Auch in den schwierigsten Zeiten bewahren sich die Tschechen ihren Humor. Das gilt ebenso für die Corona-Pandemie.
Dass ausgerechnet Tschechiens Gesundheitsminister Roman Prymula von einem Zeitungsfotografen dabei erwischt wurde, wie er die von ihm selbst durchgesetzten Corona-Regeln missachtete, löste einen Skandal aus. Die Politik tobte: „Der Minister verspielt das letzte Stück Vertrauen der Tschechen in die Regierung“.
Die Reaktion der allermeisten Tschechen sah freilich völlig anders aus: Die lachten sich kaputt über den Eklat. Bei Facebook etwa wurde ein Foto des Ministers zum Hit, auf dem er angeblich sagt: „Als ich Sie bat, in dieser Zeit zu Hause zu bleiben, dachte ich vor allem an die Fotografen unter Ihnen.“ Auf einer ebenfalls mit unzähligen „Daumen hoch“ belohnten Fotomontage sieht man den geschassten Vorgänger Prymulas, Adam Vojtěch, der im Stil eines Paparazzos grinsend aus einem Auto heraus eine Kamera in den Händen hält. Jeder Tscheche begriff, was er damit einfing – natürlich den peinlichen Fehltritt seines Amtsnachfolgers Prymula.
Der ehemalige Gesundheitsminister Adam Vojtěch als Paparazzo. Foto: Instagram/vain.92
Witzig böse Parolen
Egal, was die Tschechen in ihrer Geschichte zu durchleiden hatten, ihr Humor, der an den tiefschwarzen der Briten erinnert, hat dieses Völkchen schon immer aus selbst schwierigsten Lagen gerettet. Schönen Gruß vom braven Soldaten Schwejk. Sie amüsieren sich köstlich über sich selbst, früher zudem besonders gern über die arroganten Habsburger Herrscher oder später über Diktatoren von tiefbraun bis tiefrot. Der Witz blühte selbst unter der deutschen Okkupation des Landes. Der „Henker von Prag“, Besatzungschef Reinhard Heydrich, (manche behaupten auch, Hitler selbst) soll die Tschechen deshalb „lachende Bestien“ genannt haben. Ich als Deutscher zitiere diesen Ausspruch hier zum ersten Mal in 30 Jahren Prag, aus wohl verständlichen Gründen. Ganz anders als die Tschechen selbst, die diese Worte selbstverständlich kennen, sie gern verwenden und mich wegen meiner politischen Korrektheit auslachen.
Legendär sind die zahllosen witzig-bösen Parolen, die die Tschechen 1968 beim Einmarsch gegen den Prager Frühling an die Hauswände malten. Etwa diese: „Lenin, steh auf, Breschnew ist verrückt geworden.“ Beim Moldau-Hochwasser 2013 riss man Witze wie jenen: „Das Prager Nationaltheater präsentiert eine Neufassung der „Moldau“ von Smetana. Eintritt frei!“ Auf dem dazugehörigen Foto war das überflutete Opernhaus zu sehen. Auf einem weiteren das vermeintliche Werbeplakat einer schwedischen Möbelkette für ein Hochwasserabwehrsystem: Zwei Feuerwehrleute, völlig ratlos über eine der üblichen IKEA-Anleitungen zum Selbstaufbau gebeugt.
Jára Cimrman – Erfinder irrer Dinge
Ein besonders witziges Kapitel wird seit verblichenen kommunistischen Zeiten über das völlig verkannte tschechische Universalgenie Jára Cimrman im gleichnamigen Prager Theater geschrieben. Cimrman hat beispielsweise so irre Dinge erfunden wie ein Pilzsuchermesser, eine Reisezigarettendose, ein Feuerwehrfahrrad, einen Riesenkerzenlöscher, den Bikini oder eine Spielkartenmischmaschine. In den Hochalpen führte er Hebammen ein, in Galizien das Schulwesen und den USA empfahl er den Bau des Panamakanals. Auf sein Konto geht auch die Glühbirne. Leider, so heißt es, sei Cimrman damit einen Tick zu spät ins Patentamt gegangen. Thomas Alva Edison war schneller.
Ein paar Corona-Witze muss ich noch loswerden: Auf einer Fotomontage sieht man Bauarbeiter Jaromir zu Hause, umgeben von Maurerhandwerkszeug und einem Betonmischer. Titel: „Jaromir im Homeoffice“. Oder diese aktuelle Form sexistischer Anmache: „Fräulein, sie tragen eine zauberhafte Maske. Wollen wir nicht gemeinsam in Quarantäne gehen?“
Und schließlich erfreuen sich die Tschechen auch an Witzen über uns Deutsche. Wie diesen: „Wie heißt das dünnste Buch aller Zeiten? Richtig, ‚Tausend Jahre deutscher Humor‘.“