Foto: Adolf Born - Bild: Herminapress

Am 22. Mai verstarb der herausragende tschechische Künstler Adolf Born im Alter von 85 Jahren. Aus diesem Anlass veröffentlichen wir an dieser Stelle das Porträt des Malers, das in der LandesEcho-Printausgabe 7/2015 erschienen war.

Ein Leben wie gemalt

Seine wohl berühmtesten Zeichenfiguren sind wohl die beiden Drittklässler Mach und Šebestová. Das aufgeweckte Äffchen Žofka, das Katerduo Cour und Courek, Pippi Langstrumpf, Robinson Crusoe, die drei Musketiere oder die Fabeltiere La Fontaines sind einige der populärsten Helden, die im Atelier des renommierten tschechischen Zeichners, Grafikers und Malers Adolf Born entstanden sind. Der Nestor der tschechischen Buchkunst feierte im Juni 2015 seinen 85. Geburtstag. Und dazu Mal in einer erstaunlichen seelischen sowie körperlichen Verfassung. Zu diesem Lebensjubiläum gratulierte das LandesEcho Herrn Born, dem man anlässlich der Buchtaufe seines neuen Werkes Ezopovy bajky (Äsops Fabeln) begegnete.

Adolf Born kam am 12. Juni 1930 im tschechisch-österreichischen Grenzstädchen České Velenice (Gmünd) auf die Welt. Seine Familienangehörigen konnten sich noch an die Zeiten der Österreichisch-Ungarischen Donaumonarchie erinnern, als Velenice ein tschechischsprachiger Teil des deutschsprachigen Gmünd gewesen ist. Erzählungen aus diesen Zeiten hörte der kleine Adík, wie sie ihn zu Hause liebevoll nannten, von seiner ungarischen Oma, die seinerzeit in Wien als Köchin gearbeitet hatte.

Hang zu alten Zeiten

Seitdem lassen die Zeiten der Donaumonarchie Adolf Born nicht so richtig los. Gerne stöberte er in Familienalben und sah sich dabei Fotografien seiner Ahnen an. Sein Interesse für vergangene Zeiten drückt er nicht zuletzt auch durch seinen Schnauzbart aus und posiert Fotografen auch gerne mal in historischen Militärmützen, Hüten und Kappen, die er seit Jahren leidenschaftlich sammelt.

Als Born vier Jahre alt wurde, hat man seinen Vater, der als Eisenbahner arbeitete, erst nach Cheb (Eger) und kurz darauf nach Prag versetzt. Das Geburtsstädtchen Velenice besuchte die Familie Born von nun an nur noch während der Sommerferien. In Prag besuchte Born das Gymnasium und lernte den Jazz zu lieben.

Da er seit seiner Kindheit zum Zeichnen neigte, dabei insbesondere zu Bildern von Mikoláš Aleš, Luděk Marold, Zdeněk Burian oder František Tichý, entschloss sich der junge Born für das Studium der Bildenden Kunst an der Pädagogischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag. Nach einem Jahr wechselte er zur Hochschule für Kunst und Gewerbe. Nach Abschluss seines Studiums, suchten sich Born und sein Kollege Odřich Jelínek Lohn und Brot in Prager Zeitschriften- und Zeitungsredaktionen. Gemeinsam mit anderen tschechischen Karikaturisten fanden sie einen Zufluchtsort in der damals unpolitischen Wochenzeitschrift Mladý svět (Die junge Welt).

Legendäres Trio

Einen Meilenstein im Werdegang von Adolf Born stellt das Jahr 1963 dar: Der Zeichentrickfilm tritt in sein Leben und dazu der geniale Schriftsteller und Drehbuchautor Miloš Macourek. Zwei Menschen mit der gleichen Blutgruppe, die ihre Phantasie, ihre ähnliche Lebenseinstellung und ihren gemeinsamen Sinn für Humor voll ausspielen konnten. Auf der Grundlage Borns Zeichnungen mit dem Titel „Bornografie“ schufen sie 1968 ihren ersten gemeinsamen Film „Příliš málo něhy“ (All zu wenig Zärtlichkeit). Drei Jahre später bebilderte Born das bis heute beliebte moderne Märchen „Dívka na koštěti“ (Das Mädchen auf dem Besen). Kurz darauf festigte sich ein Autorentrio: der Bildende Künstler Adolf Born, der Drehbuchautor Miloš Macourek und der Trickfilmzeichner Jaroslav Doubrava. Miteinander schufen sie eine Reihe von Zeichentrickfilmen. Zum Beispiel „Co, kdyby“ (Was wäre wenn), über Menschen, die sich grundsätzlich nie einmischen, oder „Matylda s náhradní hlavou“ (Matylda mit dem Ersatzkopf), über ein Mädchen, das dermaßen viel weiß, dass sie einen anderen Kopf braucht. Und natürlich einen Klassiker der tschechischen Zeichentrickserien: „Mach a Šebestová“, 1967 gestartet. Insgesamt hat sich Adolf Born an mehr als sechzig Zeichentrickfilmen künstlerisch beteiligt, wobei er natürlich auch für die Welt der Erwachsenen zeichnete.

Borns Bücher als Muss

Kaum findet man bis heute eine Familie in Tschechien, in deren Bibliothek nicht mindestens ein Buch mit den Zeichnungen dieses originellen Illustrators zu finden sein würde. Denn Adolf Born hat sich bis jetzt mit seinen Bildern an unglaublichen 350 Buchtiteln beteiligt. Für seine Buchkunst hat Adolf Born zahlreiche Preise und Ehrungen erhalten. Und das nicht nur in seiner Heimat, sondern auch im Ausland. Dort kennt man vor allem seine wirkungsvollen Zeichnungen zu Kiplings Dschungelbüchern, La Fontaines Fabeln oder Daniel Defoes Robinson Crusoe.

Die künstlerische Spannweite von Adolf Born ist breitgefächert. Man findet darin neben Linolschnitt, Pastell, Aquarell oder der Federzeichnung auch seine beliebteste Technik: Die Farblithographie. Darin hat Adolf Born ein ganzes Defilee historischer Persönlichkeiten festgehalten – von seinen beliebten Habsburgern und türkischen Sultanen, Weltenbummlern, bekannten Künstlern, Politikern oder Wissenschaftlern. Mit seinem spezifischen Humor stellt er untypische Situationen auf, in denen sich seine exakten geschichtlichen Kenntnisse mit seiner uferlosen Fantasie vereinen. Etwa dann, wenn der böhmische Denker und Erwecker František Palacký die Kaiserin Sissi Schlittschuhe laufen lehrt und dabei von dem betrübten Blick des Kaisers Franz Josef I. heimlich beobachtet wird.

Drei Fragen an Adolf Born

Welches Geburtstagsgeschenk werden sie nie vergessen?

Es war das Buch Robinson Crusoe, das ich als kleiner Junge bekommen habe. Und immer, wenn früher ein Buch herauskam, hing im Schaufenster des dortigen Buchladens eine große Illustration dazu. Und dabei dachte ich zum ersten Mal, das ich dieses Buch irgendwann auch illustrieren möchte. Dieser Traum ging für mich 1975 in Erfüllung. Und später kam auch ein Marionetten-Film über den gestrandeten Seemann hinzu, an dem ich mitarbeitete.

Zu ihren Leidenschaften, die sich in Ihrem Werk widerspiegeln, gehört auch das Reisen. In welche Richtung brechen sie am häufigsten auf?

Ich liebe Skandinavien, die Niederlande, die Bretagne oder Griechenland. Aber es gibt auch Orte, die ich nie vergessen werde. Wie Indien, wo ich 1967 einen Werbefilm für Air India drehte. Ich erinnere mich dabei insbesondere an den atemberaubenden Taj Mahal. Gerne fahre ich immer nach Südtirol und Bayern, die für mich kein Ausland sind, sondern auch eine Heimat verkörpern.

Ihr Hang zur Geschichte ist bekannt. Aber wie denken sie über unsere Gegenwart nach?

Leider geht die Intelligenz der Massen, nicht nur die der Tschechen, schlagartig nach unten. Es kommt mir vor, dass die Menschen irgendwie Jahr für Jahr dümmer werden. Aber wie kann man wissen, was noch kommt? Denn unsere Gegenwart ist nur ein Ausschnitt aus der Weltgeschichte.

Dieser Artikel erschien im LandesEcho 7/2015.

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