Das Auswärtige Amt hat die Mittel für die etwa eine Million Menschen gekürzt, darunter auch jene in Tschechien. Das hat ganz konkrete Auswirkungen.

Rund eine Million Menschen gehören in den Ländern Europas und Zentralasiens zur deutschen Minderheit. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums lebt die wohl kleinste Gruppe mit rund 100 Angehörigen in Turkmenistan, die größte mit 400.000 Deutschen in Russland. In Polen waren es 2018 noch etwa 148.000 Deutsche, vor allem in Oberschlesien. In Tschechien schätzt man ihre Zahl auf 18.700.

Vor allem aus dem Bundesinnenministerium fließt jährlich Geld für die deutschsprachigen Minderheiten – 2021 sind es 24,177 Millionen Euro, wie das Ministerium informiert. Letztes Jahr waren es mit 24,477 Millionen Euro rund 300.000 Euro mehr, 2019 aber rund vier Millionen Euro weniger. An die Deutschen in Polen gehe 2021 ein Betrag von 5,15 Millionen Euro, für die deutsche Minderheit in Tschechien seien es 564.000 Euro.

Auch das Auswärtige Amt unterstützt die deutschsprachigen Minderheiten im Bereich der Sprachförderung, bei Kultur- und Medienprojekten sowie der Stipendienförderung. 2019 und 2020 flossen jeweils rund 3.959.000 Euro, wie es aus dem Ministerium heißt. Davon ging der größte Einzelbetrag mit 1,1 Millionen Euro an die Deutschen in Polen. Doch die Gesamtsumme wurde wohl wegen Corona und den damit verbundenen Kosten nun gekürzt. Im Auswärtigen Amt spricht man von „globalen Minderausgaben“. Dieses Jahr stehen 3,582 Millionen Euro für Menschen in etwa 18 Staaten zur Verfügung.

Gravierende Auswirkungen

Aber auch dies nicht uneingeschränkt. Darauf macht die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Minderheiten (AGDM) aufmerksam. 300.000 Euro behalte das Amt zunächst zurück als Haushaltsvorsorge, also um notfalls noch Geld zur Verfügung zu haben. Somit stehen derzeit „3,28 Millionen Euro für die Projekte der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa und in Zentralasien zur Verfügung“, informiert Renata Trischler, AGDM-Koordinatorin. Nur wenn die Haushaltsvorsorge aufgehoben werde, fließen jene 300.000 Euro.

„Für uns bedeutet die Kürzung, dass wir bei durch das Auswärtige Amt finanzierte Projekte im Schnitt 10 Prozent weniger Mittel zur Verfügung haben“, sagt Martin Herbert Dzingel, Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine in Tschechien. Als Beispiel nennt er das jährliche Sommercamp für Jugendliche, das in diesem Jahr durch die deutsche Minderheit in Tschechien ausgerichtet wird. „Einige Workshops können nicht wie geplant stattfinden“, sagt Dzingel.

Indirekt sind die Auswirkungen allerdings noch viel gravierender, da Mittlerorganisationen im Ausland wie das Goethe-Institut auch auf dieses Geld zugreifen. „Das Goethe-Institut muss seine Minderheitenförderung natürlich auch einschränken“, sagt Dzingel. So ist das auch bei der Deutschen Botschaft, die wiederum Projekte der Sprachförderungt und Kultur unterstützt. „Das sind Gelder, welche die Verbände direkt beantragen können, die aber ohnehin schon knapp bemessen sind. Den Verbänden fällt damit eine wichtige Finanzierungsstütze weg“, bedauert Dzingel. Er hoffe, dass wenigstens die Haushaltsvorsorge aufgehoben werde, weist aber darauf hin, dass das nicht zu spät im Jahr passieren dürfe. „Sonst sind Vorhaben schlicht zeitlich nicht mehr durchführbar“, so der Präsident.

Erschwerte Bedingungen durch Corona

Auf die Haushaltsvorsorge bzw. eine Rücknahme der Kürzungen hofft auch die AGDM. „Für Organisationen vor Ort sind die Mittel überlebenswichtig“, so Trischler. Ohne diese Summen würden viele Projekte nicht zustande kommen, die für den Erhalt der deutschen Sprache und Kultur gerade in Ländern mit einer kleinen deutschen Minderheit von wesentlicher Bedeutung seien. Betroffen sei zum Beispiel das Baltikum, Länder des Westbalkans sowie Georgien und die Republik Moldau. Dort sei die deutsche Minderheit vom Geld aus dem Auswärtigen Amt abhängig. Darüber hinaus treffe solch eine Kürzung auch Länder mit einer zahlenmäßig stärkeren deutschen Minderheit, wie Polen, die Russische Föderation, Ungarn, Rumänien.

Das Geld werde fehlen. Gerade jetzt. Denn die Arbeit der Minderheiten sei durch Corona sowieso schwierig. Begegnungen, Feste, Kurse und vieles andere seien nicht möglich. „Vom Baltikum über Mittel- und Osteuropa bis nach Usbekistan, Kasachstan und Kirgisistan in Zentralasien wurden neue Formate entworfen und die Veranstaltungen haben 2020 erfolgreich online stattgefunden“, so Trischler. Die Essenz der Arbeit liege aber in der Begegnung und im persönlichen Kontakt. Nach einem Jahr ohne diese Möglichkeit schwinde die Motivation bei den Mitstreitern.

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