Foto: Kreidetafel mit Aufschrift "Das böhmisch-mährische Hochland ruft: Komm zurück!" beim letzten Nationalfeiertag in Prag - Bild: LandesEcho/tra

Zwei Jahre thront Miloš Zeman jetzt auf der Prager Burg. Der selbst ernannte „Präsident der 10 Millionen kleinen Leute“ hat sich in dieser Zeit vor allem einer Berufsgruppe gewidmet: regelmäßig watscht er die Journalisten ab. Damit begann er schon bei seiner Rede zur Einführung in sein Amt. Da nagte in ihm tief, dass die meisten der großen Prager Zeitungen im Wahlkampf ziemlich unverblümt seinem Widersacher Karel Schwarzenberg publizistisch die Daumen gedrückt hatten.

 

 

Seither hat er kaum mal eine Möglichkeit ausgelassen, die Journalisten als „Deppen“, „Idioten“ oder „Hyänen“ zu geißeln. Sein erstes Interview gab er demonstrativ dem aus der kommunistischen Steinzeit entsprungenen Blatt „Haló noviny“, das man nur mit sehr spitzen Fingern anfassen kann. 

Als sich Zeman in einem Live-Gespräch im öffentlich-rechtlichen Hörfunksender „Radiožurnál“ gleich mehrfach äußerst peinlich und sexistisch in der Wortwahl vertan hatte, verlangte der Sender, dass die Interviews nur noch vorproduziert werden, um „verbale Aussetzer“ Zemans vor der Ausstrahlung noch rausschneiden zu können. Der Präsident lehnte das empört ab und redet jetzt nur noch mit einem Privatradio, das sich noch nie ernsthaft mit Politik befasst hat. Mit den seriösen Zeitungen hat er noch immer nichts am Hut; neulich ließ er sich lieber von „Blesk“ einvernehmen, dem größten tschechischen und ebenfalls herzlich unpolitischen Boulevardblatt, das aber immerhin eine sehr große Auflage hat.

Ungerecht behandelt fühlt sich Zeman nicht nur von der vorwiegend liberal denkenden und schreibenden Zunft, sondern auch vom öffentlich-rechtlichen Fernsehsender Česká televize (ČT). Dabei war ČT vor allem zu Beginn seiner Präsidentschaft durchaus hilfreich: als Zeman nach seinem Wahlsieg ziemlich betrunken zu seinem ersten Interview in die ČT-Zentrale auf dem Prager Dohlenberg (Kavčí hory) stolperte, ließ er sich in einen Sessel fallen und verlangte erst einmal nach einem Aschenbecher. Der wurde ihm tatsächlich gereicht, obwohl in dem Haus das Rauchen seit Jahren strikt verboten ist. 

Doch im Laufe der Zeit begann man bei ČT mit Zeman wie mit einem normalen Politiker umzugehen. In der Hauptnachrichtensendung werden erst wirklich wichtige Themen der Weltpolitik abgehandelt, ehe man kurz und knapp über den Besuch Zemans irgendwo in der Provinz berichtet. Offenkundig zu wenig und nicht herausgehoben genug für den Burgherrn. Hinzu kommt, dass publizistische Sendungen sich gern mal über den Präsidenten (vorsichtig) lustig machen. Das alles bewegt sich jedoch immer im Rahmen. Der Fernsehrat, der das alles peinlich genau beobachtet, attestierte speziell ČT jüngst erst, Zeman sehr wohlwollend journalistisch zu begleiten.

Beim Präsidenten muss das alles ganz anders ankommen. Auf einer Reise nach Westböhmen hat er Ende vergangener Woche jedenfalls Klartext geredet: „ČT erfüllt meiner Meinung nach nicht seine öffentlich-rechtliche Funktion. Es ist nicht nur auf das Niveau eines Privat-TV-Senders  gesunken, sondern auf das eines schlechten Privatsenders. ČT hat nicht die Aufgabe, das Sprachrohr einer Partei wie der konservativen TOP 09 [Anm. d. Red.: das ist die Partei seines einstigen Rivalen Schwarzenberg] zu sein. Es hat objektiv und ausgewogen zu informieren.“ Und dann setzte Zeman noch einen drauf: er empfahl, dem öffentlich-rechtlichen Fernsehen den Geldhahn zuzudrehen. Die Gebühren für ČT könnten sinnvolleren Dingen zugeführt werden, „dem Gesundheitswesen, der Bildung oder dem sozialen Bereich“.

Zeman wusste selbstverständlich, was er da verlangte: über die von ihm in Zweifel gezogenen Gebühren finanziert sich ČT zu mehr als 80 Prozent. Fielen die weg, müsste der einzige öffentlich-rechtliche Kanal dicht machen oder beispielsweise privatisiert werden. 

Vergangenen Samstag wurde diese Forderung treu und brav vor der Prager Burg von etwa 1 500 Hardcore-Fans der außerparlamentarischen Zeman-Partei unterstützt, die extra aus dem ganzen Land mit Bussen in die Hauptstadt gekarrt worden waren. Die nannten ČT „Lügen-Fernsehen“. Und sie regten sich nicht nur darüber auf, dass ihr Liebling Zeman nicht täglich ordentlich im Fernsehen abgelichtet werde. Sie warfen ČT beispielsweise – unverdient – auch eine im Ukraine-Krieg einseitige Informationspolitik gegen Putin vor. Der ganze Aufmarsch  erinnerte an Pegida- Kundgebungen in Dresden.

ČT selbst empfindet die Attacke Zemans als „beispiellos“. Zeitungen erinnern bereits an das Jahr 2000. Da versuchten Zeman und sein späterer Vorgänger im Präsidentenamt, Vaclav Klaus, gemeinsam, ČT das Licht auszublasen. Seinerzeit wurde das durch die größten Demonstrationen seit 1989 verhindert. Die Tageszeitung „Lidové noviny“ schrieb, es sei Zeit, dass sich das Lager der Zeman-Gegner erneut zur Wehr setze.

 

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