In der Reihe „Aktuelle Generation“ stellen sich Vertreter der Deutschen in Tschechien vor. Das Ehepaar Štěpaník produziert Naturprodukte für den regionalen Markt.

Jiří (48) und Michaela Štěpaník (37) produzieren Honig, Marmeladen und andere Naturprodukte. Diese verkaufen sie dann an einem Kiosk am Unterring in Troppau (Opava), auf mehreren Märkten der Region und beliefern auch einen Großhandel.

Schwiegervater Karl Jiřík stammte einst aus dem Hultschiner Ländchen, er besitzt eine große Sudetica-Sammlung von Sudetica sowie das historische Haus Nr. 22 am Troppauer Unterring. Die Štěpaníks kauften die Nachbarhäuser 20 und 21 und pflegen so auch in Zukunft die Tradition einer typischen Troppauer Bürgerfamilie sowie ein kleines Stück deutscher Geschichte der Stadt.

LE: Was hat sie hierher gebracht?

Jiří Štěpaník: Ich bin gebürtig aus Bystřice pod Hostýnem, hatte also mit Schlesien zunächst einmal nichts zu tun.

Michaela Štěpaníková: Meine Eltern stammen aus der Gegend hier. Meine Mutter ist in Olbersdorf (Albrechtice) aufgewachsen. Ich bin ausgebildete Krankenschwester.

JŠ: Ich habe Betriebswirtschaftslehre am Europäischen Hochschulinstitut in Uherské Hradiste studiert, teilweise auch in Irland. Ich war lange Jahre Manager von Beruf. Die ersten sieben Jahre unserer Ehe lebten wir bei uns in der Walachei. Doch dann fühlte ich mich bald ausgebrannt und wollte im Leben auch noch etwas schaffen. Es passte uns dann gut, dass der Schwiegervater hier das Haus kaufte.

Wir erwarben 2010 das Nachbarhaus. Es war in einem schrecklichen Zustand und wir mussten es lange sanieren. Es hat sich aber gelohnt. So ein Haus im historischen Stadtzentrum verliert nie seinen Wert. Im obersten Stock wohnen wir, der Rest ist vermietet und deckt dadurch die Hypothekentilgung.

LE: Sprechen Sie also auch Englisch?

JŠ: Nicht viel. Ich benutze es kaum und es ist schon lange her. Deutsch spreche ich auch kaum. Wenn ich Ausländer am Kiosk treffe, dann sind es meist Polen.

Michaela Štěpaníková ergänzt ab und zu ihren Ehemann. Die ganze Zeit des Gesprächs packt sie Marmelade ein und beschriftet per Hand die Gläser.

Michaela Štěpaníková verpackt  Marmeladengläser. / Foto: Richard Neugebauer

LE: Verkaufen Sie auch ins Ausland?

JŠ: Nein. 20 Prozent des Absatzes läuft über unseren e-Shop, 40 Prozent liefern wir an den Großhandel. Der Rest verkaufen in Mähren und Böhmen. Mit Großhandel meine ich nicht etwa die großen Handelsketten. Die verlangen riesige Mengen zu niedrigsten Preis und bezahlen erst nach sehr langer Zeit. Wir beliefern die Bioläden oder Käsereisen, verpackungslose Läden. Man spürt, dass es immer mehr Leute gibt, die auf Qualität achten.

LE: Wie groß ist denn Ihr „Schlesisches Gärtchen“?

JŠ: Wir haben zwei Angestellte. Ich verbringe die meiste Zeit unterwegs und die Produktion obliegt meiner Frau – bis auf die Imkerei. Ich halte 250 Bienenvölker an zehn verschiedenen Standorten um Troppau herum. Darunter auch hier auf dem Dach. (Er zeigt durchs Fenster auf das Dach. Tatsächlich befinden sich dort Bienenstöcke.) Wir produzieren sechs Tonnen Honig im Jahr, weitere vier bis fünf Tonnen kaufe ich an und vertreibe sie weiter.

LE: Woher nehmen Sie die Früchte für Ihre Marmeladen?

JŠ: Wir besitzen einen Obstgarten. Dort haben wir Weichselkirschen, Vogelbeeren, Hagebutten, Johannisbeeren und Himbeeren. Es gibt heutzutage aber auch schon neue große Baumgärtner, zum Beispiel im Freudenthaler Landkreis. Dort beziehen wir Äpfel oder Birnen. 

LE: Stört Sie etwas an den Rahmenbedingungen für Unternehmer in Tschechien?

Beide: Es kommen immer neue sinnlose Maßnahmen hinzu, die uns das Leben schwerer machen. Gottseidank sind wir Produzent, also fallen wir nicht unter die EET (Elektronische Einnahmenerfassung). Es gibt aber jede Menge andere Belastungen, die nur einen Zuwachs an Bürokratie und letztendlich an Unkosten des Staates bringen.

JŠ: Die Bedingungen sind nicht für alle gleich. Das ist etwas, meiner Meinung nach, was die Deutschen ordentlicher als die Tschechen machen.

Michaela Štěpaníková verpackt  Marmeladengläser. / Foto: Richard NeugebauerLE: Was meinen Sie konkret?

(während sie weiter Gläser beschriftet): es werden nicht alle gleichbehandelt. Wir sind ein zugelassener Honigproduzent mit mehr als zwei Tonnen Produktion. Wir unterliegen den Hygienevorschriften und werden regelmäßig, oft auch wiederholt kontrolliert. Auch am Verkaufsstand. Es gibt aber Hobbyimker, die keiner Kontrolle unterliegen, die aber niemand kontrolliert, ob sie tatsächlich nicht mehr produzieren, wohin sie liefern und wieviel sie verdienen.

LE: Wie sehen Sie die Zukunft?

: Für eine Einbindung in die Firma sind unsere Kinder noch zu klein. Die älteste Tochter ist elf, der Sohn acht und jüngere Tochter fünf Jahre alt.

JŠ: Man muss ja immer nach vorne denken. Es gibt noch interessante Angebote, was die sanierungsbedürftige Häuser im Troppauer Zentrum betrifft. Mein Schwiegervater Herr Jiřík ist ein erfahrener Haussanierer. Ich würde vielleicht noch ein anderes Haus…

: Nicht mit mir.

JŠ: Also eher nicht.

LE: Und wer kümmert sich um das deutsche Erbe nach dem Schwiegervater?

: Großvater versucht unseren Sohn einzubinden.

JŠ: Er denkt viel nach und fragt oft. Er ist dafür geeignet. 

(lächelnd): Ja, er ist weniger pragmatisch.


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