Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt reiste am 14. Juli 2022 der bayerische Ministerpräsident Markus Söder zu einem offiziellen Besuch nach Tschechien, um sich mit dem Regierungschef Petr Fiala zu treffen. Neben aktuellen Themen stand die bayerisch-tschechische Zusammenarbeit im Mittelpunkt der Gespräche. Lobende Worte fand Söder vor allem für Tschechiens Umgang mit der Kernenergie.
Nach über vier Jahren Amtszeit besuchte der bayerische Regierungschef Markus Söder zum ersten Mal die tschechische Hauptstadt. Nach Horst Seehofer 2010 ist Söder erst der zweite bayerische Ministerpräsident, der das Nachbarland besucht. Laut Söder sei das Treffen vor allem ein Kennenlerntermin gewesen, mit den wichtigen Themen der aktuellen Zeit im Mittelpunkt. Insbesondere beim Thema Energiesicherheit in Europa herrschte Einigkeit. So wollen sich Söder und Fiala bei der Energieversorgung gegenseitig unterstützen, wie sie auf der gemeinsamen Pressekonferenz betonten. Bayern ermöglicht ab Freitag, den 15. Juli, ein größeres Volumen an Öltransporten nach Tschechien. Der Freistaat werde auf Wunsch Tschechiens die Durchlaufkapazität der Transalpinen Ölleitung um 17 Prozent erhöhen. „Das ist ein wichtiger Schritt hin zur Derussifizierung unserer Wirtschaft“, betonte Fiala. Tschechien ist derzeit im Vergleich mit anderen EU-Staaten besonders stark von russischem Gas und Erdöl abhängig. Söder bekräftigte, momentan sei mehr denn je europäische Kooperation gefragt.
Konflikt Atommüll-Endlager
Keine Übereinstimmung gab es dagegen beim Thema eines geplanten Atommüll-Endlagers. Bayern hat große Befürchtungen, da Tschechien in den nächsten Jahrzehnten ein Atommüllendlager in der Nähe der bayerischen Grenze plant. Tschechien rechnet mit dem Bau eines Endlagers für hochradioaktiven Atommüll bis 2065. Momentan sind vier Standorte in der näheren Auswahl, von denen keiner mehr als 200 Kilometer von Deutschland entfernt ist. Söder forderte daher gute Informationen von der tschechischen Seite und eine Beteiligung der deutschen Öffentlichkeit. „Wir haben einfach Sorge, da es sehr nahe am Grenzbereich ist. Ein anderer Standort könnte uns natürlich glücklicher stimmen“, ergänzt Söder. Dennoch lobte der bayerische Ministerpräsident das tschechische Nachbarland für deren Umgang mit der Kernenergie: „Tschechien gibt ein Beispiel, wie man einen sozialverträglichen Energiemix der Zukunft mitgestalten kann.“
Die Weichen für die Zukunft stellen
Auch die bayerisch-tschechische Zusammenarbeit stand im Fokus der Gespräche. Insbesondere der Verkehr zwischen den beiden Ländern, konkret die Bahnstrecke München-Prag, ist ein Dauerthema. Fiala betonte, auf tschechischer Seite sei die Elektrifizierung der Bahnstrecke von Prag bis zur deutschen Grenze weitgehend abgeschlossen. Auf bayerischer Seite ist das jedoch erst in acht Jahren geplant. Söder kündigte dennoch an, sich auch bei der Bundesregierung weiter für Modernisierung und Elektrifizierung einzusetzen. Auch die Zusammenarbeit im kulturellen Bereich soll ausgebaut werden. Im kommenden Jahr wollen die beiden Regierungschefs die Schirmherrschaft für ein grenzübergreifendes Barock-Festival übernehmen.
Eine gemeinsame Zukunft
Zum Abschluss der Pressekonferenz betonte der bayerische Ministerpräsident noch einmal die enge Verbindung von Bayern und Tschechen im Herzen von Europa: „Es gibt in der Vergangenheit viele alte Wunden, die nie ganz vergessen werden können. Aber die Frage ist, ob man alte Wunden wieder aufreißt, oder ob man sie als Motivation nimmt, die Zukunft zu gestalten.“ Auch auf den diesjährigen Sudetendeutschen Tag, der im Juni in Hof stattfand, kam er zu sprechen: „Zum ersten Mal in der Geschichte wurde die tschechische Nationalhymne gespielt. Das ist ein gutes Signal von einem gemeinsamen Bewusstsein für die Zukunft.“ Zudem sei es wichtig, Freundschaften und Allianzen zu finden und sich gegenseitig unterzuhaken. Auch Fiala betonte, es sei ein Treffen „im freundschaftlichen Geiste“ gewesen.
Die Minister betonten während der Pressekonferenz die bayerisch-tschechische Zusammenarbeit. Foto: Jannik Marthe