Was verbinden die deutschen Minderheiten in Mittel- und Osteuropa, oder in Zentralasien mit der Weihnachtszeit? Die LandesEcho Redaktion hat bei Angehörigen der deutschen Minderheit in Polen, Rumänien, in der Slowakei und in Kasachstan nachgefragt. Im letzten Teil unserer Weihnachtsreihe „Ein Blick über den Plätzchentellerrand“ kehren wir zurück nach Tschechien –zu Irene Kunc vom BGZ Mährisch Trübau.
Der Winter war für die Kinder der armen Leute und für die armen Leute selbst eine harte Zeit. Das Weihnachtsfest war das schönste Familienfest des ganzen Jahres. Gewöhnlich war geschlachtet worden. Besonders dann, wenn nicht genug Gänse und Enten für den Festbraten vorhanden waren, wurden Kuchen und Christ- bzw. Weihnachtsstriezel gebacken. Beim Einbruch der Dunkelheit räucherte die Bäuerin mit Wermut und Kümmel die Ställe aus und besprengte die Tiere mit Weihwasser.
An Alle wurde Weihnachten gedacht
Den Tieren im Stall wurde an diesem Tage auch ein besseres Futter und dazu das „Leck“, bestehend aus Hafer, Kleie und Salz, unter welche Gaben Äpfel und Nüsse geschnitten wurden, gegeben. Die Pferde bekamen am Abend nach dem Füttern noch eine volle Hafergarbe in die Krippe gelegt. Selbst die Bäume fütterten die Bauern.
Dabei sagten sie im Egerland:
„Bam, Bam, weanst ma neat so viel Birn gist, wos i Har am Kopf hob, so drossel´i di o!“
Im Kreis Dauba (Dubá) lud der Hausvater am Heiligen Abend die Bäume mit den Worten „Bäumlein, kommt olle rein, aßt olle mit! Aßt, doß r strutt/ strotzt/, trogt, doßr euch biegt!“ zum Christmahle ein.
Im Adlergebirge und im Kuhländchen versuchten die Bauern in der Heiligen Nacht die Obstbäume zu erwärmen, indem sie die Stämme mit Strohseilen umwanden und dadurch auf einen reicheren Ertrag hofften.
Auch an das Wasser und an den Wind dachten die Leute in der Heiligen Nacht. Das geschah auch im Schönhengstgau beim Gang in die Metten. Wenn die Leute zum Kirchgang vor das Haus traten, warfen sie eine Handvoll Brotkrümel in die Luft und sagten: „Herr Wind, Herr Wind, ich gab dr Brut, doß ta mr uf´s Johr nix Arges tust.“
Weihnachten ohne Fleisch
Am Heiligen Abend war nur die einmalige Sättigung erlaubt. Diese geschah durch das Nachtmahl, das überall in der Auswahl der Speisen seine Besonderheit zeigte. Eigentlich sollte das Christmahl aus neunerlei, im Adlergebirge aus sieben- oder zwölferlei Speisen bestehen. Fleisch aber durfte nicht gereicht werden, da der Heilige Abend nach dem Gebot der Kirche ein strenger Fasttag war.
Irene Kunc ist die Leiterin des deutsch-tschechischen Begegnungszentrums in Mährisch-Trübau (Moravská Třebová) im Schönhengstgau.
Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 12/2024
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