Die sozialdemokratische Partei Tschechiens SOCDEM (ehemals ČSSD) hat am Wochenende einen neuen Parteivorstand gewählt: Jana Maláčová folgt auf Michal Šmarda, der von einer verpassten Chance während seiner Amtszeit spricht. Seine Nachfolgerin möchte die Partei wieder zurück ins Abgeordnetenhaus führen. 

Die tschechischen Sozialdemokraten stellen sich für die nächsten Wahlen zum Abgeordnetenhaus im Herbst 2025 auf: Die ehemalige Arbeits- und Sozialministerin Jana Maláčová möchte an der Spitze des kommenden Wahlkampfes stehen und wurde beim Parteitag in Königgrätz (Hradec Králové) am vergangenen Samstag mit 66 Prozent der Stimmen zur neuen Parteivorsitzenden gewählt. Gegenüber dem Tschechischen Rundfunk sagte Maláčová: “Die Sozialdemokratie hat im Moment, wie jeder weiß, nur eine Wählerunterstützung von zwei Prozent. In den nächsten Wochen und Monaten werde ich mich darum kümmern, die Partei wieder auf die Beine zu stellen.“ Ihr Vorgänger Michal Šmarda drückte sein Bedauern darüber aus, dass er die Partei während seiner Amtszeit nicht aus der Krise führen konnte: “Wir haben die Chance nicht genutzt, eine neue Marke, neue Gedanken, neue Gesichter sowie einen neuen Stil durchzusetzen.”

Zusammenarbeit mit Linksbündnis?

Für Maláčová wird es auch darum gehen, politische Verbündete zu finden. Dabei will sie eine breite linke Koalition aufbauen, die sich an der französischen „Neuen Volksfront“ (NFP) orientiert. Unter anderem Jiří Dienstbier, Sohn des ehemaligen tschechischen Außenministers Dienstbier, der ebenso zur Wahl stand, vermutet, dass sie sich mit dem bestehenden, im vergangenen Dezember von den Kommunisten gegründeten Bündnis „Stačilo!“ (Es reicht!) zusammentun wird. 

Die Vorsitzende der Kommunistischen Partei, Kateřina Konečná, gratulierte Maláčová direkt zum Wahlsieg. Damit erscheint eine Zusammenarbeit der beiden Parteien innerhalb des Linksbündnisses als wahrscheinlich. Bezüglich eines Treffens mit Konečná sagte Maláčová gegenüber dem Tschechischen Rundfunk: „Wir werden sehen. Ich schließe dies nicht aus, bestätige es aber auch nicht. Sicherlich wird es dazu kommen. Es ist aber nicht Aufgabe Nummer eins.“

Sozialdemokratie in der Krise

Die Partei ist die älteste Tschechiens aber steckt seit Jahren in der Krise. 2021 ist sie mit 4,75 Prozent knapp an der 5-Prozent-Hürde bei der Parlamentswahl gescheitert und war damit das erste Mal seit ihrer Gründung nicht im Abgeordnetenhaus vertreten. Bis 2021 waren die Sozialdemokraten noch als Juniorpartner an der Regierungskoalition unter ANO beteiligt. Im Juni 2023 hatte sich die Partei zu einem Namens- und daraus resultierenden Imagewechsel durchgerungen. Sie wollte moderner erscheinen und damit wieder ein größeres Wählerklientel ansprechen. Doch auch bei der diesjährigen Europawahl hatte sie mit nur 1,86 Prozent der Stimmen wenig Erfolg und zog nicht ins Parlament ein.

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