Die Grenzkontrollen sind weg, Tschechien ist kein Hochinzidenzgebiet mehr. Darf man also wieder über die Grenze fahren?
Seit zwei Wochen gibt es keine Grenzkontrollen mehr zu Tschechien. Außerdem gilt das Land laut Robert-Koch-Institut seit 2. Mai nicht mehr als Hochinzidenzgebiet. Doch wer dachte, jetzt wäre der Weg wieder frei, um im Nachbarland günstig zu tanken oder wandern zu gehen, liegt falsch. Trotz der Herabstufung durch das RKI gelten weiterhin die Reisebeschränkungen von Bund und Ländern. Am bestehenden Grenzregime hat sich somit für die breite Mehrheit der Bevölkerung durch die Herabstufung nichts geändert. Denn Tschechien ist immer noch Risikogebiet. Die aktuelle 7-Tage-Inzidenz liegt bei 111. Erst bei einer Inzidenz von unter 50 ist ein Land kein Risikogebiet mehr.
Bis dahin gilt, dass Reisen nach Tschechien nur aus einem triftigen Grund möglich sind. „Der Aufenthalt darf ausdrücklich nicht dem Einkaufen, Wandern oder sonstigen Freizeitaktivitäten sowie der privaten Teilnahme an sportlichen oder kulturellen Veranstaltungen dienen“, sagt ein Sprecher des Sozialministeriums Sachsen. Das gilt umgekehrt auch für Tschechische Staatsbürger. Zuwiderhandlungen haben ein Bußgeld sowie eine zehntägige Quarantäne zur Folge. Diese kann nach fünf Tagen allerdings verkürzt werden, wenn dem Gesundheitsamt ein negatives Coronavirus-Testergebnis vorgelegt wird. Das Bußgeld variiert je nach Verstoß und Bundesland. In Sachsen kann es zum Beispiel zwischen 150 und 10.000 Euro betragen.
Tanken ist kein kleiner Grenzverkehr
Die Auslegung, was „kleiner Grenzverkehr“ bedeutet, hat sich seit dem vergangenen Herbst offensichtlich gewandelt. Das bestätigt auch Tschechiens Botschafter in Deutschland, Tomáš Kafka. „Ein leerer Tank gehört nicht mehr zu den triftigen Gründen für einen Grenzübertritt“, sagt der Diplomat. Aus tschechischer Sicht hat sich in den vergangenen Monaten erst recht nichts verändert. Seit Herbst gilt unverändert das Verbot zur touristischen Einreise. Darin eingeschlossen sind ausdrücklich die Verbote, einzukaufen oder Freunde zu besuchen. „Wir kontrollieren das stichpunktartig“, bestätigt Polizeisprecherin Renata Grecmanová. Verstöße werden an die Hygieneämter weitergeleitet. Auch hier drohen hohe Bußgelder.
Nichts zu tun hat das Verbot mit den zwischenzeitlichen Grenzkontrollen. Diese waren nur eine einseitige Maßnahme Deutschlands auf Bitten der Freistaaten Sachsen und Bayern. Es gab Grenzen mit anderen Ländern, die trotz gleich hoher oder sogar höherer Fallzahlen als in Tschechien nicht kontrolliert wurden.
Deutschland ist Hochrisikogebiet
Außerdem bleibt auch die Risikoeinstufung Deutschlands aus tschechischer Sicht unverändert. Tschechien zählt das Nachbarland weiterhin zu einem Staat mit einem hohen Ansteckungsrisiko. Das ist in der vom tschechischen Gesundheitsministerium erstellten Risikoskala die zweithöchste, rot markierte Stufe.
Unter welchen Voraussetzungen Deutschland in die orange Stufe mit einem mittleren Risiko wechseln kann, wurde durch das Ministerium nicht beantwortet und auch nicht, ob das kurz bevorsteht. Sicher ist nur, dass ähnlich wie beim Robert-Koch-Institut die 7-Tage-Inzidenz nicht das einzige Kriterium ist. Doch wer auf die Länder schaut, die Tschechien als mittleres Risiko einordnet, weiß, wohin die Reise geht: Portugal, Finnland, Malta, Norwegen haben alle eine Inzidenz weniger als oder gleich 50. Der einzige Staat in Europa, der aus tschechischer Sicht ein Land mit niedrigem Ansteckungsrisiko ist, heißt Vatikanstadt.
Gaststätten und Hotels sind noch zu
Strikt nach Inzidenz kann es also noch lange dauern, bis eine Fahrt ins Böhmische wieder möglich ist. Aktuell wäre dort auch wenig geöffnet. Tschechien lockert sehr vorsichtig und bevorzugt vor allem Schulen. Die meisten Läden dürfen erst ab 10. Mai wieder öffnen. Ab Montag öffnen auch Museen und Galerien in den Bezirken, die bislang noch stärker von der Pandemie betroffen sind. Restaurants und Hotels bleiben weiter geschlossen.
Tourismus ab Juli?
Wann sich die Grenzen für Tourismus öffnen, hängt von einem einheitlichen Vorgehen auf europäischer Ebene ab. Tschechien drängt auf die Einführung eines Impfpasses und nennt Anfang Juli als Termin. Schon jetzt müssen tschechische Staatsbürger, die vollständig geimpft sind, bei Rückreise nicht mehr in Quarantäne und brauchen auch keinen Test mehr.
Notfalls will Tschechien Reisen in Nachbarländer sowie nach Ungarn und Italien schon im Juni mit eigenen Pässen zulassen. Vielleicht geht es am Ende ja schneller. So wie im vergangenen Jahr, als sich die Grenzen für alle schon Anfang Juni öffneten.