Wer ist die deutsche Minderheit in Tschechien und wo trifft sie sich? Diesmal stellen wir Ihnen das Begegnungszentrum (BGZ) in Pilsen vor.
Die viertgrößte Stadt Tschechiens liegt in Westböhmen und heißt Pilsen (Plzeň). Weltweit bekannt gemacht hat ihren Namen das Bier Pilsener Brauart, welches dort seit 1842 gebraut wird. Die Ursprünge Pilsens reichen aber sehr viel weiter in die Vergangenheit. Bereits im 13. Jahrhundert wurde Pilsen als Königsstadt an einem wichtigen Handelsweg aus Prag gegründet, der sich hier nach Nürnberg, Eger (Cheb) und Regensburg verzweigte.
Der Zweite Weltkrieg und die darauffolgende Vertreibung großer Teile der deutschen Bevölkerung hinterließen eine große Lücke im kulturellen und wirtschaftlichen Leben der Stadt. Die verbliebenen Deutschen haben mit der Organisation der Deutschen in Westböhmen einen Verband gegründet, der sich um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des deutschen Erbes der Stadt bemüht.
Zusammenarbeit mit Kindergarten
„Wir arbeiten sehr eng mit dem Kindergarten Junikorn in Pilsen zusammen und planen gemeinsame Veranstaltungen. Der Höhepunkt ist dabei natürlich der große Kindertag Anfang Juni“, berichtet Terezie Jindřichová, die das BGZ in Pilsen seit 2013 leitet.
Terezie Jindřichová: Leiterin des Begegnungszentrums in Pilsen. Foto: Manuel Rommel
Ein praktischer Umstand ist es dabei, dass der deutsch-tschechische Kindergarten in die Villa integriert ist, in der sich auch das BGZ befindet. So kommt es nicht nur zu einem regen sprachlichen Austausch, sondern auch zu einem Austausch zwischen den Generationen. Daneben finden im BGZ im Laufe des Jahres viele verschiedene Veranstaltungen, Feiern, Vorträge, Lesungen und Treffen statt. Eine gute Zusammenarbeit besteht außerdem mit der Deutschen und Österreichischen Bibliothek.
Der Verein der Deutschen in Böhmen – Region Pilsen arbeitet eng mit dem deutsch-tschechischen Kindergarten Junikorn zusammen, der sich im gleichen Gebäude befindet. Foto: Manuel Rommel
Pflege des Egerländer Kulturerbes
Eine Art Außenstelle hat der Pilsner Verband mit dem Bund der Deutschen in Böhmen, der mit einem Büro im Schloss Preitenstein in Netschetin (Nečtiny) vertreten ist. Dessen Vorsitzender, Richard Šulko, engagiert sich seit mehr als 30 Jahren für den Erhalt der deutschen Sprache und Kultur und nicht zuletzt der Egerländer Traditionen in der Region. Mit seiner Arbeit möchte Šulko an die Tradition des bereits 1896 in Netschetin gegründeten Bunds der Deutschen anknüpfen. „Ich bin der Meinung, dass man eine Verpflichtung gegenüber den Vorfahren hat, die Kultur zu erhalten. Außerdem ist es wichtig, die deutsch-tschechische Verständigung weiter zu vertiefen und die Rechte der deutschen Minderheit zu wahren“, so Šulko. Aktiv verfolgt werden diese Ziele mit einer Egerländer Trachtengruppe und der Gruppe „Målaboum“, die deutsche und Egerländer Volkslieder am Leben hält. Ende letzten Jahres brachte die Gruppe ein eigenes Buch mit Begleit-CD heraus.
Richard Šulko mit Sohn Vojtěch: Die “Malaboum“. Foto: privat
In die Zukunft blickt Šulko positiv: „Was das Durchschnittsalter angeht, sind wir glaube ich einer der jüngsten Verbände in Böhmen. So stehen bei der Tanzgruppe beispielsweise drei Generationen auf der Bühne. Wenn ich sehe, dass meine Tochter das BGZ in Pilsen erfolgreich führt, sehe ich meinen Teil der Verpflichtung gegenüber den Vorfahren erfüllt.“ Auch Terezie Jindřichová blickt hoffnungsvoll in die Zukunft des BGZ in Pilsen: „Man kann natürlich immer mehr machen. Wir brauchen auch mehr junge Leute. Die Zusammenarbeit mit dem Kindergarten schafft eine Perspektive für die Zukunft. Es wird auf jeden Fall weitergehen. Obwohl viele im BGZ schon älter sind, sind sie noch sehr aktiv und unternehmen viel.“
Neugierig geworden? Mehr über das BGZ und die deutsche Minderheit in Pilsen erfahren Sie in der Broschüre „Begegnungen. Die deutsche Minderheit in Tschechien“, erhältlich in den BGZ oder zum kostenlosen Download auf der Webseite der Landesversammlung: www.landesversammlung.cz