Unser Landesblogger Jannik kann die hohen Temperaturen in Tschechien nicht wirklich genießen.
Es war heiß. Bis zu 39 Grad Celsius meldeten die Messstationen in Tschechien vor einer Woche. Mitte Juni! So heiß war es seit Beginn der Temperaturmessungen zu dem Zeitpunkt noch nie. Und nicht nur in der Tschechischen Republik, in ganz Europa wurden Temperaturrekorde gebrochen. Nun sind das jedoch keine fröhlichen Nachrichten, dass man endlich wieder in das Freibad oder die Eisdiele kann. Als am 19. Juni die Tagesschau über die heißen Temperaturen in Deutschland mit einem fröhlichen Foto aus dem Freibad berichtete, zeigt das wieder einmal, wie die Hitze von weiten Teilen der Gesellschaft immer noch wahrgenommen wird. Doch die hohen Temperaturen so früh im Jahr sind keine „Endlich ist der Sommer da“-Meldungen, sondern schon jetzt knallharte Folgen des Klimawandels, auch in Tschechien. Wir müssen über die Hitze reden.
Eine globale Erwärmung
Natürlich hat es Ausreißer beim Wetter schon immer gegeben, und dass Hitzerekorde gebrochen werden, ist keine Neuigkeit. Doch Nachrichten über extreme Temperaturen häufen sich und kommen immer früher im Jahr. Allein in den letzten sechs Monaten berichteten Nachrichtenportale über unzählige neue Temperaturrekorde. In Indien herrschte mit knapp 50 Grad der heißeste März seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, im April machten in Pakistan ähnliche Temperaturen weltweit Schlagzeilen. Und auch im entfernten Westen gab es zuletzt extreme Hitze und Schwüle, insbesondere in den Vereinigten Staaten und Kanada.
Das alles schien weit entfernt, nun traf die Hitze auch vor unserer Haustür in Europa ein, vor allem in Spanien, Italien und Frankreich. Die 39 Grad in Tschechien sind natürlich nicht zu vergleichen mit der extremen Hitze in Asien. Und doch sind sie ein tropischer Vorgeschmack auf das, was Klimaforscher als kommende Normalität prognostizieren: Temperaturen jenseits der 40 Grad, auch in Europa.
Todesursache Temperatur
Die Klimakrise bringt zwar vieles mit, was Sorgen bereiten kann, sei es schmelzende Pole oder der steigende Meeresspiegel. Doch viele wissen nichts mit diesen Informationen anzufangen, sie sind nicht wirklich greifbar. Die Hitze hat dagegen schon jetzt eine direkte Auswirkung auf uns. Wir spüren sie an unserem eigenen Körper, welcher die hohen Temperaturen über längere Zeit ungeschützt nicht aushält. Laut dem deutschen Gesundheitsministerium gab es 2020 in Deutschland rund 4000 Hitzetote. Fast doppelt so viele Menschen wie jährlich im Straßenverkehr sterben. Und das innerhalb weniger Sommertage. Hitzewellen haben eine direkte tödliche Konsequenz und werden es zukünftig noch stärker haben. Insbesondere ältere Menschen sind davon betroffen, genauso wie Kinder, Schwangere und Personen, die chronisch krank sind.
Der schwitzige Blick in die Zukunft
Wir müssen den Gedanken endlich ernst nehmen, dass Temperaturen wie letzte Woche keine schlagzeilenbedürftigen Ausreißer mehr sind, sondern möglicher Alltag. Immer öfter und stärker aufkommende Hitze ist keine Assoziation zu Sommer, Eis und Urlaub. Es ist eine menschengemachte Folge des Klimawandels und eine Katastrophe für uns und unsere Umwelt. Die hohe Hitze wird vielerorts von extremen Wetterereignissen begleitet. Es sind noch mehr Regionen von extremen Dürren betroffen, die zu Wassermangel, Ernteausfällen und Waldbränden führen. Es treten vermehrt Umweltkatastrophen wie Jahrhundertfluten auf, wie zuletzt in Deutschland letztes Jahr.
Hohe Temperaturen wie jüngst in Tschechen geben nur eine Ahnung, was schon jetzt in anderen Weltregionen bittere Realität ist. Teile von Asien und Afrika erleben nie dagewesene Hitzerekorde, die Gefahr von Hungersnöten steigt rasant an und vertreibt die Menschen aus ihrer Heimat. Insbesondere den afrikanischen Kontinent werde die Klimakrise noch schlimmer in ungeahnter Härte treffen, warnt die Weltwetterorganisation (WMO). Während die Erderwärmung in Europa momentan größtenteils erschwerte Lebensverhältnisse zur Folge hat, geht es in vielen Ländern schon jetzt um Leben und Tod.
Fragwürdige Berichterstattung
Wie Teile der (europäischen) Medienlandschaft über das Thema Hitze berichten, ist dabei maximal fragwürdig. Berichte wie jüngst in der Tagesschau bagatellisieren die Bedrohung von Hitzewellen, sowohl die heutigen als auch die zukünftigen. In der Berichterstattung über Hitzewellen werden selten bis gar nicht Zusammenhänge mit dem Klimawandel hergestellt. Titelfotos zeigen oft fröhliche Menschen im Freibad oder Kinder, die in Brunnen planschen. Nachrichtenportale wetteifern um News mit den höchsten Rekordtemperaturen, ganz egal wie diese zustande kommen. Und wenn mal wieder über die hohen Temperaturen in Asien oder Afrika berichtet wird, reichen bloße Todeszahlen und ein Stockfoto einer Feldarbeiterin. Kurz gesagt: Sie repräsentieren ein ignorantes, eurozentriertes Weltbild.
Die steigende Hitze ist ein globales Problem. Um diese einzudämmen und das berühmte Klimaziel des Pariser Abkommens, eine Erderwärmung um maximal 1,5 Grad zu erreichen, muss der Ausstoß von Treibhausgasen massiv reduziert werden. Keine der fünf größten Wirtschaftsnationen hat sich jedoch bisher zu nationalen Maßnahmen verpflichtet, mit denen das Klimaziel eingehalten werden könnte. Es muss ein Umdenken stattfinden, sowohl in der Politik, in den Medien, als auch in den Köpfen der Gesellschaft. Immer extremere und regelmäßigere Hitzephasen werden zu einer echten Bedrohung. Und sind schon jetzt für viele bittere Realität.