Grundschulen können weiterhin Deutsch als erste Fremdsprache anbieten. Das tschechische Ministerium für Bildung, Jugend und Sport hat das neue Rahmenbildungsprogramm noch einmal angepasst. Um die Entscheidung wurde im Vorfeld viel gerungen.

2027 soll es kommen: Das neue Rahmenbildungsprogramm des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (MŠMT). Tschechischen Grundschulen gilt das Programm als Orientierung, wie sie ihre Lehrpläne zu gestalten haben. Das Rahmenbildungsprogramm in seiner jüngsten Form von Dezember 2024 hätte Grundschulen mit Deutsch als erster Fremdsprache vor große Herausforderungen gestellt. Diese wären verpflichtet gewesen, ab der ersten Klasse zusätzlich Englisch als erste Fremdsprache anzubieten – bisher hatte es für deutsch- und anderssprachige Schulen eine Ausnahme gegeben, die es ihnen erlaubte, ihre jeweilige Sprache als Alternative zu Englisch zu unterrichten. Die Möglichkeit, eine alternative erste Fremdsprache zu unterrichten, bleibt durch eine nun vorgenommene Ergänzung im Rahmenbildungsprogramm weiter bestehen.

Schulen bekommen mehr Freiheit

„Wir lassen den Schulen die Wahl, eigene Schwerpunkte zu setzen. Sie sollen den Unterricht in anderen Weltsprachen stärken können, ohne dass wir die Rolle des Englischen abschwächen“, kommentiert Bildungsminister Mikuláš Bek (STAN) die Entscheidung. Trotz der Änderung im Rahmenbildungsprogramm kommt künftig keine Grundschule mehr um die englische Sprache herum: Diese muss spätestens ab der vierten Klasse angeboten werden. Ab Klasse 9 müssen alle Schülerinnen und Schüler, wie auch an anderen Schulen, in Englisch das Sprachniveau B1 vorweisen können. Grundschulen mit einem deutsch- oder anderssprachlichen Schwerpunkt starten also später, dafür intensiver in den Englischunterricht. In Tschechien geht die Grundschule bis zur 9. Klasse.

Initiative für Anpassung des Rahmenbildungsprogramms

Eine Initiative der Landesversammlung der deutschen Vereine in der Tschechischen Republik, der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung, des Thomas-Mann-Gymnasiums und anderer mehrsprachiger Schulen hatte sich im Vorfeld für eine Anpassung des Rahmenbildungsprogramms stark gemacht. Auch die Deutsche Botschaft Prag hatte sich in dem Zusammenhang eingeschaltet, und sich für eine Sonderregelung eingesetzt. Neben mehreren Briefwechseln hatte es dabei auch persönliche Gespräche zwischen der Initiative und dem Schulministerium gegeben. Nachdem im Dezember 2024 feststand, dass mit der Reform des Rahmenbildungsprogramms die Pflicht zur zweiten Fremdsprache erhalten bleibt, bekennt sich das Schulministerium mit der jüngsten Nachjustierung ein weiteres Mal zur deutschen Sprache. Nach langem Ringen scheint eine Lösung gefunden zu sein, mit der alle Beteilligten zufrieden sind.

Deutsch als erste Fremdsprache bedeutend

„Die geplante Regelung, wonach Schulen mit einer anderen ersten Fremdsprache – etwa Deutsch – weiterhin diese Möglichkeit behalten können, sofern Englisch spätestens ab der dritten oder vierten Klasse eingeführt wird, stellt für uns eine sehr faire und durchdachte Lösung dar. Sie berücksichtigt sowohl die Interessen der Schülerinnen und Schüler als auch die spezifischen Profile unserer Schulen. Es ist ein klares Signal, dass differenzierte Bildungskonzepte auch künftig Platz im tschechischen Schulsystem haben werden“, befürwortet Zuzana Svobodová, die Generaldirektorin der Grundschule der deutsch-tschechischen Verständigung und des Thomas-Mann-Gymnasiums, die Anpassung des Rahmenbildungsprogramms.

„Das Schulministerium hat uns erhört. Das ist ein großer Erfolg für unsere Initative“, befindet zudem Martin Herbert Dzingel, der Präsident der Landesversammlung. In der Auseinandersetzung mit dem Schulministerium hatten die Beteilligten mit der langen Tradition und der hohen Qualität des Deutschunterrichts in Tschechien argumentiert. Nach Darstellung der Beteilligten käme man mit dem frühen Deutschunterricht nicht nur den Wünschen der Schülerinnen und Schüler nach: Das Erlernen der deutschen Sprache spielt aus Sicht der Initiatoren auch eine wichtige Rolle im Kontext der kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen Deutschlands und Tschechiens.

Positiv für deutsch-tschechische Beziehung

Gegenüber dem LandesEcho kommentierte der Deutsche Botschafter in Prag, Andreas Künne, die jüngste Entscheidung des Schulministeriums positiv: „Wenn wir uns daran erinnern, wie steinig der Weg zur Reform war, schätzen wir die nun zugesicherte Ausnahme für den Erhalt von Deutsch als erster Fremdsprache an ausgewählten Schulen umso mehr. Dies zeugt vom engen und vertrauensvollen Austausch zwischen dem Bildungsministerium, den betroffenen Schulen und der Landesversammlung. Und belegt: Wir sind GuteSousede.“ Die Beibehaltung der zweiten Pflichtfremdsprache, die bereits Ende 2024 entschieden wurde, bezeichnet der Deutsche Botschafter als „wichtigen Schritt“: „Ich bin überzeugt, dass sich dies für Tschechien politisch, wirtschaftlich, kulturell auszahlen wird. Wer Deutsch lernt, eröffnet sich eine große Zahl an Möglichkeiten, ob im Beruf, im Alltag, oder unter Freunden. Sprache ist die wohl wichtigste Voraussetzung, um unsere Nachbarn besser zu verstehen und gemeinsam mehr erreichen zu können.“

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