Unsere neue LandesBloggerin Anna ist mit einem kühnen Vorhaben nach Prag gekommen: in der Moldau eisbaden zu gehen.
Ich habe mir schon immer gerne physische und mentale Herausforderungen gestellt. Man könnte sagen, das ist ein Hobby von mir. Im Dezember 2019 setzte ich mir dann eine neue Herausforderung in den Kopf: Eisbaden. Ich begann, einmal pro Woche zusammen mit einer Freundin in der Ilmenau, das ist ein Fluss der durch meine Studienstadt Lüneburg fließt, schwimmen zu gehen. Wobei von Schwimmen kaum die Rede sein kann, da wir es anfangs meist nur wenige Sekunden im Wasser aushielten.
Inspiriert wurde ich damals von einem Video des Niederländers Wim Hof — auch bekannt als „The Iceman“ (dt. „Der Eismann“) — welcher für viele internationale Rekorde bekannt ist, die er in extremer Kälte aufstellte. Unter anderem erklomm er im Februar 2009 mit nichts als Schuhen und Shorts bekleidet innerhalb von zwei Tagen den Gipfel des Kilimandscharo. Er entwickelte außerdem eine wissenschaftlich anerkannte Atemtechnik — die „Wim-Hof-Methode“ — die in Verbindung mit Kältetraining dabei helfen soll, den Körper, aber vor allem die eigene Widerstandskraft zu stärken. Dies soll eine Kaskade gesundheitlicher Vorteile in Gang setzen, unter anderem den Abbau von Stress, ein gestärktes Immunsystem, ein gesteigertes Wohlbefinden sowie eine verbesserte Schlafqualität. Klingt doch super in Zeiten einer Pandemie, oder?
Neues Jahr, alte Vorsätze
Das Eisbaden habe ich im vergangenen halben Jahr während meines Auslandssemesters in Schweden dann zugegebenermaßen stark schleifen lassen. Bis auf einmal, als wir bei -7 Grad in einen Fjord in Lappland sprangen, habe ich meine Eisbade-Routine dort völlig über Bord geworfen. Das wollte ich in meiner Zeit in Prag jedoch ändern. Mit einem neuen Jahr kommen ja bekanntlich auch neue (oder in meinem Fall alte) Vorsätze. Deshalb habe ich bereits in meiner ersten Woche hier in Prag nach einem Ort zum Eisbaden Ausschau gehalten. Dabei erfuhr ich, dass das Eisbaden in Prag eine langjährige Tradition ist, die als „Alfred-Nikodém-Memorial“ bezeichnet wird. Seit 75 Jahren ziehen Pragerinnen und Prager jährlich am 2. Weihnachtstag in der Moldau ihre Bahnen. Sie tun dies zu Ehren des Prager Goldmachers Alfred Nikodém, der das Eisbaden in der Tschechoslowakei der Zwischenkriegszeit populär machte.
Dieses jährliche Event habe ich leider knapp verpasst, was mich jedoch nicht von meinem Plan abhielt, hier in Prag meinen Neujahrsvorsatz in die Tat umzusetzen. Am Freitag traf ich mich dann noch vor Sonnenaufgang mit der anderen LandesEcho-Praktikantin Fanny am Ufer der Moldau. Mit ein wenig Überredungskunst konnte ich sie davon überzeugen, mit mir in das kühle Nass zu hüpfen. Da es ein für uns unbekanntes Gewässer war, achteten wir darauf, nah am Rand und mit den Füßen auf dem Boden zu bleiben, um nicht in eine Strömung zu geraten. Lang genug, um zu schwimmen, haben wir es aber ohnehin nicht im Wasser ausgehalten und Wim Hofs Atemübungen habe ich in dem Moment auch über Bord geworfen. Ist man erstmal im kalten Wasser, fängt der ganze Körper an zu prickeln und es ist schwer, einen klaren Gedanken zu fassen, außer dem, dass man so schnell wie möglich wieder raus möchte. Sobald man jedoch wieder an Land ist, und es geschafft hat, sich mit zittrigen Fingern die Klamotten überzustreifen, und wenn auch die Füße langsam auftauen, dann erfüllt einen das Gefühl von Stolz und Euphorie, sich trotz aller inneren Widerstände doch ins kalte Wasser gewagt zu haben.
Im Winter ist morgens auf der Karlsbrücke noch nicht viel los. Foto: Anna Plachetka
Anschließend wurden wir für unseren Wagemut mit einem warmen Croissant und einem wunderschönen Sonnenaufgang auf der Karlsbrücke belohnt, bevor es dann zur Arbeit in die LandesEcho-Redaktion ging.
Moin und dobrý den aus der goldenen Stadt.
Ich heiße Anna Plachetka und werde die LandesEcho-Redaktion die nächsten zwei Monate als Praktikantin unterstützen. Da mein Vater aus Tschechien stammt, hoffe ich, hier ein paar Kontakte zu knüpfen und meine mäßigen Sprachkenntnisse ein bisschen verbessern zu können. Ich studiere Kulturwissenschaften und Digitale Medien in Lüneburg und habe das vergangene halbe Jahr im Auslandssemester in Schweden verbracht. Nach meinem Studium möchte ich eine Schnittstelle zwischen Kultur und Medien besetzen, um marginalisierten Gruppen eine Stimme geben zu können. Jetzt bin ich aber erstmal gespannt, welche neuen Inspirationen und Eindrücke die Zeit in Prag für mich bereithält und freue mich schon sehr über die im Vergleich zu Schweden äußerst erschwinglichen Bierpreise.