Die liebevoll gemachte Buchreihe „Edition Bohemica“ beschreibt nicht nur böhmische Eisenbahngeschichte, sondern lässt alle Freunde Böhmens, Mährens und Schlesiens die Herzen höher schlagen.
Horst Westphal staunt. „Woher haben Sie die reiche Kenntnis von Land und Leuten hier?“, fragt er seinen Gast an einem Oktobermorgen in der Begegnungsstätte des Schlesisch-Deutschen Verbandes Jägerndorf (Krnov), den Autoren, Herausgeber und Verleger Andreas Petrak aus dem oberfränkischen Goldkronach. Mitgebracht hat der nämlich sein noch druckfrisches Buch „Nach Hof und Hotzenplotz!“.
Zu Jahresbeginn hatte am selben Ort schon einmal ein Treffen stattgefunden, zusammen mit Hans Korbel aus dem nahen Troppau (Opava) und dem Zeitzeugen Walter Petschnigg, der in jungen Jahren aus Hotzenplotz (Osoblaha) den dort im April 1945 tobenden, verheerenden Kämpfen entfliehen konnte. Sein spannender Bericht floss dann in das historische Kapitel des 14. Bandes der Petrak’schen Reihe „Durch Böhmens Hain und Flur“, das freilich auch Mähren und Schlesien meint, ein.
Im Gespräch wird rasch klar: Petrak ist ein exzellenter Kenner der Länder der einstigen Böhmischen Krone. In den nunmehr drei Jahrzehnten intensiver Reisen quer durch die Tschechische Republik bis in die entlegensten Winkel konnte er sein historisches Wissen vertiefen und immer besser praktikabel nutzen: Werdegänge und Meinungen und Verhaltensweisen verstehen, den Menschen zwischen Isergebirge und Böhmerwald nahekommen. Wer in seinen Büchern liest, merkt diesen wohltuenden Zugewinn. Man bekommt Lust, loszufahren, um es selbst zu erleben.
Stichwort „fahren“: Petrak kommt stets mit die Eisenbahn zu seinen Orten – nur selten im Pkw nebenher, um die Bahnen schön ins Bild zu setzen. Petrak ist ein leidenschaftlicher Zugfreund. Lokomotiven sind für ihn das Wenigste, es geht vielmehr um das Drumherum: Erkunden, Aufspüren, Nachforschen. Parallel dazu die nötige Geschichtsarbeit, alte Akten wälzen. Als gelernter Archivar kein Problem. Dann Schreiben, Lektorieren und auch Gestalten der Seiten – ein erheblicher Aufwand. Dazu noch Mit-Autoren gewinnen und pflegen.
Andreas Petrak mag keine Laudatio. „Mir macht es einfach Freude – immer wieder, immer noch“, sagt er bescheiden. Letzteres darf getrost betont werden. Denn hinter der emsigen Arbeit steckt ein gutes Maß Selbstausbeutung, ein typisches Merkmal speziell von Klein- und Kleinstverlagen. Um aber die nächste Tschechien-Fahrt bezahlen zu können, braucht es ein Zubrot. Dies hat er in Honorartätigkeit als Archivar beim Deutschen Dampflokmuseum zu Neuenmarkt-Wirsberg. Womit sich auch wieder ein Schaffenskreis für den im thüringischen Jena aufgewachsenen Verlagsmann geschlossen hat.
Hatte die kleine, aber feine „edition bohemica“ anfangs einen überschaubaren Kreis von Liebhabern, so wuchs ihr Ruf über die Jahre kontinuierlich an. Per Empfehlung oder durch zufälliges Entdecken. Auf den ersten Blick auf den Einband meint man, es seien vielleicht „nur“ Eisenbahnbücher. Sicherlich ein Manko. Doch wer diese Hürde genommen hat, den fasziniert die Machart: kompakt, bildend, zum Selbst-Erkunden verführend.
So schlussfolgerten es auch unsere Herren beim Treffen in Jägerndorf; der Troppauer Verein nahm sich gleich vor, die nunmehr 120jährige Bahn nach Hotzenplotz (siehe LE 6/2018) zu besuchen. Selbstverständlich hat Petrak dazu auch einen guten Tipp: In Liebental (Liptan) in Adams Restaurant & Pension einkehren: „Wirtin Anna bereitet den besten Gulasch!“, sagt er. Man glaubt es ihm sofort, kam doch seine Liebe zu Böhmen einst auch über die böhmische Küche.
Mehr über Petrak und seine „Böhmen-Edition“ erfahren Sie auf seiner Internetseite.
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