Tschechien will dem Internationalen Strafgerichtshof konkrete Beweise für russische Kriegsverbrechen in der Ukraine vorlegen. Außenminister Lipavský (Piraten) forderte auf der UN-Generalversammlung die Einrichtung eines internationalen Sondertribunals.
Mit der Aufnahme erster ukrainischer Kriegsflüchtlinge erklärten die tschechischen Behörden, dass sie deren Zeugenaussagen zu dem Vorgehen russischer Soldaten sammeln. Jetzt legen die tschechischen Beamten erstmals konkrete Beweise vor, die Folter durch russische Truppen in Butscha, Irpna und Charkiw beweisen sollen. Zeugen können in Tschechien online Kontakt mit den Behörden aufnehmen. Die meisten Aussagen stammen von Opfern oder deren Angehörigen, die nach Tschechien geflohen sind.
Die Vorsitzende der tschechischen Staatsanwaltschaft Lenka Bradáčová erklärte, dass sie mit dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag vereinbart hätte, dass eine Vertreterin der Anklage nach Tschechien kommen würde. Diese soll die gesammelten Beweise sichten und analysieren. Tschechien ist einer von vierzehn Staaten der EU, die wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine ermitteln. Es handelt sich dabei insgesamt um etwa 30.000 Fälle.
Der tschechische Außenminister Jan Lipavský (Piraten) sprach sich auf der UN-Generalversammlung in New York für ein internationales Sondertribunal zur Verfolgung von Kriegsverbrechen durch Putins Russland aus. „Es gibt die internationale Verantwortung Russlands für die Aggression, aber es gibt auch eine individuelle strafrechtliche Verantwortung für Verbrechen, die von russischen Truppen in so großem Umfang begangen werden“, erklärte Lipavský. Er betonte zudem, dass Tschechien den Antrag der Ukraine unterstütze, ein Verfahren am Internationalen Gerichtshof gegen Russland unter Bezug auf die UN-Völkermordkonvention einzuleiten.
Der tschechische Außenminister spricht zudem vor dem UN-Sicherheitsrat. Dies ist das erste Mal seit fast 30 Jahren, dass ein Vertreter der Tschechischen Republik vor diesem Gremium erscheint. Er spricht dort zu demselben Thema wie bereits auf der Vollversammlung.