Rom, Stockholm, Peking, aber auch Warschau und Bratislava sind bei Kongressbesuchern weniger beliebt als Prag. Allein im vergangenen Jahr, wie aktuelle Zahlen des tschechischen Statistikamtes belegen, fanden in der Moldau-Metropole über 4000 Konferenzen mit über einer halben Million Teilnehmern statt.
Das steigende Interesse an der Tschechischen Republik bestätigt auch die Kongressveranstalter-Assoziation „International Congress and Convention Association“ (ICCA). Ihr zufolge befindet sich das Land auf Platz 27 der weltweiten Rangliste der Kongresstourismus-Destinationen. Prag selbst rangiert auf Platz 11.
„Die optimistischen Zahlen, die die ICCA veröffentlicht hat, sind sehr befriedigend“, sagte dazu Regionalentwicklungsministerin Karla Šlechtová. Ihre Zufriedenheit ist nachvollziehbar: Die Einnahmen aus dem Kongressbetrieb übersteigen bereits vier Milliarden Kronen pro Jahr und steigen weiter. „Der Kongresstourismus ist ein bedeutender Tourismus-Zweig. Kongressbesucher geben bis zum Dreifachen eines normalen Touristen aus“, erklärt Zdeněk Giormani, Leiter des Czech Convention Bureau, das Tschechien als ideale Kongress-Destination bewirbt. Die üblichen Ausgaben eines Kongress-Delegierten belaufen sich laut ICCA auf geschätzte 2228 USD, wobei die durchschnittliche Dauer eines Assoziationstreffens 3,67 Tage beträgt.
Positive Nebenwirkungen
Der Kongresstourismus hat auch einen positiven Einfluss auf die Dienstleistungsbereiche des Hotel-, Restaurant- und Cateringwesens sowie weiterer Branchen. Daran knüpfen auch Reinigungsfirmen, Wäschereien, Kurbäder und Wellness-Center an. Für Ausländer unverzichtbar sind außerdem Fremdenführer und Dolmetscher. Kongressteilnehmer, nicht nur aus dem Ausland, nutzen den öffentlichen Personennahverkehr, Taxis und Telefonnetze. Sie kaufen in exklusiven Geschäften ein. „Der Kongresstourismus dient der ganzen Stadt. Wenn hier eine große Aktion stattfindet, spricht man davon auf der ganzen Welt“, sagt Roman Ray Straub, Leiter des Kongresszentrums Prag (KCP).
Bezüglich der Perspektiven des Kongressgeschäfts ist Straub optimistisch. Er hat große Pläne mit dem KCP. „Wir können jetzt etwa 9500 Kongressbesucher aufnehmen, aber wir rechnen damit, dass wir nach der Erweiterung unserer Kapazitäten Aktionen für mehr als 10 000 Besucher veranstalten werden können. Damit werden wir dann zur absoluten Spitze gehören. Und wir haben keine Angst davor“, sagt Roman Ray Straub.
Auch der Kongresstourismus ist jedoch Veränderungen unterworfen, die die Veranstalter gründlich beobachten, um sich ihnen anpassen zu können. Eine Veränderung betrifft beispielsweise die zunehmend zeitnahe Buchung per Internet. Firmen und Organisationen sind nicht länger bereit, Veranstaltungsorte lange im Voraus, ein halbes oder gar ein ganzes Jahr vorher, zu reservieren. Dies betrifft natürlich nicht regelmäßig stattfindende Veranstaltungen. „Große Kongresse werden noch immer mit Vorlauf gebucht. Ihre Teilnehmer reisen für mehrere Tage an. Nicht selten bringen sie auch ihre Familien mit“, sagt der KCP-Chef.
Neue Herausforderungen
Die Veranstalter müssen auch mit dem Trend der sinkenden Teilnehmerzahlen der einzelnen Aktionen zurechtkommen. Die Bedeutung kleinerer und mittlerer Veranstaltungen steigt. Der Anteil kleiner Meetings mit 50 bis 150 Teilnehmern macht bereits bis zu 30 Prozent solcher Aktionen aus.
Im Kongressgeschäft bleibt Prag absolut einzigartig. Für die Besucher ist die Stadt aus historischer und kultureller Sicht attraktiv, ihnen gefällt das gute Preis-Leistungs-Verhältnis und die Erfahrung bei der Ausrichtung verschiedenster Veranstaltungen. Von großem Vorteil sind die gute Verkehrsanbindung und die vielen neuen Flugverbindungen nach Prag. Für Besucher ist die Stadt gut zugänglich und der Prager Nahverkehr ist der viertbeste in ganz Europa. Prag hat als Veranstaltungsort für Kongresse eine lange Tradition und dementsprechend viele Konferenz- und Übernachtungsmöglichkeiten. Nicht vergessen darf man auch die Sicherheitslage. Prag gilt weiterhin als sichere Destination, was gerade von ausländischen Besuchern sehr geschätzt wird.
Was die Regionen anbetrifft, so bestimmt dort die heimische Nachfrage zu 95 Prozent den Markt. Es gibt viel aufzuholen. Außerhalb der Metropole ist die Infrastruktur unzureichend ausgebaut, die Kundenfreundlichkeit ist nicht immer höchste Priorität, was man beispielsweise auch an mangelnden Sprachkenntnissen erkennt.
Wer kommt nun also nach Prag zum Kongress, Treffen oder zur Konferenz und in welcher Branche arbeitet er? Am häufigsten sind es Ärzte und Medizin- sowie Pharma-Experten. Aber auch Maschinenbauer, IT-Sachverständige, Forscher und Bildungsexperten, aber auch Bänker und Finanzfachleute.
Wichtig dabei ist, dass die Kongresstouristen, die die tschechische Metropole besuchen, auch gerne wiederkommen. Das stützt auch Roman Ray Straubs Optimismus. „Unsere Klienten sind treu, kommen regelmäßig wieder. Nach fünf, sieben, zehn Jahren, das ist unterschiedlich. Aber sie kommen wieder“, sagt der Leiter des Prager Kongresszentrums, das sich seinen guten Ruf bewahrt.
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