Haben Sie sich jemals gefragt, was Prag für Umwelt und Nachhaltigkeit unternimmt? Unsere Landesbloggerin Kseniia machte sich auf die Suche nach nachhaltigen Projekten in der tschechischen Hauptstadt.

2018 besuchte unsere LandesBloggerin Kseniia eine Recyclinganlage in Vermont, USA. Credit: Kseniia Pulargina

Im August 2018 nahm ich teil am „Russian Youth Environmental Program“ (dt. „Russisches Jugend-Umweltprogramm“) und reiste mit einer Gruppe von 20 Studenten aus Russland in die USA, um mein Wissen über Nachhaltigkeit und Ökologie zu verbessern. Zunächst lebten wir zehn Tage lang am Dartmouth College und besuchten Vorlesungen, wobei wir lernten, wie wir Umweltprojekte entwerfen und zukünftig in unserer eigenen Stadt umsetzen können. In der Hälfte des Programms unternahmen wir eine dreitägige Wanderung auf dem Appalachen-Trail, bei der wir mit der Natur in Berührung kamen und uns eine Pause von der Stadt gönnten. Der zweite Teil des Programms war praktischen Tätigkeiten gewidmet. Wir zogen in verschiedene Gastfamilien und besuchten an den Wochentagen Unternehmen im produzierenden Gewerbe, Bauernhöfe und umweltbezogene Betriebe. Dort wurde uns ausführlich erklärt, welche Art von Einrichtung wir besuchten, wie sie mit der Umwelt zusammenhängt, was in ihr vor sich geht und wie sie zu einer nachhaltigen Entwicklung beiträgt.

Top 5 Nachhaltige Projekte in Prag

Da ich aus dem grünen Hamburg nach Prag gekommen bin, wollte ich nun herausfinden, welche Projekte es hier in Prag für die Stadtbewohner gibt, um Nachhaltigkeit zu erreichen. Meiner Meinung nach bietet Prag heute interessante Projekte in Bezug auf Ökologie und nachhaltige Entwicklung. Hier folgen meine fünf Favoriten:

  1. Prager Pfandbecher

Wenn Sie heute auf einer der Prager Veranstaltungen oder Märkten ein Getränk kaufen, erhalten Sie es in einem Pfandbecher. Der Becher kostet in der Regel etwa 50 Kronen und wird bei der Rückgabe zurückerstattet. In Hamburg wird diese Tradition schon lange gepflegt, aber in Prag handelt es sich die Testphase eines Nachhaltigkeitsprojekts, das bis Februar 2024 laufen wird. Mit dem Projekt soll die Verwendung von nachhaltigem Geschirr im Stadtzentrum anstelle der traditionellen Einweg-Plastikbecher gefördert werden. Da jeder Becher auch ein einzigartiges Prager Design hat, kann er auch als Souvenir für Touristen dienen. Praktisch und umweltfreundlich!

Eine gute Idee als Souvenir. Foto: Prague City Tourism
  1. Prager Stühle und Tische

Während der Sommerschule an der Karls-Universität machten wir einen Ausflug zum CAMP (Zentrum für Architektur und Stadtplanung). Beim Eingang bemerkte ich einen Tisch mit Stühlen mit dem Hashtag „Pražské židle“ (dt. Prager Stühle). Die Stühle, Tische und Liegestühle sind ein Projekt von „Pražské židle & stolky“ (dt. Prager Stühle und Tische). Aus meiner Sicht ist es ein weiterer Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, weil sie wiederverwendbar sind. Heute wird das Projekt von der Plattform „Kreativní Praha“ (dt. Kreatives Prag) in Zusammenarbeit mit lokalen Partnern aus den Stadtteilen, Kultureinrichtungen und lokalen gemeinnützigen Organisationen durchgeführt. Sie alle kümmern sich jeden Tag um die Möbel, reinigen sie und sichern sie über Nacht.

Schwarze Stühle und Tische wurden an 90 Orten in Prag aufgestellt und laden die Menschen zum Sitzen und Reden, zu Brettspielen und zum Unterhalten ein. Für mich ist dieses Projekt wirklich bedeutsam, weil es den Bürgern auch die Möglichkeit bietet, kurzfristig und kostenlos nicht-kommerzielle Möbel zu mieten, zum Beispiel für eine Filmvorführung oder eine Party. Wirklich praktisch und sehr bürgerfreundlich!

An vielen Prager Orten bieten die Stühle eine kostenlose Sitzgelegenheit, wie hier vor dem neuen Gebäude des Nationalmuseums. Foto: IPR Praha
  1. Pfandflaschen auch in Prag

In Deutschland ist es seit Langem möglich, Pfand für Plastik-, Dosen- oder Glasflaschen zu bezahlen und diese dann später zurückzugeben. In Prag ist das System noch in der Entwicklung, aber es hat auch hier seine Vorteile. Das Umweltministerium plant bereits einen Gesetzesentwurf zum Pfandsystem. „Die Einführung des Pfandsystems wird zu einer deutlichen Verringerung der mit Getränkeverpackungen verbundenen Umweltbelastungen um fast 30 Prozent führen. Auch das so genannte Littering, also die Menge des weggeworfenen Mülls, wird sich deutlich auf 95 Prozent reduzieren“, so das Umweltministerium.

Noch kooperieren nicht alle Unternehmen mit dem Recyclingsystem. Sie können daher nur Flaschen mit der Aufschrift „Zálohovaný obal“ („Pfandverpackung“) abgeben. Im Albert-Supermarkt sah ich zum Beispiel schon einen Pfandflaschenautomat und konnte das System testen.

4. Radfahren

Seit einigen Jahren entwickelt sich in Prag „Bikesharing“ auf einer Ebene mit dem öffentlichen Verkehr. Im Vergleich zu Hamburg gibt es in Prag nicht viele Radfahrer. Es gibt jedoch spezielle Routen und Wege, die es ihnen ermöglichen, flexibel durch die Stadt zu fahren. Komfortabel ist eine spezielle App, mit der man sich über den Standort der Verkehrsmittel informieren und bequem online bezahlen kann. „Rekola“, „Nextbike“, „Lime“ und auch „Bolt“ sind derzeit sehr beliebt. Sie haben klassische und elektrische Fahrräder sowie Roller zur Verfügung.

Warum nicht mit dem Rad zur Arbeit fahren? Credit: Kseniia Pulargina
  1. Grünes Dach

Das erste Mal, dass ich ein Gründach sah, war 2018 am Dartmouth College in den USA. Damals fand ich die Idee sehr interessant, weil sie die Luft befeuchten und mit Sauerstoff anreichern. Außerdem dienen sie als Stadtverschönerung und als Lebensraum für die städtische Fauna. In Prag kann man z. B. das begrünte Dach des Landwirtschaftsmuseums besuchen. Neben der schönen Aussicht gibt es dort außerdem Platz zum Picknick. Daneben gibt es auf dem Dach Bienenstöcke. Der Eintritt für das Gelände kostet 150 Kronen für Erwachsene, ermäßigt 80 Kronen.

Das Dach des Landwirtschaftsmuseums besonders in der Sommerzeit ist eine Idee, ein Picknick zu machen. Credit: Kseniia Pulargina

Um noch mehr über das Konzept der Nachhaltigkeit und deren Umsetzung in Prag zu erfahren, können Sie übrigens die Ausstellung „The Earth Is Me“ im Nationalmuseum besuchen. Sie gibt konkrete Beispiele aus dem Alltag für das Thema Nachhaltigkeit und regt zum Nachdenken darüber an, was ein Einzelner für die Welt um ihn herum tun kann. Es ist die erste Ausstellung im Nationalmuseum, die sich rein mit dem Thema Nachhaltigkeit und Umwelt beschäftigt.


Kseniia Pulargina

Hallo, liebe Leserinnen und Leser,

ich heiße Kseniia Pulargina und genieße meinen zweiten Aufenthalt in der Tschechischen Republik. Ich finde dieses Land so spannend und attraktiv und ich wollte schon immer hier wohnen, um mich in die tschechische Atmosphäre einzufühlen. Nun habe ich diese Möglichkeit erhalten, da ich im Rahmen meines Studiums der Osteuropastudien an der Universität Hamburg ein Pflichtpraktikum beim LandesEcho in Prag absolviere. Ursprünglich stamme ich aus der russischen Stadt Samara an der Wolga.

Ich bin sehr aufgeregt wegen dieser Praktikumsstelle und ich freue mich, neue Erfahrungen zu sammeln, Informationen zu recherchieren und meine Ideen mit Ihnen zu teilen. Das ist eine gute Chance, die tschechische Kultur und die deutsche Minderheit kennenzulernen.

 

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