Tschechiens Ex-Präsident Václav Klaus und sein amtierender Nachfolger Miloš Zeman gehören seit jeher zu den Bewunderern Wladimir Putins. Während Zeman mit Beginn des Überfalls auf die Ukraine aber immerhin eingeräumt hat, sich in Putin geirrt zu haben, fällt Klaus zunehmend als dessen wichtigstes Sprachrohr in Ostmitteleuropa auf.
Wichtige Prager Medien wie Frekvence 1, CNN-Prima oder Mladá fronta Dnes bieten ihm regelmäßig eine fragwürdige Bühne. Klaus nutzt die begierig aus, um Leser, Zuschauer und Zuhörer im Sinne Putins zu manipulieren. Putins Krieg ist für ihn kein Angriff auf einen souveränen Staat, sondern ein „Ersatzkrieg zwischen dem Westen und Russland“. Klaus sieht die Sympathie der Tschechen für die Ukrainer darin begründet, dass seine Landsleute einen „Hass auf die Russen“ hätten. Die von russischen Truppen verübten Gräueltaten sind aus seiner Sicht teilweise „ukrainische Propaganda“.
Realitätsfremdes Weltbild
In einem Text für Lidové noviny geht er frontal zudem die Großherzigkeit der Prager Regierung und des überwiegenden Teils der Bevölkerung gegenüber den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine an. Rund 300 000 von denen haben in Tschechien Schutz gefunden. Klaus wirft der Prager Politik vor, eine „verantwortungslose“ und von „verwerflicher Naivität“ geleitete „Massenumsiedlung“ der Ukrainer nach Tschechien zu betreiben. Und weil es so gut passt, legt Klaus den Verantwortlichen den über Jahre in Tschechien mitleidig belächelten Merkel-Satz in den Mund: „Wir schaffen das!“ Dass die allermeisten ukrainischen Flüchtlinge nach eigener Aussage nicht länger als unbedingt nötig in Tschechien bleiben, sondern lieber wieder nach Hause wollen, ignoriert er. Die Flüchtlingskinder schnell in tschechischen Schulen zu integrieren, ist für Klaus nichts anderes als „die Flüchtlinge dauerhaft in der tschechischen Gesellschaft anzusiedeln“. Wie alle „Massenmigranten“ seien die Ukrainer nur darauf aus, ihr bisheriges Leben „unter besseren materiellen Bedingungen“ in Tschechien fortzusetzen.
Die Tschechen hätten bei all dem „nur eine sehr vage Vorstellung von der Lebensweise, den Traditionen und Besonderheiten“ der Ukrainer: „Wir sollten nach den Wurzeln der wenig schmeichelhaften Zustände in der Ukraine vor dem Krieg suchen – Chaos, Korruption und Kriminalität. Einiges davon kommt heute mit den Massen von Flüchtlingen zweifellos auch zu uns“, mahnt Klaus.
Der peinliche Vergleich
Ein Leserbriefautor war über diese Aussage derart empört, dass er an die Massenamnestie von Klaus kurz vor dem Ende dessen Präsidentschaft erinnerte. Seinerzeit hatte der damalige Staatschef viele derer amnestiert, die wegen des fehlenden Rechtsrahmens unter seiner Ägide zahllose Firmen in Tschechien ebenso schamlos wie erfolgreich ausplündern konnten.
„Während Zeman mit Beginn des Überfalls auf die Ukraine aber immerhin eingeräumt hat, sich in Putin geirrt zu haben, fällt Klaus zunehmend als dessen wichtigstes Sprachrohr in Ostmitteleuropa auf.“
Peinlich sein Vergleich zwischen den Flüchtlingen und den bis zu ihrer Vertreibung 800 Jahre in Böhmen, Mähren und Schlesien lebenden deutschen Einwanderern: Der Zustrom von ukrainischen Migranten werde einen enormen demografischen Wandel bedeuten, der in der tausendjährigen Geschichte des Landes beispiellos sei. „Nicht einmal die ursprüngliche deutsche Minderheit von mehreren Millionen in unserem Land ist so plötzlich entstanden. Trotzdem endete das deutsch-tschechische Zusammenleben auf unserem Territorium tragisch.“
Die Suche nach Aufmerksamkeit
Der renommierte Kommentator der Hospodářské noviny, Petr Honzejk, sucht die Erklärung für derlei in speziellen Persönlichkeitsmerkmalen von Klaus: „Er war stets auf sich selbst konzentriert, er musste immer auffallen, seine Umgebung übertreffen… Zur Zeit der wirtschaftlichen Transformation stand Klaus natürlich im Rampenlicht. Allmählich wurde er jedoch einer von vielen Politikern, und das Interesse an ihm ließ nach, was er nur schwer ertragen konnte. Also fing er an, an seiner erneuerten Selbstherrlichkeit zu arbeiten.“ Deshalb habe er den Klimawandel geleugnet, verdamme die EU oder leugne Covid. Ich frage mich vor allem, weshalb bestimmte Medien Klaus für seine Verschwörungstheorien immer wieder eine Bühne geben.
Dieser Beitrag erschien zuerst in der LandesEcho-Druckausgabe vom Mai 2022.