Die Ausstellung „Grenze ist nur ein Wort – Wir sind sousedé / My jsme Nachbarn“ im Museum des tschechischen Puppenspiels und Zirkus in Prachatitz (Prachatice) widmet sich einer Ausnahmesituation im deutsch-tschechischen Grenzgebiet: Dem Zeitraum der (ersten) Schließung der deutsch-tschechischen Grenze zu Beginn der Coronakrise im März letzten Jahres.
Als im Frühjahr 2020 die deutsch-tschechische Grenze kurzfristig von tschechischer Seite aus geschlossen wurde, waren die unmittelbarsten Leidtragenden die Bewohner des Grenzgebiets. Die Schließung der Grenze bedeutete für jene einen brutalen Einschnitt in ihr alltägliches Leben, in welchem die Grenze als solche kaum noch eine Rolle gespielt hatte. Das änderte sich schlagartig im Zuge der Corona-Pandemie. Eine neue Ausstellung im Museum des tschechischen Puppenspiels und Zirkus (Muzeum české loutky a cirkusu) im südböhmischen Prachatitz zeichnet nun die Protestaktionen an der Grenze zum Zeitpunkt ihrer Schließung nach.
Samstage für Nachbarschaft
Einen Schwerpunkt der Ausstellung bildet die Fotodokumentation der „Samstage für Nachbarschaft“: Ende April 2020 kam der Aussiger Germanist Jan Kvapil, den die Grenzschließung empörte, auf die Idee, „an der Grenze spazieren zu gehen“. Daraufhin gründeten der Tscheche Kvapil und sein deutscher Freund Stephan Messner die Facebook-Gruppe „Soboty pro sousedství – Samstage für Nachbarschaft – Soboty dla sąsiedztwa“, die im Laufe der Zeit über 1.700 Mitglieder dazugewann. Die deutsch-tschechisch-polnische Initiative organisierte gemeinsame Grenzspaziergänge und „Grenzpicknicks“ als friedliche Protestaktionen an insgesamt 18 Orten der grünen Grenze zwischen Tschechien und Sachsen, Bayern, Österreich sowie Polen. Der „Samstag für Nachbarschaft“ am 13. Juni wurde zu einer Feier der Grenzöffnung.
Die Grenzschließung bedeutete für viele Menschen im Grenzgebiet einen brutalen Einschnitt in ihr alltägliches Leben. Foto: Archiv Václav Bernard
Bilder der Grenzüberwindung
Der Kuratorin der Ausstellung Lenka Šaldová gelang es, fast 1.500 Fotografien von den Teilnehmenden der „Samstage für Nachbarschaft“ zusammenzutragen. Die Fotos bilden allem voran die Geschichten der Menschen ab, die von der Grenzschließung schmerzlich berührt wurden, und zeigen auf, mit welchen symbolischen Gesten jene sich über die schwere Zeit hinweg gegenseitig unterstützten: Da gab es handbemalte Banner mit Botschaften an Nachbarn, symbolische Papierblumen der Nachbarschaft, Fahnen oder riesige Holzhände, die Leute aus der Ferne schütteln konnten… Einer der aktiven Organisatoren derartiger Veranstaltungen im Grenzgebiet war der „Klub Tschechisch-Deutsche Partnerschaft“ (Klub česko–německého partnerství). Auch ihm widmet sich die Ausstellung und veranschaulicht, wie sich der Klub an der Entwicklung grenzüberschreitender Kontakte beteiligte.
Bilder der Grenzüberwindung: Riesige Holzhände über die Grenze hinweg. Foto: Iva Ellrodt
Gemeinsames Europa
Mit der Ausstellung möchten die Veranstalter daran erinnern, „dass wir in einem gemeinsamen europäischen Raum leben und dass insbesondere Grenzgebiete so miteinander verbunden sind, dass Grenzen für die hier lebenden Menschen völlig wegfallen.“ Dass dies ein nach wie vor relevantes Thema ist, beweist auch die Tatsache, dass der deutsche Botschafter in Prag, Christoph Israng, die Schirmherrschaft über die Ausstellung übernahm. Israng hatte außerdem der Initiative „Samstage der Nachbarschaft“mehrfach seine Unterstützung ausgesprochen. Und damit das Thema auch noch über die Ausstellungsdauer hinaus in Erinnerung bleibt, wurde zur Ausstellung eine umfangreiche Begleitpublikation erstellt.
Die Ausstellung „Grenze ist nur ein Wort – Wir sind sousedé / My jsme Nachbarn“ ist offiziell am 02.05.2021 angelaufen und läuft bis 28.11.2021. Das „Museum des tschechischen Puppenspiels und Zirkus“ (Muzeum české loutky a cirkusu) öffnet pandemiebedingt erst am 15. Juni. Mehr erfahren Sie auf der Webseite des Nationalmuseums.