Vertreter der deutschen Minderheit sowie Lokalpolitiker gedachten Ende Juli 2022 in Aussig der deutschen Gewaltopfer des „Massakers von Aussig“.
Explosionen in einem Munitionslager in Aussig sorgten nach Kriegsende im Juli 1945 für ein Pogrom an der deutschsprachigen Bevölkerung. Einer der damaligen Schauplätze der Gewalt war die Brücke über die Elbe (heute Edvard-Beneš-Brücke). Arbeiter, die am Nachmittag des 31. Juli 1945 von ihrer Tagschicht aus den naheliegenden Werken in Schreckenstein (Střekov) kamen und die Brücke überqueren wollten, wurden von einem Mob ins Wasser geworfen. Die Menschen starben beim Aufschlagen im flachen Wasser, manche ertranken, andere wurden beim Fortschwimmen erschossen.
Vertreter der deutschen Minderheit und Lokalpolitiker gedenken alljährlich der Gewaltopfer, an die eine Gedenktafel auf der Brücke erinnert, so auch in diesem Jahr, am Sonntag, den 31. Juli 2022. In ihrer Eröffnungsrede erinnerte Brigitte Gottmann, eine gebürtige Aussigerin und Zeitzeugin, die die Gedenkveranstaltung seit mehreren Jahren organisiert und moderiert, an die Ereignisse des 31. Juli 1945. Sie beschrieb die Umstände der inszenierten Explosion, die als Vorwand zur Gewalt gegen ahnungslose deutsche Anwohner diente, die an diesem Tag von der Arbeit über die Brücke gingen. Weitere Redner waren der Bürgermeister von Aussig, Petr Nedvědický, die Stadträtin des Stadtbezirks Střekov, Eva Outlá, ein Mitglied des Komitees für nationale Minderheiten der Region Aussig, Karel Karika, sowie Radek Novák, Vorsitzender des Deutschen Kulturverbands und Martin Herbert Dzingel, Präsident der Landesversammlung der deutschen Vereine und stellvertretender Vorsitzender des Regierungsrates für nationale Minderheiten.
In fast allen Reden hallte das Echo der Vergangenheit in Verbindung mit der Gegenwart wider, in der in der Ukraine Gewalt von Mensch zu Mensch herrscht und ein fremder Staat sich nehmen will, was ihm nicht gehört. Das abschließende Gebet und das symbolische Werfen von Blumen in den Fluss für die Gewaltopfer gewann dadurch an Dringlichkeit und Aktualität.
An der Veranstaltung nahmen Mitglieder der Ortsgruppe des Kulturverbandes in Aussig, Mitglieder der Ortsgruppe in Prag sowie weitere Menschen aus der Tschechischen Republik und Deutschland teil.
Herr Erich Lederer, ehemaliger Vertreter der deutschen Minderheit im Regierungsrat für nationale Minderheiten und Mitglied der Ortsgruppe des Kulturverbandes in Aussig, war dieses Jahr nicht bei der Veranstaltung anwesend. Kurz darauf erhielten wir die Information, dass er genau an diesem Tag unerwartet im Alter von 88 Jahren verstorben ist.
Der Autor ist Vorsitzender des Deutschen Kulturverbands