Vergangenen Sonntag ernannte Präsident Miloš Zeman Petr Fiala (ODS) zum neuen tschechischen Premierminister. Doch wer ist Petr Fiala?
Petr Fiala stammt aus einer traditionellen bürgerlichen mährischen Familie und wurde am 1. September 1964 in Brünn (Brno) geboren. Petr Fialas Familie väterlicherseits, darunter auch Fialas Vater Igor, war 1944 aufgrund der jüdischen Herkunft in Konzentrationslager verschleppt worden. Nach dem Krieg trat Fialas Vater zunächst in die Kommunistische Partei ein, die er 1956 nach dem Ungarischen Volksaufstand wieder verließ. Daraufhin konnte er nur noch als einfacher Arbeiter tätig sein. Fialas Mutter Zdenka war Büroangestellte.
Aufgewachsen ist Petr Fiala ebenfalls in Brünn, wo er zunächst Bohemistik und Geschichte studierte. 1989 promovierte er als Historiker an der Masaryk-Universität (MU). Kurzzeitig arbeitete er als Journalist bei der Tageszeitung „Lidová demokracie“. Nach seinem Ausscheiden aus der Redaktion dieser Zeitung war er ab April 1990 stellvertretender Chefredakteur der „Revue Proglas“. Ab 1990 beteiligte er sich am Aufbau des Fachs Politikwissenschaften und gründete zusammen mit Vladimír Čermák die Abteilung für Politikwissenschaft an der philosophischen Fakultät der MU. Nach der Gründung des Instituts wurde er drei Jahre später zum Abteilungsleiter.
Fiala promovierte nochmals 1996 im Fach Politikwissenschaften an der Karls-Universität Prag. 2002 wurde er zum ersten Professor für Politikwissenschaft in der Tschechischen Republik.
Seit 1992 ist Fiala mit der Biologin und Epidemiologin Jana Fialová verheiratet, die er während der Samtenen Revolution kennenlernte. Gemeinsam haben sie drei Kinder.
Politischer Werdegang
Seit 2014 ist Fiala Parteivorsitzender der liberal-konservativen bürgerdemokratischen Partei (ODS: „Občanská demokratická strana“), doch seine politische Karriere begann bereits 2012.
Nach dem Rücktritt von Bildungsminister Josef Dobeš folgte Fiala diesem im Mai 2012 im Amt und gehörte damit als parteiloser Minister bis Juli 2013 dem Kabinett von Petr Nečas an. Nach Nečas´ Rücktritt lehnte Fiala eine Beteiligung im Kabinett von Jiří Rusnok ab, da er mit der eigenmächtigen Ernennung der Regierung durch Präsident Miloš Zeman nicht einverstanden war. Im Oktober 2013 wurde Fiala als Listenerster der ODS Südmähren ins Abgeordnetenhaus gewählt und trat einen Monat später schließlich in die ODS ein. Im Januar 2014 wurde er zum Parteivorsitzenden gewählt.
Bei den Abgeordnetenhauswahlen im Oktober 2021 trat Fiala als Spitzkandidat des aus ODS, TOP 09 und KDU-ČSL bestehenden Parteienbündnisses SPOLU an, welches nach den Wahlen knapp vor Amtsinhaber Andrej Babiš mit seiner ANO-Partei lag. Fiala nahm anschließend Verhandlungen über eine neue Regierung mit der Koalition aus Piraten und STAN auf. Anfang November unterzeichneten Fiala sowie die Vorsitzenden der vier weiteren Parteien den Koalitionsvertrag.
Am Sonntag, den 29. November 2021, ernannte Miloš Zeman Fiala im Schloss Lány zum neuen Premierminister der Tschechischen Republik.
Ansichten
Fialas politische Standpunkte sind im konservativen bis rechtskonservativen Spektrum einzuordnen. Im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 rief Fiala zu einem militärischen Eingreifen im Nahen Osten auf. Fiala zeigte sich auch kritisch gegenüber der Migrationspolitik der EU und lehnte eventuelle Quoten zur Verteilung von Geflüchteten auf die EU-Staaten ab.
Fiala ist gegen die Einführung der „Ehe für alle“ in Tschechien. In seinem Buch „Von A bis Z“ schrieb er, dass niemand wollen könne, dass Menschen gleichen Geschlechts eine Ehe eingehen und eine Familie gründen, die der „natürlichen“ gleichkomme.
Außenpolitisch unterstützt Fiala Israel und dessen Politik. So kritisierte er im Mai 2020 den damaligen Außenminister Tomáš Petříček, Kulturminister Lubomír Zaorálek sowie den ehemaligen Außenminister Karel Schwarzenberg für deren gemeinsame Erklärung, in der sie Israels mögliche Annexion jüdischer Siedlungen im Westjordanland verurteilten. Fiala war 2018 gegen einen Abzug tschechischer Soldaten aus Afghanistan, man könne nicht vor dem Kampf flüchten. Zudem zeigte er sich wiederholt kritisch gegenüber Russland oder China und lehnte etwa eine Beteiligung von Firmen aus diesen Ländern am geplanten Reaktorbau in Dukovany ab.
2019 begrüßte Fiala den Wahlsieg der rechtskonservativen PiS in Polen und erinnerte an die Zusammenarbeit in der gemeinsamen Fraktion im Europäischen Parlament.
Als Bundeskanzlerin Angela Merkel 2018 die Vertreibung der Deutschen aus der ehemaligen Tschechoslowakei sowie aus weiteren Gebieten im östlichen Europa als unmoralisch und politisch nicht gerechtfertigt bezeichnete, erwiderte dies Fiala mit den Worten, dass das „Herausholen von Dingen aus der Vergangenheit und deren einseitige Interpretation entschieden nicht dabei hilft, die gegenseitigen Beziehungen zu weiterzuentwickeln“.
Vor den Abgeordnetenhauswahlen zeigte sich Fiala kritisch gegenüber dem „Green New Deal“ der Europäischen Kommission, welcher vorsieht, bis 2050 als erster Kontinent klimaneutral zu werden. Im Frühjahr 2021 räumte er aber ein, dass der „Green New Deal“ bereits Realität sei. „Wir müssen jetzt die Chance nutzen, mit Investitionen in die nachhaltige Entwicklung, erneuerbare Energien und die zirkuläre Wirtschaftsweise zu investieren, um die tschechische Wirtschaft zu mordernisieren und die Lebensqualität zu verbessern.“