Die Sage von Krabat fasziniert nicht nur in der Lausitz. Sie wurde Grundlage für literarische Bearbeitungen und Verfilmungen. Jetzt haben Heimatforscher herausgefunden, dass der Müllerbursche eine überraschende Herkunft hat.
In der Lausitz ist die Sage vom Müllerburschen Krabat eine Legende. Hier setzte ihm einer der wichtigsten sorbischen Schriftsteller Jurij Brězan ein literarisches Denkmal. Endgültig über die Grenzen der Lausitz wurde Krabat durch Otfried Preußlers gleichnamigen Roman bekannt, den dieser nur kurz nach Brězan veröffentlichte. Beide Bücher wurden bald verfilmt, das von Preußler übrigens von dem tschechischen Meister des Animationsfilms Karel Zeman, was die Faszination der Krabat-Sage nur noch verstärkte.
Doch wer ist eigentlich dieser Krabat? Und hat er eine reale Vorlage? Diese Frage beschäftigt den Genealogen Hans-Jürgen Schröter aus Wittichenau, also dem Kerngebiet der Krabat-Region, schon seit Jahren. Seine Forschungsergebnisse, die aus unzähligen Aufenthalten in europäischen Archiven stammen, präsentierte er unlängst im Verbindungsbüro des Freistaats Sachsen in Prag. Auch dieser Ort auf der Kleinseite ist übrigens ein Puzzleteil in der Geschichte der Krabat-Sage. Eine Version der vielen Krabat-Überlieferungen wurden nämlich Mitte des 19. Jahrhunderts in dem Wendischen Seminar, in dem das sächsische Verbindungsbüro heute seinen Sitz hat, niedergeschrieben.
Krabat-Suche in Kroatien
Da war jener Mann, auf den sich die Krabat-Legende laut Schröter bezieht, schon über 150 Jahre tot. Es handelt sich um den einstigen Gutsherrn von Groß Särchen Johann von Schadowitz, dem Nachbarort von Wittichenau und nicht weit von Schwarzkollm, dem Ort, wo sich die Schwarze Mühle befunden haben soll. Schröter kam bei seinen Forschungen zu einem überraschenden Ergebnis. Schadowitz hieß eigentlich Janko Šajatović und wurde 1624 im kroatischen Jezernice im Distrikt Sichelberg (Žumberak) geboren. „Der Name Krabat entstammte der damals üblichen Bezeichnung für die Kroaten, genauso wir deren Land nicht Kroatien, sondern ‚Krabatien‘ genannt wurde“, erläutert Schröter den Ursprung des Namens Krabat. Šajatović wurde wiederum eingedeutscht zu Schadowitz.
Šajatović stammte demnach aus einer Adelsfamilie mit militärischer Tradition. Er besuchte ein Jesuitengymnasium. Nach der Vollendung des 18. Lebensjahres trat auch er in den aktiven Militärdienst. Er kämpfte in Diensten der Grafenfamilie Zrinski gegen die Osmanen. Aufgrund seiner Treue, Tugend und Erfahrung wurde er bald in die kroatische Kavallerie berufen.
Wie wurde nun aber aus dem Kroaten Šajatović ein Herr von Schadowitz in der Lausitz, der sich dort später zu der mythischen Gestalt Krabat entwickelte? Die Antwort liegt in der 1660 gebildeten kroatischen Reiter-Leibgarde des sächsischen Kurfürsten Johann Georg II. Wann Šajatović genau nach Sachsen kam, ist nicht belegt. Sicher ist aber, dass er sich große Verdienste erwarb und auch in sächsischen Diensten blieb, als der Nachfolger von Johann Georg II., nämlich Johann Georg III., die Kroatengarde aus Kostengründen auflöste.
Šajatović bzw. Schadowitz stiegt sogar zum persönlichen Leibgardist und Kammerjunker von Johann Georg III. auf. So kam er auch in die Oberlausitz, wo er auf der Ortenburg in Bautzen stationiert wurde. Hier lernte er dortige Landschaft und ihre Bewohner kennen, die ihn aufgrund ihrer Sprache der Sorbenwenden und Bräuchen an seine kroatische Heimat erinnerten. Aus dieser Zeit stammte seine tiefe Bindung zu Oberlausitz.
Als Dank für seine Dienste und Treue schenkte ihm später der sächsische Kurfürst August der Starke das Vorwerk in Groß Särchen (sorbisch Wulke Ždźary) als Altersruhesitz. Wie Hans-Jürgen Schröter erforschte, wurde Johann von Schadowitz wegen seiner Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Mildtätigkeit von den Menschen hochgeachtet. Johann von Schadowitz starb als Achtzigjähriger am 29. Mai 1704 und wurde im Mittelgang der Wittichenauer Pfarrkirche ehrenvoll bestattet. Auf diese Stelle weist heute eine Gedenktafel. Dass Schadowitz groß von Wuchs und sein Aussehen südlich wild war, hat den späteren Mythen wohl zusätzlich Auftrieb gegeben.
Unterwegs zu Krabat
Wer sich auf Krabats Spuren begeben möchte, hat dafür heute in der sogenannten Krabat-Region viele Möglichkeiten. Im Dreieck zwischen Hoyerswerda, Kamenz und Bautzen begegnet man dem Müllerburschen auf Schritt und Tritt. So kann man auf dem 90 Kilometer langen Krabat-Radweg fahren, das Krabat-Vorwerk in Groß Särchen besuchen oder die Krabat-Mühle in Schwarzkollm (sorbisch Čorny Cholmc) besichtigen. Hier finden jedes Jahr auch die Krabat-Festspiele statt. Oder man greift sich mal wieder das Krabat-Buch von Brězan oder Preußler und versenkt sich in die Welt des Krabat, der eigentlich ein Kroate war.
Die Krabat-Sage
Nach der sorbischen Sage wuchs Krabat als Stiefsohn eines Hirten in Eutrich (sorbisch Jitk) bei Königswartha auf. Er musste von klein auf für den Lebensunterhalt der Familie sorgen. Bald zog er von seinem Dorf weg und fand in einer Mühle bei Schwarzkollm Unterkunft. Man erzählte, dass Krabat hier nicht nur das Müllerhandwerk, sondern auch das Zaubern lernte. Da er wissbegierig und unerschrocken war, wurde er vom Meister in die Schwarze Magie eingeweiht. Doch durch die Liebe widerstand Krabat dem Bösen und wurde zum guten Zauberer, der den Armen in Oberlausitz half.