Die T.G. Masaryk-Brücke führt in Kralupy (Kralup an der Moldau) bei Prag über die Moldau. Der Staatspräsident selbst nutzte diese, nach seinem Tod wurde sie allerdings zum Spielball der Politik.
Die aus rohem Stahlbeton kühn konstruierten und ineinander verschachtelten Quader erinnern fast – aber nur fast – an den sozialistischen Brutalismus der 1960er und 1970er Jahre. Aber irgendwie ist das Ganze eleganter und leichter. Und es ist auch kein Relikt kommunistischer Architektur.
Die Rede ist von der T.G. Masaryk-Brücke (silniční most T. G. Masaryka) in Kralupy, einer kleinen Stadt wenige Kilometer nördlich von Prag. Die für den Straßenverkehr konzipierte Brücke, die über die Moldau führt, ist ein Stück Avantgarde-Architektur der Ersten Republik. Sie wurde in den Jahren 1926 bis 1928 von den Architekten Jiří Kroha und Jarolím Farský erbaut, die schon 1923 mit den Planungen angefangen hatten. Die Brücke sollte die Modernität der Republik und der Politik des Namensgebers, des damaligen Staatspräsidenten Tomáš Garrigue Masaryk, repräsentieren. Deshalb sollte das Bauwerk in einem hypermodernen Stil gehalten sein. Tatsächlich handelt es sich um eine der ersten Brücken des Landes, die in einem von konstruktivistischer Ästhetik geprägten Funktionalismus gestaltet wurden.
Der Bau der Brücke begann 1926. Foto: Detmar Doering
Eine architektonische Perle
Die Brücke besteht aus drei elegant geschwungenen Rippenbögen, von denen je zwei über rund 60 Meter über Land gespannt sind. Der mittlere Bogen ist über 80 Meter lang und führt ohne Unterbrechung über den Fluss. Auch das war damals eine technische Neuerung ersten Ranges, dass man eine Brücke dieser Größe ohne Säule oder Pfeiler im Flussbett konstruieren konnte. Über den drei Bögen ist ein monolithisches Brückendeck mit der Fahrbahn gelegt. Die Breite zwischen den Geländern beträgt 10,5 Meter.
Am linken Ufer der Brücke wurde beim Bau der Brücke ein Relief mit dem Stadtwappen von Kralupy und vor allem eines mit dem Portrait von Präsident Masaryk angebracht. Beide wurden von dem akademischen Bildhauer Josef Novák entworfen. Wo wir gerade bei Masaryk sind: Masaryk selbst schätzte die nach ihm benannte Brücke übrigens sehr und fuhr mehrmals mit dem Auto darüber hinweg – das letzte Mal am 9. April 1937, nur sechs Monate vor seinem Tod. Als sie eröffnet wurde, mussten Autofahrer, die sie überqueren wollten, dafür eine Maut zahlen. Das Mauthäuschen auf der linken Uferseite kann man noch sehen. Heute befindet sich aber ein Kiosk darinnen
Masaryk selbst nutzte seine Brücke. Foto: Detmar Doering
Eine Brücke im Fokus der Politik
Die Nazis, die mit der Republik und Masaryk nichts am Hut hatten, entfernten das Relief 1940. Nach der Wiederherstellung der Republik 1945 wurde es wieder angebracht, nur um Anfang der 1950er Jahre wieder entfernt zu werden, diesmal von den Kommunisten. Bei der Gelegenheit wurde auch die Brücke in Brücke der Befreiung (Most osvobození) umbenannt, womit man der Befreiung durch die Rote Armee 1945 gedenken wollte. Als der Kommunismus verschwand, wurde die Brücke wieder umbenannt und Masaryks Portrait wieder angebracht.
Autos verdrängten die Fußgänger
Da heute kein Brückenzoll mehr erhoben wird, herrscht freie Fahrt auf der Brücke. Deshalb ist sie auch recht dicht befahren. Irgendwann wurde sie dadurch unattraktiv für Fußgänger und Radfahrer. Deshalb wurde 1996 nur wenige Meter flussabwärts eine 208 Meter lange und fünf Meter breite Fußgängerbrücke gebaut, die gerne genutzt wird, wenngleich sie nicht so ästhetisch ungewöhnlich und beeindruckend ist wie die alte Masaryk-Brücke. Die kann man aber von der neuen Brücke aus gut besichtigen.
Ahoj aus Prag! Seit September 2016 leben wir berufsbedingt in Prag. Wir – eigentlich Rheinländer – haben sie schon voll in unser Herz geschlossen, diese Stadt! Deshalb dieser Blog, in dem wir Fotos und Kurzberichte über das posten, was diese Stadt so zu bieten hat und was wir so erleben. Wir, das sind:
Lieselotte Stockhausen-Doering und Detmar Doering
… und unser Hund Lady Edith! Wer sich in Prag einmal umschauen möchte, wird auf diesem Blog nach einiger Zeit sicher Interessantes finden, was nicht jeder zu sehen bekommt, der die Stadt besucht. Viel Spaß beim Lesen!