Anfang Oktober fand in Schlackenwerth (Ostrov) das VIII. Internationale Historische Symposium statt. Besucherinnen und Besucher lernten einiges über die deutsche Vergangenheit des Orts.

Ein schön renoviertes Schloss, eine hübsche kleine Altstadt mit einer viel größeren „Sorela“-Mustersiedlung nebenan, großartige Konditoreien: Dies ist ein Bericht vom jährlichen historischen Symposium in Schlackenwerth (Ostrov), wenige Kilometer nördlich von Karlsbad (Karlovy Vary), am 11. und 12. Oktober 2025. 

Schlackenwerths Adelsfamilien

„Sorela“ steht in Tschechien für Sozialistischen Realismus, aber von der riesigen rasterförmigen Plattenbausiedlung sieht man auf dem schönen alten Hauptplatz mit Blumenschmuck und kurzen Wegen vom alten Rathaus zu Schloss, Park und Kloster nichts. In Schlackenwerth waren einst Herzöge des Hauses Sachsen-Lauenburg ansässig, eine Belohnung für die Unterstützung des Kaiserhauses im Dreißigjährigen Krieg. Zwei Schwestern waren die letzten Vertreterinnen der Dynastie, Franziska Sybilla Augusta hatte den Markgrafen von Baden-Baden geheiratet, Anna Maria Franziska den letzten Medici. Davor hatte die Gegend der weit verzweigten Dynastie der Schlicks gehört, die auch das nicht weit entfernte Joachimsthal (Jáchymov) durch Silberbergbau reich gemacht hatten. Nach dem Aussterben der Medici erbten die Habsburger die Toskana, und nachdem dieser Zweig der Familie durch die Wiedervereinigung Italiens das Land verlassen musste, landete man – in Schlackenwerth. Es bedarf einiger Lektüre und Vorinformation, um die einzelnen Geschichtsstränge auseinander zu halten, vor allem, was die Veranstaltung betraf, um den sehr detaillierten Ausführungen der Expertinnen und Experten aus Tschechien, Deutschland und Österreich folgen zu können.

Das diesjährige Symposium in Schlackenwerth fand unter dem Motto„Das sächsisch-lauenburger Erbe und Markgräfin Sibylla Augusta von Baden /Wichtige Jubiläen der Stadt Ostrow“ statt.
Das diesjährige Symposium in Schlackenwerth fand unter dem Motto „Das sächsisch-lauenburger Erbe und Markgräfin Sibylla Augusta von Baden / Wichtige Jubiläen der Stadt Ostrow“ statt. Credit: GK

Gedenktafel-Einweihung durch Georg Habsburg-Lothringen

Das zweitägige Programm war sehr dicht und reichte von der Geschichte einzelner Protagonistinnen und Protagonisten über Baugeschichte und Parallelen in der architektonischen Ikonographie zwischen Schlackenwerth und Ettlingen, dem Sitz der Baden-Badener Markgrafen, bis zur Gründung des Klosters und mehrerer Sakralbauten sowie der damals barocken Gartengestaltung mit seinen elaboraten Wasserspielen. Auch die Geschichte des letzten Habsburgers in Schlackenwerth, der seines Adels entsagt hatte und Bürgermeister der Stadt geworden war, wurde thematisiert. Dazu wurde am alten Rathaus eine Gedenktafel angebracht, die von Georg Habsburg-Lothringen enthüllt wurde, nicht dem ungarischen Botschafter in Paris, sondern dem viel älteren Namensvetter und Nachfahren des Bürgermeisters, aus Salzburg, Ehrengast der Veranstaltung.

Deutsche Vergangenheit unübersehbar

Da die Dokumente und Artefakte in den begleitenden Ausstellungen auf Deutsch verfasst sind bzw. deutsche Aufschriften tragen, ist es naheliegend, dass zahlreiche erläuternde Texte, Webseiten, Broschüren auch auf Deutsch vorliegen. Dass die sehr interessante Ausstellung im alten Rathaus, zum toskanischen Zweig der Habsburger nur tschechische Texte aufweist, ist allerdings weniger verständlich. Dennoch ist die deutsche Vergangenheit der Gegend unleugbar. Die Organisatorin des Symposiums und viele andere Beteiligte sprechen fließend Deutsch und die Aufarbeitung der Geschichte, sowohl die Vorkriegs- und Kriegsereignisse rund um die Besetzung des Sudetenlandes wie auch die teils extrem gewaltsame Vertreibung, werden thematisiert, die Tagungsbände sind zweisprachig. Es geschieht also tatsächlich viel, um die einstige Polarisierung zwischen den Volksgruppen einer bereits seit Jahren und Jahrzehnten bemühten Versöhnung weichen zu lassen, es gibt keine Ressentiments mehr, im Gegenteil. Man bekommt effektiv das Gefühl, die Tschechinnen und Tschechen betrachten dieses Erbe auch als ihr eigenes.

„Mir redn do olle Deitsch“

Ein kurzer Ausflug in den kleinen Ort Abertham (Abertamy) im nahen Erzgebirge und der Besuch der hübschen Kirche bringen eine Überraschung. Im Gespräch mit dem Pfarrer und anderen Anwesenden meint auf die Frage nach Spuren der deutschen Sprache eine ältere Dame mit einem breiten Lächeln „mir redn do olle Deitsch“ und plaudert munter ohne Fehler und Akzent weiter. Die Gedenktafel an der Kirche mit den Namen der Sponsoren der Renovierung ist genauso deutschsprachig wie auch diverse alte Aufschriften in der Umgebung und die Bezeichnung der Bilder des Kreuzweges in der Kirche, die die Kommunisten zwar übermalt, die Bevölkerung nach der Wende jedoch wieder originalgetreu hatte anbringen lassen. Übrigens: Die Vizebürgermeisterin von Joachimsthal, als Mitsponsorin des Symposiums, spricht so gut Deutsch, dass sie der Verfasser dieser Zeilen für eine Deutsche gehalten hatte. Auf dessen Frage meinte sie: „Wir sind doch hier im Grenzgebiet, das ist doch ganz normal.“ Ich bin mir dessen zwar nicht so sicher, aber vielleicht wird es ja wieder…

Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 11/2025

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