Schhmidts Kater Loisl. Zeichnung: Jiří Bernard
Schhmidts Kater Loisl. Zeichnung: Jiří Bernard

Čauky mňauky, allerseits! Sie dürfen sich glücklich schätzen, dass es auch in diesem Monat eine Kolumne von mir gibt. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich lieber weiter in meinem sonnenüberfluteten Garten vor mich hin gedöst. Bei mir hat nämlich der Prager Sommer begonnen.

Da neige ich zu noch größerer Faulheit als sonst schon. Dummerweise habe ich einen Aufpasser, meinen Butler, den Herrn Schmidt. Der hält mich auf Trab, auch dann, wenn mir gar nicht danach ist, ihm meine Gedanken in den PC zu diktieren. Der Herr Schmidt redet mir aber gern ein schlechtes Gewissen ein. Nach dem Motto: „Du kannst unmöglich deine treuen Leser enttäuschen.“ Oder: „Wenn du zu faul bist zum Diktieren, bleibt die Seite in unserem zauberhaften LandesEcho leer, du bekommst kein Honorar und kannst es auch nicht für die Vier- und Zweibeiner in der Ukraine spenden.“ Da bekomme ich wirklich ein schlechtes Gewissen. 

Zumal ich in diesen Tagen gerade den Besuch unserer ukrainischen Freundin Julia genossen habe. Sie konnte uns längere Zeit nicht besuchen. Umso mehr habe ich mich gefreut, als sie kam. Sie hat kaum im Garten auf der Bank gesessen, da bin ich schon zu ihr auf den Schoß gehüpft und habe mich lange und intensiv von ihr streicheln lassen. Julia konnte deshalb gar nicht ihren Kuchen essen, immer nur mal am Kaffee nippen. Aber ich gehe nunmal vor. Schließlich belohne ich ihre Streicheleinheiten mit einem unnachahmlich süßen Schnurren.

Julia hat von einem Besuch in ihrer ukrainischen Heimat erzählt. Sie lebt auf einem Dörfchen unweit der Stadt Mykolajiw im Süden des Landes, der ständig von russischen Raketen und Drohnen beschossen wird. Das Dörfchen ist glücklicherweise in den mehr als zwei Jahren des Krieges verschont geblieben. Aber vieles funktioniert trotzdem nicht. Das größte Problem seien die Stromabschaltungen, weil die Russen ganz gezielt die Kraftwerke bombardierten. Jetzt ist Julia erst einmal wieder für längere Zeit in Prag, wo kein Krieg herrscht. Da freue ich mich. Ich denke oft an sie, wenn sie nicht da ist. Sie gehört eben zu meinen absoluten Lieblings-Zweibeinern. Oder wie der Herr Schmidt immer sagt, sie sei Teil unserer Familie. So wie ich und meine Katzenkumpeline Frau Merkel.

Weil gerade der Name Frau Merkel fällt: Ich habe mich schon ein paar Mal gefragt, weshalb sie eigentlich nicht auch mal versuchen könnte, einen Text für Sie, die Leser des LandesEcho, zu diktieren. An meiner Stelle. Damit ich auch mal frei habe. Aber ich glaube, mein Butler traut ihr das nicht zu. Oder er hat es nunmal darauf abgesehen, immer nur mich zu nerven. Es ist ja immerhin bemerkenswert, dass Frau Merkel genau wie ich früh und abends lecker Fresschen bekommt – ohne irgendetwas Nützliches zu vollbringen. Ist so etwas gerecht? 

Ich habe ja nicht nur die schwere journalistische Arbeit zu verrichten. Ich muss auch jeden langen Tag aufpassen, dass unsere Früchte des Gartens auch ja ordentlich gedeihen. Die Tomaten, die Gurken, die Paprikaschoten, die Bohnen, der Salat und die vielen verschiedenen Kräuter. Dabei gehört nichts davon auf meinen täglichen Speiseplan. Ich lebe ja schließlich nicht vegetarisch. Soweit käme es noch. Ich frage mich, wozu Frau Merkel überhaupt gut ist in unserem gemeinsamen Anwesen, wenn sie nur Fliegen jagt, mich ärgert und aus meinen Schläfchen reißt, die nun wirklich wohl verdient sind. Ich muss an einem lauen Sommerabend mal mit meinem Dosenöffner darüber ein paar ernsthafte Wörtchen reden. Die Arbeit bei uns ist eindeutig einseitig verteilt. Alles bleibt an mir hängen.

Abends bin ich dann so kaputt, dass ich bei den Spielen der Fußballer im Fernsehen immer gleich einschlafe. Kein Wunder, dass meine Tschechen bei der Europameisterschaft nicht gerade Bäume ausreißen. Der Herr Schmidt hat immerhin schon mehrfach Spaß an dem Fußball-Gott Füllkrug von ruhmreichen BVB 09 Dortmund gehabt. Die Deutschen habe ich noch nie live gesehen, nur immer in den Zusammenfassungen der Nachrichten. Aber was soll’s. Ich bin ja ein tschechischer, kein deutscher Kater. Wenn ich kein Fan der Deutschen bin, muss ich mich nicht schämen. Alles in allem ist es aber schön, dass wir so viel Sport diesen Sommer haben. Nicht nur Fußball, auch die Tour de France und Olympia! Auch Ihnen viel Spaß dabei! Čauky mňauky!

Schmidts Kater Loisl und sein Butler Hans-Jörg Schmidt

Dieser beitrag erschien zuerst in der landesecho-ausgabe 7/2024

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