Der 75. Sudetendeutsche Tag in Regensburg stand im Zeichen der Verständigung: Mit einer Einladung nach Brünn für 2026 wurde erstmals die Austragung in der alten Heimat vorgeschlagen – ein historischer Schritt in den deutsch-tschechischen Beziehungen.

Der 75. Sudetendeutsche Tag in Regensburg überraschte am Pfingstwochenende mit einem bemerkenswerten Vorschlag: Petr Kalousek, Direktor des Brünner Stadtfestivals Meeting Brno, lud die Sudetendeutsche Landsmannschaft ein, den nächsten Sudetendeutschen Tag 2026 in Brünn auszurichten. Es wäre das erste Mal, dass die traditionsreiche Veranstaltung in der heutigen Tschechischen Republik stattfindet.

„Ich hoffe, dass wir uns zu Pfingsten 2026 in Brünn wiedersehen. Nicht als Gäste und Gastgeber, sondern als Freunde, die gemeinsam ein neues Kapitel unserer gemeinsamen Geschichte schreiben“, sagte Kalousek zum Abschluss seiner Dankesrede bei der Verleihung des Menschenrechtspreises der Sudetendeutschen Landsmannschaft in der Donau-Arena am Pfingstsamstag.

Als Kultur- und Versöhnungsprojekt setzt sich Meeting Brno für eine kritische Auseinandersetzung mit der Nachkriegsgeschichte und für Völkerverständigung ein. Seit 2015 findet im Rahmen des Stadtfestivals der „Versöhnungsmarsch“ statt, ein Gedenkmarsch von Pohrlitz (Pohořelice) nach Brünn (Brno), der – in entgegengesetzter Richtung – an den Brünner Todesmarsch von 1945 und dessen Opfer erinnert.

Petr Kalousek, Direktor des Brünner Festivals Meeting Brno, sprach die Einladung aus, den nächsten Sudetendeutschen Tag 2026 in Brünn (Brno) stattfinden zu lassen. Foto: LandesEcho/ Lennard Halfmann
Petr Kalousek, Direktor des Brünner Festivals Meeting Brno, sprach die Einladung aus, den nächsten Sudetendeutschen Tag 2026 in Brünn (Brno) stattfinden zu lassen. Foto: LandesEcho/ Lennard Halfmann

Mikuláš Bek: In den Abgrund der Geschichte blicken

Ein weiterer Höhepunkt war die Rede von Mikuláš Bek (STAN), dem tschechischen Minister für Bildung, Jugend und Sport. Vor großem Publikum sprach er in Regensburg offen über das Leid beider Seiten – sowohl 1945 als auch danach. Man dürfe die alten Dämonen des Nationalismus nicht vergessen oder ins Unbewusste verdrängen, so der Minister. Dabei rief er zu einem kritischen Blick auf die eigene Geschichte auf: „Wir Tschechen müssen es wagen, in den Abgrund der Geschichte zu blicken.“

Gleichzeitig würdigte Bek – ehemals Direktor der Masaryk-Universität in Brünn – die Versöhnungsarbeit der Sudetendeutschen und sprach sich deutlich gegen ein Vergessen der Gefahren des Nationalismus aus. Demokratie, europäische Integration und Mehrsprachigkeit seien zentrale Aufgaben im deutsch-tschechischen Verhältnis.

Besonders betonte er die Rolle der Sprache: „Deutsch und Tschechisch sind keine Fremdsprachen, sondern zwei Nachbarsprachen mit einer jahrhundertelangen Geschichte des Zusammenlebens und Zusammenwachsens.“

Bek war vor zwei Jahren zum ersten Mal als ein Vertreter der tschechischen Regierung offiziell auf dem Sudetendeutschen Tag aufgetreten.

Innenminister Dobrindt zu Gast

Ebenfalls am Pfingstsamstag sprach Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) zu den Gästen. In seiner Rede erinnerte er an die Sudetendeutschen als „bayerischen Stamm“ und würdigte ihren Beitrag zur europäischen Einigung. Einen besonderen Akzent setzte Dobrindt auf die Bedeutung offener Grenzen in Europa. „Wir wollen ein Europa ohne Grenzen – aber wer auf Binnengrenzkontrollen verzichten will, muss bereit sein, die Außengrenzen zu schützen.“

Dobrindt sprach sich klar dafür aus, die Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Tschechien wieder zu beenden – ein Ziel, das aus seiner Sicht nur durch einen funktionierenden Schutz der EU-Außengrenzen zu erreichen sei.

Zugleich bekräftigte Dobrindt die Zuständigkeit seines Ministeriums für die Anliegen der Vertriebenen und der deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa. Deren kulturelle Identität zu bewahren und zu stärken sei ein politischer Auftrag, den man weiterhin ernst nehme.

Posselt: Nationalismus muss überwunden werden

In seiner Rede zur Hauptkundgebung am Pfingstsonntag stellte der Sprecher der Sudetendeutschen Volksgruppe, Bernd Posselt, den Einsatz gegen Nationalismus in den Mittelpunkt. Er betonte die historische Verantwortung beider Seiten und würdigte die wachsende Bereitschaft zur Aufarbeitung der Nachkriegsgeschichte in der Tschechischen Republik. „Es ist eine breite Welle der Aufarbeitung, der Verständigung und der Versöhnung auch in der Tschechischen Republik im Gange, und wir unsererseits sind entschlossen, dabei mitzumachen und unseren Beitrag – dieses Jahr hier und nächstes Jahr vielleicht in Brünn – einzubringen“, so Posselt.

Auszeichnung für Bayerns Ministerpräsident Markus Söder

Im Anschluss wurde Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) mit dem Europäischen Karls-Preis der Sudetendeutschen Landsmannschaft ausgezeichnet – für sein jahrelanges Engagement für die Sudetendeutsche Landsmannschaft sowie die Verständigung mit Tschechien. „Die größte Friedensbewegung, die es je in Deutschland gegeben hat, sind die Vertriebenen und die Sudetendeutschen“, lobte Söder die Sudetendeutsche Landsmannschaft in seiner Rede.

Der Sudetendeutsche Tag 2025 hatte schon am vergangenen Freitag begonnen mit der Verleihung der Sudetendeutschen Kulturpreise im marinaforum Regensburg.

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