In langen, kalten Winternächten erzählt man sich im Altvatergebirge die Geschichte eines Bauern, der einen Pakt mit dem Teufel einging.

Es war einmal in Nieder Mohrau (Dolní Moravice) ein Bauer, und der sollte ein Buch haben, worin zu lesen war, wie und auf welche Weise man den Teufel beschwören könne. Erschien der Satan, so fragte er gewöhnlich, welche Arbeit man durch ihn ausgeführt wünsche. Während der Zeitdauer der ihm aufgetragenen Arbeit musste die Beschwörungsformel zurückgelesen werden. Wurde der Teufel früher fertig mit der Arbeit als der Mensch mit dem Zurücklesen, so gehörte Letzterer dem Teufel. Wurde aber der Mensch früher fertig mit dem Zurücklesen als der Teufel mit der Arbeit, so war die Seele frei.

Der Bauer aus Nieder Mohrau, der solch ein Buch besaß, ging eines Sonntags in die Kirche, und die Kinder, die alleine zu Hause waren, fanden das Buch. Der älteste Knabe las in Demselben und war kaum mit der zweiten Seite zuende, als der Teufel aus dem Ofen kam und plötzlich im Zimmer zwischen den Kindern stand. Der Satan verlangte die ihm zugewiesene Arbeit zu wissen, da aber der Knabe in seinem Schrecken sich verkroch, musste der Teufel bis zur Rückkehr des Vaters warten. Nach einiger Zeit kam der Bauer aus der Kirche heim und war nicht wenig überrascht, den Höllenfürsten in höchst eigener Person im Zimmer anzutreffen. Ohne Umschweife trug er ihm auf, alle Feldsteine von Nieder Mohrau zusammenzulesen und eine Mauer davon aufzuführen. Sogleich nahm der Bauer das Beschwörungsbuch in die Hand und begann die Beschwörungsformel zurückzulesen, und ehe der Teufel seine Arbeit beendet hatte, war der Bauer mit dem Lesen fertig. Mit einem höllischen Fluche verschwand der Teufel. Noch heute sieht man, wo er – Gott sei bei uns – seine Arbeit begonnen und wo er aufgehört hat.

Die Weihnachtswette 

Wie eine weitere Sage berichtet, soll ein armer Mann aus Groß Mohrau (Velká Morava) sich dem Teufel verschrieben, und in dem Vertrage verlangt haben, dass seine Fahrt zur Hölle in 25 Jahren um Mitternacht vom 24. auf den 25. Dezember stattfinde. Der Teufel musste sich verpflichten, alle Steine, die auf den Feldern von Groß Mohrau lagen, in der genannten Mitternacht zusammenzutragen und am jenseitigen Ufer der March (Morava) eine Mauer davon aufzuführen. Bevor die Wandlung in der Christmette beginnt, sollte diese Arbeit fertiggestellt werden. Falls ihm dies nicht gelingen würde, sollte die verschriebene Seele frei sein. Außerdem verlangte der Mann eine große Geldsumme, um angenehm und sorgenfrei leben zu können.

Dem Höllenfürsten war alles recht, nur das eine nicht, dass der Mann seine Höllenfahrt gerade am 24. Dezember haben wollte – gerade in jener Nacht, in welcher die Erlösung des Menschengeschlechtes durch die Geburt des Heilands ihren Anfang nahm. Doch er baute auf seine Macht und schloss den Vertrag mit dem Manne ab.

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Zeichnung: Jiří Bernard

Die 25 Jahre waren abgelaufen, die Nacht des 24. Dezember kam heran und der Mann hatte sich bereits in Groß Mohrau eingefunden. Die 12. Stunde rückte heran, die Glocken auf dem Kirchturme zu Groß Mohrau läuteten zur Christmette. Der Mann verbrachte die ganze Nacht mit Beten. Durch das Fenster seiner einsamen Wohnung sah er, wie der Teufel seine Arbeit verrichtete. Letzterer hatte bereits alle Steine über die March getragen und wollte eben die Mauer aufführen.

Da erhob sich ein gewaltiger Schneesturm. Der Mann sah wegen des Sturmes nicht mehr durch die Fensterscheiben und erwartete mit bangem Herzen den Ausgang. Durch den Schneesturm wurden die Steine verdeckt und die Arbeit verzögert. Der Teufel glaubte aber seine Aufgabe doch gelöst zu haben und stieß einen Freudenruf aus, der weit und breit zu hören war. Sodann lief er in großen Sätzen zu dem Manne, um mit ihm die Höllenfahrt anzutreten: Da kam er aber plötzlich auf einen Steinhaufen, den er während des Sturmes nicht bemerkt hatte. Rasch ging er daran, diese Lücke zu seiner Arbeit zu ergänzen, aber siehe da: Das Glöcklein zu Groß Mohrau kündigte in demselben Augenblicke die heilige Wandlung an und vereitelte die Absichten des Teufels, der nunmehr sein Werk für verloren erkannte und mit einem derben Fluch die Fahrt zur Hölle allein antrat. Der befreite Mann verteilte sein Hab und Gut unter die Armen und verbrachte den Rest seines Lebens unter strengen Bußübungen in dem Kloster auf dem Muttergottesberge bei Grulich (Králíky). 

Zusammengetragen von Irene Kunc

Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 12/2024

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