Der tschechische Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos, für ANO) erklärte am Montagmorgen seinen Rücktritt. Damit wolle er Raum für die Lösung der Corona-Epidemie schaffen. Epidemiologe Roman Prymula soll Nachfolger werden.
„Nach gründlicher Abwägung der aktuellen Situation habe ich entschieden, dass ich von meiner Funktion als Gesundheitsminister zurücktrete“, erklärte Adam Vojtěch am Montagmorgen auf einer Pressekonferenz. „Ich bin zum Gesundheitsministerium gekommen, um systemische und konzeptionelle Änderungen durchzusetzen. Die Coronavirus-Epidemie erlaubt mir jedoch nicht, diese zu beenden“, kommentierte Vojtěch seine Entscheidung. Nach seinen Worten habe man alles dafür getan, um die Menschen vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen und letztendlich die erste Welle der Pandemie gut bewältigt. „Ich muss mich für nichts schämen“, fügte er hinzu. Mit seinem Rücktritt wolle er Raum schaffen für die Lösung der Corona-Epidemie.
Premierminister Andrej Babiš (ANO) dankte dem scheidenden Minister: „Ich danke Adam Vojtěch vielmals für seine Arbeit im Gesundheitswesen. Er ist ein anständiger, ehrlicher und sehr fleißiger Mensch. Ich bin überzeugt, dass er eines Tages als bester Gesundheitsminister in Erinnerung bleiben würde, wenn er nicht seine ganze Energie für den Kampf gegen das Coronavirus hätte aufwenden müssen“, schrieb Premierminister Babiš auf Twitter. Auch Innenminister Jan Hamáček (ČSSD) schloss sich den Dankesworten an und fügte hinzu: „Ich erwarte, dass der Premier so schnell wie möglich den Namen seines Nachfolgers bekanntgibt, damit das Gesundheitsministerium weiter seine Rolle im Kampf gegen die Pandemie ausfüllen kann“, so Hamáček.
Ergänzung: Premier Babiš teilte inzwischen mit, dass Roman Prymula, der bisherige Regierungsbeauftragte für Wissenschaft und Forschung im Gesundheitswesen, neuer Gesundheitsminister werden soll. Den Personalwechsel habe er bereits am Wochenende mit Staatspräsident Zeman besprochen, der den designierten Minister heute empängt. Morgen könnte Prymula, der zu Beginn der Pandemie auch den zentralen Krisenstab leitete, sein neues Amt aufnehmen. Bis Mai war Prymula auch stellvertretender Gesundheitsminister.
Reaktivierung des zentralen Krisenstabs
Die epidemiologische Lage in Tschechien hatte sich in den vergangenen Wochen deutlich verschlechtert und die Zahl der täglichen Neuinfektionen stieg zuletzt sprunghaft an, sodass Deutschland bereits eine Reisewarnung für Prag und die Mittelböhmische Region (Středočeský kraj) aussprach. In der letzten Woche verkündete Premier Babiš, dass ab dem heutigen Montag der zentrale Krisenstab wiedereingesetzt werden solle, der bereits im Frühjahr die zentralen Maßnahmen im Kampf gegen die Corona-Pandemie ausarbeitete. In politischen Kreisen war außerdem aufgrund der akuten Lage über eine erneute Ausrufung des nationalen Notstands gesprochen worden, vor allem forderte dies der tschechische Regierungsbeauftragte für Wissenschaft und Forschung im Gesundheitswesen und Epidemiologe, Roman Prymula. Im tschechischen Fernsehen sagte er, dass man in den folgenden Tagen mit 6.000 bis 8.000 täglichen Neuinfektionen rechnen müsse. Der scheidende Gesundheitsminister Vojtěch hatte zuletzt erklärt, keinen nationalen Notstand bei der Regierung beantragen zu wollen. Dies wäre notwendig, wenn das Gesundheitsministerium Maßnahmen beschließen möchte, welche über dessen gesetzliche Kompetenzen hinausreichen, etwa eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit.
In der letzten Woche hatte der Tageszuwachs der positiv auf COVID-19 Getesteten erstmals die Marke von 3.000 überschritten. Für Samstag meldete das Gesundheitsministerium 2.044 neue Fälle, für Sonntag 985. Insgesamt melden die Behörden aktuell 24.032 aktive Fälle. Besonders akut ist die Lage in der tschechischen Hauptstadt. Dort wurden in den letzten sieben Tagen 217 Personen pro 100.000 Einwohner positiv auf das Coronavirus getestet.
Neue Maßnahmen
In Prag, der Mittelböhmischen Region sowie in den Bezirken Ungarisch Hradisch (Uherskohradišťsko) und Kremsier (Kroměřížsko) gilt seit heute eine Maskenpflicht bei Veranstaltungen im Freien ab 100 Teilnehmern. Seit Freitag gilt wieder eine landesweite Sperrstunde zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens für Restaurants, Bars und Clubs. Außerdem sind öffentliche Veranstaltungen in geschlossenen Innenräumen mit mehr als zehn Teilnehmern nur erlaubt, wenn sichergestellt werden kann, dass es für jeden einen Sitzplatz gibt.