Unsere Wanderbloggerin spürt einem Gruß nach, putzt einen Fluss und freut sich über Regen auf einem ganz besonderen Wasserausflug.
Schon lange habe ich mich gefragt, warum man in Tschechien den Seemannsgruß „ahoj“ verwendet. In Tschechien gibt es weit und breit kein Meer, ich habe es schon oft gesucht und nie entdeckt.
Doch ich habe die Erklärung nun zufällig gefunden, warum „ahoj“ so eine wichtige Bedeutung hat: das Land lässt sich wunderbar auf Flüssen bereisen und dies insbesondere mit dem Kanu! Und auf einem Fluss grüßt es sich eben wunderbar mit ahoj!
Für mich als Naturerforscherin war es klar, dass ich auch einmal dieses Transportmittel nutzen musste und zusammen mit sieben weiteren wagemutigen Freunden begab ich mich auf eine Flussreise auf der Berounka (Beraun). Dank der Initiative und der Expertise eines unserer Teammitglieder war von Anfang bis Ziel alles genau durchgeplant und wir wussten, wir mussten nur gute Laune und etwas zum Frühstück zu Essen mitzubringen, um diese dreitägige Tour zu überstehen. Unter uns befanden sich unter anderem Ingenieure, ein Bierbrauer, eine Lehrerin und eine Ärztin – wir waren für alle Lebenslagen gerüstet!
Wir reisten aus verschiedenen Ecken an, trafen uns im Camp Višňová bei Roztoky (Rostok), direkt am seichten Ufer der Berounka. Unsere Abfahrt wurde allerdings durch kräftigen Wind beeinträchtigt, der am Morgen aufgetaucht war und uns frösteln ließ. In Windeseile packten wir alle unsere Sachen wasserfest in die Boote und stachen in See.
Mit meinem Bootspartner, einem erklärten Naturfreund, machten wir es uns von der ersten Minute an zur Aufgabe, die Berounka von etwaigem Müll oder Gegenständen der menschlichen Zivilisation zu befreien. Denn die Berounka, beginnend in Pilsen (Plzeň), fließt später in die mächtige Moldau, diese wiederum in die Elbe und die ergießt alles, was sie mit sich führt, ins Meer. Diesen Kreislauf wollten wir bestmöglich schützen und sammelten fleißig Plastikflaschen, Feuerzeuge und Schuhe auf. Dass unser Boot dadurch schwerer und langsamer wurde, störte uns nicht. Die größte Herausforderung war vielmehr die stechende Sonne, die den Fluss verglitzerte und uns Sonnenbrand einbrachte. Mit uns reisten Enten- und Schwanfamilien, es war eine Freude, sie zu beobachten.
Im Camp bei Račice machten wir unsere Boote fest, um uns von der ersten Etappe zu erholen. Wir gesellten uns zu Trampern mit ihren Gitarren und Mundharmonikas, um mit ihnen tschechische Lieder zu singen und freuten uns, dass wir am Leben sind.
Sonnengruß und Regen
Auf der zweiten Etappe grüßte weiterhin die Sonne vom Himmel und wir mussten nur aufpassen, dass wir nicht versehentlich in Anglerschnüre gerieten, die kaum sichtbar über dem Wasser hingen und auf Beute warteten. Wir steuerten die mächtige Stadt Beroun (Beraun) an, wo wir Unterschlupf in einem weiteren Camp fanden. In den letzten Sonnenstrahlen bekamen wir noch Plätze in einem Restaurant, um unsere hungrigen Mägen und ausgezehrten Muskeln zu versorgen.
Am dritten Tag veranstalteten wir morgens eine Yoga-Session im Sonnenlicht. Beim Sonnengruß sahen wir, wie der Himmel sich schon zuzog und es drückend schwül wurde. Gerade hatten wir die ersten Meter gepaddelt, wurden wir auch schon mit einem warmen Regenschauer belohnt, der uns in der Hitze gut tat. Durch die fallenden Regentropfen konnte ich einen flinken Eisvogel am Ufer erblicken, der mein Highlight des Tages war! Im Schatten der Burg Karlštejn (Karlstein) nahmen wir ein Mittagessen ein und waren fast ein bisschen enttäuscht, dass wir nur noch wenige Kilometer bis zum Ziel zu fahren hatten.
Ein freundlicher Zugführer hupte und grüßte uns aus seinem Güterzug, mit dem er an uns vorbeirauschte und zum wiederholten Male riefen wir „ahoj“! Es schien dann nur noch ein Klacks, um das letzte Wehr vor unserem Zielort Zadní Třebaň (Hinter Trebain) zu nehmen. Allen gelang es einwandfrei, bis auf ein Boot von uns, das gegen den Strom geriet und umkippte. Wir suchten noch lange nach einer Sonnenbrille, die aber nicht aufzufinden war. Es verdarb uns allerdings nicht die Laune.
Unser Fazit ist: das Land sieht vom Wasser manchmal viel schöner aus und als Kanufahrer wird man überall freundlich empfangen und gegrüßt. Es reicht ein Wort, ein Lebengsgefühl: Ahoj.
Ahoj, Tschechien.
Streckendaten:
Distanz: 44km
Wegpunkte: Višňová, Křivoklát, Zbečno, Račice, Nižbor, Beroun, Srbsko, Karlštejn, Zadní Třebaň
Anzahl der Wehre: 7
Anreise nach Višňová: Auto oder Zug (Roztoky)
Abreise von Zadní Třebaň
WanderBloggerin JANA HEENEN:
Das Leben ist eine Reise, auch für mich. Mein Name ist Jana, ich komme aus der Nähe von Krefeld in Westdeutschland und arbeite seit einiger Zeit in Pilsen (Plzeň) für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch. Um Tschechien und seine Landschaft(en) kennenzulernen, begebe ich mich so oft wie möglich auf Wandertouren, beobachte die Natur, fotografiere, notiere und bewerte die Ausflugsziele. Gern ziehe ich mit anderen Naturfreunden los, um von ihnen zu lernen und mich mit ihnen über das Leben zu unterhalten. Wenn man geht, dann kann man besser nachdenken und kommt zu neuen Ideen! Ich möchte Sie nun gern daran teilhaben lassen und stelle dafür regelmäßig meine Wanderungen vor.
Sie sind herzlich eingeladen, Vorschläge zu machen, was es in Tschechien noch zu entdecken gibt! Diese können Sie gern an redaktion@landesecho.cz senden. Ich freue mich!
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