Mit der Ernennung eines Beauftragten zur Euro-Einführung löste der Minister für europäische Angelegenheiten Martin Dvořák (STAN) Streit in der Regierungskoalition aus. Premier Fiala hat nun ein Vermittlungsverfahren einberufen.
Bereits seit vergangenem Jahr drängt die an der Regierung beteiligte Bürgermeisterpartei STAN darauf, wieder einen nationalen Koordinator für die Einführung des Euro in Tschechien zu ernennen.
Mit dem Beitritt zur Europäischen Union vor knapp 20 Jahren hatte sich die Tschechische Republik zur Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung verpflichtet. Seitdem wurde der Beitrittstermin immer wieder verschoben, die Babiš-Regierung nannte schließlich keinen Termin mehr und ein nationaler Koordinator für die Euro-Einführung wurde nicht mehr ernannt. In den vergangenen Wochen nahm das Thema allerdings wieder an Fahrt auf, nicht zuletzt durch die Neujahrsansprache des Präsidenten Petr Pavel, der sich darin für die Einführung des Euro in Tschechien aussprach.
Da in der aktuellen, aus fünf Parteien bestehenden Regierungskoalition kein Konsens zum Thema Euro besteht und das Amt des nationalen Koordinators bisher weiter unbesetzt blieb, ernannte der Minister für europäische Angelegenheiten, Martin Dvořák (STAN), am Montag mit dem Ökonomen Petr Zahradník einen Beauftragten für den Beitritt zum europäischen Wechselkursmechanismus ERM II und schließlich zur Einführung des Euro.
Zahradník soll auf der Ebene des Ministeriums eine beratende Funktion ausüben, könnte aber auch einzelne Kompetenzen des nationalen Koordinators übernehmen, wie Medien berichteten. Laut Dvořák solle die Hauptaufgabe des neuen Beauftragten darin bestehen, sich an Fachdiskussionen über die Erfüllung der so genannten Maastricht-Kriterien und die künftige Einführung der gemeinsamen europäischen Währung zu beteiligen sowie die wirtschaftlichen Aspekte des Beitritts zur Eurozone zu beobachten und zu analysieren. Zahradník werde auch an Unterlagen mitwirken, die an die Regierung gehen.
Vermittlungsverfahren soll Streit schlichten
Wenig überraschend fühlten sich die Koalitionspartner von Dvořák übergangen und sehen im Handeln des Ministers eine Kompetenzüberschreitung. „Jedes Mitglied der Regierung hat das Recht, einen Berater zu haben. Es wäre jedoch logisch, dass er für die Bereiche zuständig ist, die der betreffende Minister in seinem Portfolio hat“, sagte Finanzminister Zbyněk Stanjura (ODS) gegenüber der tschechischen Nachrichtenagentur ČTK. Der stellvertretende Premierminister Ivan Bartos (Piraten) schrieb der ČTK, dass die Piraten mit Unterstützung aller Koalitionsparteien versuchen wollen, die Ernennung des eigentlichen Euro-Koordinators der Regierung zu erreichen.
Bevor die Angelegenheit zu einem ernsthaften Streit in der Koalition führt, soll nun ein Vermittlungsverfahren eine Einigung bringen. Laut der Regierungssprecherin Lucie Ješátková habe Premierminister Fiala (ODS) das Vermittlungsverfahren auf Antrag einer der Koalitionsparteien einberufen. Neben der einseitigen Entscheidung von Dvořák soll es um eine Debatte über „Kompetenzen und die Notwendigkeit, eine gemeinsame Position der Koalition zu wichtigen politischen Themen beizubehalten“ gehen. Es ist das erste Mal, dass Fiala ein solches Treffen auf Koalitionsebene einberuft. Ablaufen soll es im sogenannten Format K15, mit den Vorsitzenden sowie zwei weiteren Vertretern aller Koalitionsparteien.
Für die Einführung des Euro in Tschechien hatten sich zuletzt alle Koalitionsparteien bis auf die ODS ausgesprochen.
Opposition: „Fiala verliert Kontrolle über Regierung“
Laut dem stellvertretenden ANO-Vorsitzenden Karel Havlíček zeige die Ernennung von Zahradník, dass Fiala die Kontrolle über die Regierung verliert. „Der EU-Minister macht sich über ihn lustig, wenn er entgegen der Meinung der Regierung einen Euro-Beauftragten einsetzt“, sagte Havlíček gegenüber der ČTK. Wenn Fiala sich nicht lächerlich machen wolle, müsse er entschlossen handeln, fügte er hinzu. SPD-Chef Tomio Okamura sagte, die Parteien der Regierungskoalition wollten den Euro in Tschechien um jeden Preis durchsetzen und damit die Republik zerstören.
Ökonomen sehen die Ernennung von Zahradník überwiegend positiv. Sie halten eine koordinierte Expertendiskussion für notwendig. „Auch wenn die Debatte über die Euro-Einführung im Prinzip nie völlig entpolitisiert werden kann, ist es sicher gut, wenn sie sich auf eine professionellere Ebene bewegt. Petr Zahradník könnte dabei helfen“, sagte PwC-Partner Jan Brázda gegenüber ČTK. Laut einer Umfrage unter den Mitgliedern des Verbandes der kleinen und mittleren Unternehmen und Gewerbetreibenden der Tschechischen Republik ist eine leichte Mehrheit der kleineren Unternehmen und Gewerbetreibenden für die Einführung der gemeinsamen europäischen Währung.
Petr Zahradník ist Wirtschaftswissenschaftler und Analyst, der sich auf die EU spezialisiert hat. Er ist außerdem Mitglied des Nationalen Wirtschaftsrates der Regierung (NERV) und gehört zum „EuroTeam“ der Europäischen Kommission (GD ECFIN).