Sommerzeit ist Reisezeit. Und wer weiß, ob nicht auch der Böhmerwald mit seiner wunderschönen Natur, vielen historischen Städten, geheimnisvollen Sagen und Märchen ein Wanderziel für manche von uns wird?
Die Teufelsmauer
Den Teufel verdross das Stift Hohenfurt (Vyšší Brod) sehr. Wenn die frommen Glocken läuteten, taten ihm die Hörner am Schädel weh. Die Mönche wollte er ersäufen wie die Ratzen. Zur Nacht sollten darum seine Gesellen in der Schlucht oberhalb des Klosters mit einer Mauer die Moldau schwellen. Sie warfen mächtige Felsbrocken übereinander, weit von den Gipfeln des Böhmerwaldes brachten sie die Steine daher. Der höllische Meister lümmelte auf einer Kanzel und hetzte sein Volk an und schleuderte zeitweise selber einen riesigen Felsen in den Fluss. Gegen die Frühe krähte irgendwo ein Hahn. Der Teufel lachte: „Schwarzer Hahn, da liegt mir nix dran!“ Nach einer Weile meldete sich ein zweiter Hahn. Auch der irrte den Teufel nicht. „Roter Hahn, toter Hahn!“, sagte er und trieb seine Scharwerker an. Schier wäre ihm sein Anschlag gelungen. Da krähte es gegen das Morgenrot zum dritten Mal. Jetzt knirschte der Böse: „Weißer Hahn, ich muss davon!“, und er brauste mit seinen Helfershelfern über die Wälder fort. Tags darauf kam ein hohes Wasser daher, das zerriss die Mauer. Heute noch sperrt das wilde Blockwerk den Fluss, und auf der Teufelskanzel ist der Fuß des Satans allweil noch eingedrückt.
Der Teichherr
Wo heute Kuschwarda (Strážný) liegt, war zu Urwaldszeiten der Ort Bärenloch. Dort war ein langer fester Damm gebaut, der hielt die schädlichen Wetterwasser an, dass sie das Land nicht verwüsteten. Über den Damm war ein Teichherr gesetzt, der hauste droben auf dem Turm Kunzwart (Kunžvart). Der Teichherr aber hielt es mit den argen Rittern der Burgen Gans (Hus) und Tusset (Stožec) und raubte die Säumer aus, die den Goldenen Steig zogen, und versteckte den Raub in den Klüften und Klunsen des Steinberges (Kamenec) und kümmerte sich keinen Pfifferling um Damm und Teich. Aber einmal löste sich ein schweres Wetter, und weil der Teichherr die kleinen Wasserwehren und Weiher im Gebirg nicht rechtzeitig genug sperren ließ, so schwoll der Teich an und der Damm zerriss. Da wurde das ganze Böhmerland furchtbar überschwemmt bis Prag hinab, Leute und Vieh ertranken. Den Flecken Bärenloch nahm das Wasser mit und die Kirche versank. Die Bärenlocher retteten sich auf den Steinberg. Da ritt der Teichherr mit seinen Spießgesellen daher und sperrte die armen Leute in ein großes hölzernes Haus und zündete es an. Sie mussten alle verbrennen, die von seiner Schuld wussten. Er selber ließ seinem Ross die Eisen verkehrt aufnageln, dass ihn keine Spur verrate, und floh. Aber sie fassten ihn doch, und in Prag schlugen sie ihm den Schädel ab. Wenn ein Unglück über Kuschwarda kommen soll, hört man tief in der Erde drin die versunkene Kirche läuten.
Ruine der Burg Gans (Hus). Foto: Wikimedia Commons/ Peku (CC BY-SA 3.0)
Der Grünhuterer
Der Grünhuterer in Krummau (Krumlov) hatte ehemals keinen schwarzen Groschen im Beutel, und auf einmal stand er als reicher Mann da, und wusste sich vor lauter Geld nicht zu helfen, Häuser und Höfe kaufte er zusammen, und nichts war ihm zu teuer, er hätte die ganze Moldau bis zu ihren Wurzeln kaufen können. Aber wie der Grünhuterer alt und grau wurde, da stöhnte er alle Nacht im Schlaf: „Nur heut noch nit, nur heut noch nit! Morgen!“ Und so wimmerte er Nacht für Nacht und weckte damit allweil wieder seine Frau auf, bis ihr angst und bang um ihn wurde. Da redete sie ihm so lange zu, bis er ihr eingestand, er habe dem Teufel seine Seele um Geld und Gut verschrieben, und jetzt sei der Teufel ungeduldig und verlange die Seele und deute nachts allweil auf die Unterschrift des Grünhuterers. In ihrem Kummer suchte jetzt die Frau den Krummauer Prälaten auf, und der Prälat beschwor den Teufel, und gleich kam der Schwarze daher, in den Händen einen Brief mit blutiger Unterschrift. Aber die Unterschrift gehörte einem andern Bürger aus Krummau. Da musste der Teufel auch die andere Schrift holen, der Prälat zerriss sie, und so entrannen die zwei Männer dem ewigen Verderben.
Quelle: Die Böhmerwäldler Sagen (Hans Watzlik, 1952)