NRW-Landesregierung bis zum Jahr 2030 abgebaut werden. Der Abbau der Kohle unter Lützerath sei notwendig, um die Energieversorgung sicherstellen zu können, so die Argumentation von RWE und der Landesregierung nach einer eigens beauftragten Studie. Klimaaktivisten bezweifeln das und verweisen auf mehrere Gutachten, die zu einem anderen Ergebnis kamen. So haben Wissenschaftler der „Fossil Exit Group“, der Forscher der Europa-Universität Flensburg, der Technischen Universität Berlin und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung angehören, errechnet, dass der Kohlebedarf aus dem Tagebau Garzweiler auch gedeckt werden kann, wenn die Kohle unter Lützerath nicht abgegraben wird. Daneben sei durch den Abbau der Kohle das 1,5-Grad-Ziel, das sich Deutschland im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens gesetzt hatte, gefährdet.

Symbolwirkung für Tschechien?

Das kritisieren auch die Demonstranten vor der Deutschen Botschaft in Prag und verweisen auf die Symbolwirkung für andere Länder, darunter Tschechien. „Die Räumung Lützeraths wird den Kohleausstieg in Tschechien beeinflussen. Wenn man sich die vergangenen Jahre anschaut, haben tschechische Politiker Deutschlands Kohleausstieg Schritt für Schritt verfolgt“, sagt Míša, einer der Organisatoren und Teilnehmer an der Protestveranstaltung. „Als Deutschland die Kohlekommission etablierte, tat Tschechien das gleiche ein Jahr später. Auch der Vorschlag, den Kohleausstieg auf das Jahr 2038 zu legen, wurde von der tschechischen Kohlekommission als ein Szenario übernommen. Die Debatte über den Kohleausstieg ist noch nicht vorbei, auch wenn es so scheinen mag. Wir müssen die Kohle so schnell wie möglich hinter uns lassen“, fügt er hinzu. Ein weiterer Demonstrant namens Saša fragt sich: „Warum sollte man aus der Kohlekraft aussteigen, wenn der sogenannte Klima-Vorreiter Deutschland im Namen des fossilen Kapitals und des Profits Dörfer zerstört?“

Der Räumung von Lützerath kann aber auch der Protest in Prag kaum etwas entgegensetzen. Nur wenige Stunden später begann die Polizei am Mittwochmorgen mit der Räumung des Ortes.

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