Die Pandemie stellt alle vor große Herausforderungen. Die nordböhmischen Begegnungszentren in Gablonz (Jablonec nad Nisou) und Reichenberg (Liberec) nutzen diese Zeit zur Entwicklung neuer Vorhaben.
Im Riegerhaus in Reinowitz (Rýnovice) wurde 2020 das Dach komplett renoviert. Während des Winters wurde in der Galerie eine neue Holztreppe installiert, die einen Dachausbau ermöglicht. Unter dem neuen Dach wurde eine bisher fehlende Fläche für ein Büro und Lagerraum für die Ausstellungstätigkeit geschaffen. „Außerdem arbeiten wir weiterhin an den Vorbereitungen für den Anbau“, sagte Jan Laurin, Vorsitzender des Verwaltungsrates der gemeinnützigen Gesellschaft Haus der deutsch-tschechischen Verständigung.
Trotz der widrigen Umstände ist es im Jahr 2020 gelungen, im Haus der deutsch-tschechischen Verständigung sechs Ausstellungen, sechs Autorenlesungen und ebenso viele Workshops sowie vier deutsch-tschechische Begegnungen und einen Kinderkarneval zu veranstalten. Die Sprachkurse liefen online weiter. Die geplanten Ausflüge und eine Studienreise wurden durch sechs deutschsprachige Spaziergänge zu architektonischen Sehenswürdigkeiten Reichenbergs ersetzt.
Das Reinowitzer Sommerfest konnte 2020 erst im September stattfinden. Die Ausstellung „Zeugen der Menschlichkeit“ präsentierten wir im Internet, die Krippenausstellung erfolgte über Facebook. Darüber hinaus veranstalteten wir vier Konzerte, eines davon online. Die Lichter am Weihnachtsbaum mussten leider ohne Weihnachtsmarkt und ohne Zuschauer entzündet werden. Treffen konnten wir uns nur in einem kleinen Kreis.
Schicksale der Deutschen weiter bearbeitet
Wir gaben die deutsche Übersetzung des erfolgreichen tschechischen Buches „Gustav Ginzel – Ein Sonderling, der die Welt verschönerte“ heraus. Außerdem war es uns ein Anliegen, den Lesern die einstige Bevölkerung des Isergebirges näherzubringen. Das Buch präsentierten wir zweimal bei den Deutsch-Tschechischen Kulturtagen in Dresden.
Mit Unterstützung des Zukunftsfonds veröffentlichten wir das zweisprachige Büchlein „Humor der Deutschen aus dem Isergebirge“, das auf einer Anekdotensammlung des ehemaligen Landsmannes Heinz Wendt basiert und mit Zeichnungen und Kindheitserinnerungen seiner Freundin Christa Petrásková komplettiert wurde.
Nach dem Erfolg des Kochbuches „Rezepte der Deutschen aus dem Isergebirge“ wurde nun der zweite Teil „Süße Rezepte der Deutschen aus dem Isergebirge“ fertiggestellt (Herausgabe im Februar 2021). Als Vorlage diente ein altes Heft von Lilly Löw mit Rezepten, die sie im Sammellager Reinowitz von ihren Leidensgenossen gesammelt und niedergeschrieben hatte.
Auf den Spuren von Kauschka
Nach den Erfahrungen aus dem vorigen Jahr wollen wir auch heuer möglichst viele Ausstellungen, Autorenlesungen oder Workshops nach draußen verlegen. Geplant sind zum Beispiel Wanderungen auf den Spuren von Rudolf Kauschka, einer legendären Persönlichkeit der nordböhmischen Touristik und des Kletterns. Er gewann 1914 auf der Rodelbahn am Jeschken die erste Europameisterschaft und gab zehn Jahre später das berühmte Buch „Wandern und Klettern“ heraus. Gemeinsam mit dem Jeschken-Iser-Verein planen wir die Herausgabe eines neuen Buchs über Kauschkas Spuren.
Engere Zusammenarbeit
In Zukunft wollen die beiden nordböhmischen Begegnungszentren in Gablonz und Reichenberg enger zusammenarbeiten. Im Jahr 2020 hat der Reichenberger Verband mit der Unterstützung der Landesversammlung und der Stadt Reichenberg mit ersten Reparaturen begonnen: Die nassen Wände beim Eingang, im Büro, Archiv, Flur und zwei Räumen im ersten Stock wurden schrittweise saniert und im Erdgeschoss eine kleine Küche eingebaut. Alle Räume sind nun frisch gestrichen. Repariert wurden auch die Heizung, Regenrinnen sowie Fliesen vor der Haustür.
Auch in diesem Jahr werden wir uns mit Rücksicht auf die Pandemiesituation hauptsächlich auf Outdoor-Aktivitäten konzentrieren. Die bisher nur wenig genutzten Räume des Zentrums dienen weiterhin der deutschen Minderheit und dem tschechisch-deutschen Dialog sowie generationsübergreifenden Treffen. Vorgesehen sind aber auch regelmäßige Kindertreffen, Workshops, Seminare oder Ausstellungen. Der Verband wird außerdem aktiv zum Dialog im Programm der Deutsch-Tschechischen Kulturtage beitragen. Weil die Reichenberger das Zentrum gerade mit dem Dialog eng verbinden, wird es sich in Zukunft auch unter diesem kurzen und klaren Namen präsentieren.
Komm raus und bewege dich
Der Garten des Begegnungszentrums in Ruppersdorf soll sich wieder in eine Oase für Kinder verwandeln. Zusätzlich zu den Deutschkursen, die jetzt online durchgeführt werden müssen, soll im Garten ein Parkour angelegt werden, wo sich Kinder und Jugendliche regelmäßig treffen können. Mit dieser Maßnahme will das BGZ neue Interessenten für das deutsch-tschechische Zentrum gewinnen und die Kinder zu Aktivitäten abseits des Computers bewegen. „Parkour ist eine Art von Bewegung, die für jeden bestimmt ist, unabhängig vom Alter. Es handelt sich da nicht nur um Sport. Die Teilnehmer lernen zum Respekt, nach neuen Lösungen zu suchen und schnell zu handeln“, erklärt Filip Engelhart, der sich ab April jede Woche mit neuen Parkouristen im BGZ treffen möchte.
Im Garten sollen während des Sommers Kinderfreizeitwochen stattfinden. Dreimal im August werden sich die Kinder mit deutschen Sprachanimateuren befassen. Das reiche Programm beinhaltet auch Begegnungen mit Zeitzeugen, Rettungskräften und interessanten Gästen. „Kinder können sich auch an interaktiven Exponaten wie der virtuellen Realität oder einem Gedächtnistest ausprobieren“, verrät Michal Buzek von der städtischen Gesellschaft Elset, die Partner des Begegnungszentrums bei Kinderfreizeitwochen ist.
Erholungsinsel für deutsche Minderheit
Mit der Sanierung gewann das Begegnungszentrum auch drei freie Räume, die in den nächsten Monaten als Gästezimmer für die Erholung der deutschen Minderheit, ihrer Familienangehörigen, Besucher des Zentrums oder Landsleute, die im Isergebirge nach ihren Spuren suchen möchten, genutzt werden können.
Bei allen neuen Aktivitäten rechnet das Reichenberger BGZ mit der engen Zusammenarbeit mit dem Heimatkreis, den Partnerstädten Zittau und Augsburg, sowie mit anderen Institutionen, die sich für die deutsche Kultur und Sprache interessieren, wie der Verein Post Bellum oder der Klub der deutsch-tschechischen Partnerschaft.