Gemälde „Kirchgang im Egerland“ aus 1951 von Toni Schönecker. Foto: Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz
Gemälde „Kirchgang im Egerland“ aus 1951 von Toni Schönecker. Foto: Egerländer Kunstgalerie Marktredwitz

Der gemeinsame Kirchgang am Sonntag mit der ganzen Familie war ein verbreitetes Ritual auch im Egerland. Menschen kleideten sich vornehm und folgten dem strikten Ablauf des Tages. Das Gefühl von Heimat, Struktur und Glauben versuchte der Künstler Toni Schönecker in einem Aquarellbild einzufangen.

Mit dem Bild „Kirchgang im Egerland“ schuf Toni Schönecker aus Falkenau (Sokolov) ein typisches Bild für sein Lebenswerk. In dem Aquarell verlieh der Künstler seinen Figuren einen individuellen Ausdruck und stellte Beziehungen zwischen den einzelnen Personen dar. Das Gemälde zeigt die Volksfrömmigkeit, wie sie in ländlichen Regionen existierte, die sehr stark an bestimmte Traditionen gebunden waren: an Wallfahrten, Umzüge und Feste.

Der sonntägliche Besuch des Gottesdienstes mit der ganzen Familie, gemeinsam mit Jung und Alt war von besonderer Bedeutung. Die Rituale im Egerland prägten den wöchentlichen und jährlichen Ablauf des Lebens. Zum Gottesdienstbesuch gehörte auch das „Gemeinsam-Zur-Kirche-Gehen“. Die gesamte Familie, in die früher auch Mägde und Knechte mit einbezogen waren, ging vom Haus aus zusammen zur Kirche und bereitete sich auf den Gottesdienst vor. 

Entlang der Strecke kamen sie nach kurzem Verweilen vor einem Kreuz am Weg zu Besinnung und Gebet. Zur Kirche gingen die Gläubigen auf dem zugehörigen Kirchweg, der häufig abseits der Straßen durch die Landschaft führte und zur Besinnung einlud. So bereiteten sich die Besucher des Gottesdienstes innerlich vor. Außenstehende erkannten den Kirchgang an der festlichen Kleidung, dem Sonntagsgewand.

Der Künstler wählte für sein Gemälde den Abschluss dieses Rituals: den Eintritt in den Friedhof. Er war um die Kirche herum angelegt und mit einem Gittertor verschlossen. Dort gedachten die Familien auf dem Weg zur Kirche der Toten aus der Gemeinde und nahmen sie symbolisch mit in den Gottesdienst. Es gelang Toni Schönecker, das Wesentliche einzufangen: die Innerlichkeit und Gläubigkeit der Meschen, die Familiengemeinschaft und die Festlichkeit der Gewänder im Stil der heimatlichen Tracht. So wird das Werk zu einem Andachtsbild.

Toni Schönecker wurde 1893 in Falkenau an der Eger geboren. Er machte eine Ausbildung zum Fotografen und arbeitete in der grafischen Lehr- und Versuchsanstalt Wien. Nach dem Ersten Weltkrieg besuchte er die Akademie der bildenden Künste in München. Er war sehr vielseitig und versuchte sich an fast allen Grafik-Techniken. 1924 kehrte er nach Falkenau zurück und arbeitete als freischaffender Künstler. Die ländliche Heimat war sein Thema mit Tracht, Fachwerkbau und bäuerlichen Menschen. „Was Josef Hofmann in Wort und Lichtbild von der Wesensart der Egerländer und ihrem Brauchtum überliefert, hat Toni Schönecker als Maler und Grafiker erwandert und im Bild festgehalten“, schrieb Josef Weitzer, ein Egerländer Mundartdichter. An Gebäuden in seiner alten Heimat malte er bereits Wandbilder.

Nach der Vertreibung der Deutschen lebte Schönecker zuerst in Mittenwald, später in Wangen im Allgäu. Dort entwarf er größere Darstellungen in Form von Sgraffiti an öffentlichen Gebäuden. Er erhielt außerdem den Kulturpreis des Bayerischen Nordgautages. In den Jahren 1972/1973 entstand der „Egerländer Bilderbogen“ an der Wand des Eingangs zur Kunstgalerie im Kulturhaus in Marktredwitz. Es war sein letztes großes Wandgemälde mit historischen Symbolen in Bezug zum Egerland. Toni Schönecker starb 1979 in Wangen. Das Werk „Kirchgang im Egerland“ ist eine Stiftung des Künstlers.

Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 6/2024

Das neue LandesEcho 6/2024 ist da!

Tschechiens Sieg bei der Eishockey-WM, zweisprachiger Unterricht an tschechischen Grundschulen, der 74. Sudetendeutsche Tag in Augsburg, eine späte Ehrung für Otfried Preußler und vieles mehr gehört zu unseren Themen in der neuen Juni-Ausgabe des LandesEcho.

Mehr…

Werden Sie noch heute LandesECHO-Leser.

Mit einem Abo des LandesECHO sind Sie immer auf dem Laufenden, was sich in den deutsch-tschechischen Beziehungen tut - in Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur. Sie unterstützen eine unabhängige, nichtkommerzielle und meinungsfreudige Zeitschrift. Außerdem erfahren Sie mehr über die deutsche Minderheit, ihre Geschichte und ihr Leben in der Tschechischen Republik. Für weitere Informationen klicken Sie hier.