Ab dem 27. Dezember gelten in Tschechien verschärfte Corona-Maßnahmen. Geschäfte müssen schließen, die nächtliche Ausgangssperre gilt bereits ab 21 Uhr, auch an Silvester.
Die tschechischen Corona-Zahlen waren in den letzten Tagen wieder deutlich gestiegen. Für Dienstag meldeten die Behörden über 10.000 Neuinfektionen, der höchste Wert seit dem 6. November. Gestiegen ist auch die Positiven-Rate. Bei den am Dienstag durchgeführten Tests fielen knapp 34 Prozent positiv aus. Bereits seit mehreren Tagen zeigte das im Herbst eingeführte Corona-Warnsystem PES eine Punktzahl über 76, wonach verschärfte Maßnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19 gelten müssten. Heute zeigte das System eine Punktzahl von 81. Mit dem Lockdown wartet Tschechien aber bis nach Weihnachten. Ab Sonntag, den 27. Dezember, wechselt Tschechien entsprechend dem PES-System wieder in die fünfte und damit höchste Corona-Warnstufe. Das bedeutet: Alle Geschäfte bis auf jene, die den Grundbedarf abdecken, also v.a. Supermärkte und Drogerien, müssen schließen. Die nächtliche Ausgangssperre gilt statt ab 23 Uhr bereits ab 21 Uhr (bis 5 Uhr morgens). Nur zwei Personen dürfen sich im öffentlichen Raum treffen. Ab 27. Dezember müssen auch die Skigebiete schließen, die erst am 18. Dezember öffnen durften. Die Schulen bleiben nach dem Ende der Weihnachtsferien am 4. Januar größtenteils für Präsenzunterricht geschlossen, lediglich Kinder der ersten und zweiten Klasse sollen zur Schulbank zurückkehren. Restaurants und Bars haben bereits seit 18. Dezember geschlossen, als Tschechien von der dritten in die vierte Corona-Risikostufe wechselte.
„Wir können annehmen, dass im Fall, dass es zu keiner Veränderung bezüglich der Mobilität und Kontakten kommt, wir uns am Ende des Jahres in einer Situation befinden, in der wir täglich 15.000 Neuinfektionen und 7.000 Menschen in den Krankenhäusern hätten. Das wollen wir verhindern und deshalb ist es notwendig, diese Maßnahmen zu ergreifen“, kommentierte Gesundheitsminister Jan Blatný (parteilos, für ANO) während der Pressekonferenz am Mittwoch. Wirtschaftsminister Karel Havlíček (parteilos, für ANO) kündigte Entschädigungen für geschlossene Geschäfte an, die ähnlich wie in der Gastronomie pro geschlossenen Tag ausgezahlt werden könnten. Genaueres will die Regierung in der nächsten Woche bekannt geben.
Die Maßnahmen, die ab 27. Dezember in Kraft treten, sollen zunächst bis 10. Januar gültig bleiben. Der nationale Notstand gilt unterdessen noch bis 22. Januar. Das tschechische Parlament billigte gestern den Antrag der Regierungskoalition, der eine Verlängerung um weitere 30 Tage vorsah. Laut Aussagen der Regierung sei der nationale Notstand rechtlich nötig, um weitreichende Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie – wie etwa die Beschränkung der Bewegungsfreiheit – aufrecht zu erhalten.
Tschechien setzt an Weihnachten auf den Apell – keine Silvesterfeiern
Auch Tschechien wird in diesem Jahr ein anderes Weihnachtsfest erleben als gewöhnlich. In öffentlichen Innenräumen dürfen sich maximal sechs Personen treffen, an der frischen Luft ist dies auf 20 Personen begrenzt. Gottesdienste dürfen mit einer Auslastung von maximal 20 Prozent der räumlichen Kapazitäten stattfinden (ab 27.12 maximal zehn Prozent). Für private Treffen an Weihnachten macht die tschechische Regierung keine Vorgaben, wie viele Personen sich maximal im Privaten treffen dürfen. Stattdessen appellierte Gesundheitsminister Jan Blatný an die Vernunft und das Verantwortungsbewusstsein der Menschenm, auf nicht unbedingt notwendige Besuche und Reisen zu verzichten. „Apelle sind immer besser als Verbote“, sagte er während der Pressekonferenz der Regierung am Mittwoch. Tschechien fährt hier im Vergleich zu Deutschland eine eher lockere Linie. Das gilt allerdings nicht für Silvester. Ab 27. Dezember gilt eine nächtliche Ausgangssperre ab 21 Uhr, davon soll es in der Silvesternacht keine Ausnahmen geben. „Wenn es um Silvester geht, würden wir uns lächerlich machen, würden wir dafür weitere Ausnahmen machen“, äußerte sich Gesundheitsminister Blatný dazu bereits am Dienstag. Während der Pressekonferenz am Mittwoch bestätigte er noch einmal, dass für Silvester keine Ausnahmen geplant sind.
Viele Städte hatten bereits in den letzten Wochen öffentliche Silvesterfeiern abgesagt, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Große Feuerwerke waren in zahlreichen Städten ohnehin nicht geplant: Bereits zum letzten Jahreswechsel haben viele Städte auf ein Feuerwerk verzichtet und den Neujahrsbrauch durch ein Videomapping ersetzt. Auch die Stadt Prag begrüßte das Jahr 2020 mit einer Lichtershow, die an die historische Fassade des Nationalmuseums projiziert wurde.
Vorbereitung auf Imfung der Bevölkerung
Ähnlich wie in Deutschland sollen auch in Tschechien am Sonntag, den 27. Dezember, die ersten Impfungen gegen COVID-19 durchgeführt werden. Zuerst sollen Beschäftigte im Gesundheitswesen sowie Risikogruppen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen geimpft werden. Bis Ende des Jahres sollen etwa 10.000 Impfdosen zur Verfügung stehen, im Januar bis zu 320.000 Impfdosen von den Firmen Pfizer und BioNTech, bisher die einzigen in der EU zugelassenen Impfstoffe.
Seit Bekanntwerdung des ersten Corona-Falls in Tschechien am 1. März haben sich insgesamt 646.312 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Aktuell gelten 88.722 Menschen als infiziert. Noch zu Beginn des Monats verzeichnete Tschechien nur halb so viele aktuelle Fälle. Momentan werden 4.782 Menschen aufgrund einer Erkrankung an COVID-19 im Krankenhaus behandelt. 10.664 Menschen sind in Tschechien bereits im Zusammenhang mit der Lungenkrankheit verstorben.
Die Zahl der aktiven Corona-Fälle in Tschechien. Seit Anfang Dezember verzeichnen die Behörden einen neuen Anstieg der Fallzahlen. Foto: Ministerstvo zdravotnictví České republiky