Manga Comic Con - Buchmesse Leipzig, Foto: Von Niabot - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

LandesEcho-Autorin Anna Käsche hat sich in die Bücherwelt gestürzt und berichtet nun täglich live von der Leipziger Buchmesse.

Der Messetag beginnt mit der Fahrt vom Leipziger Westen zum Messegelände. Die Verkehrsbetriebe laufen zu Hochform auf. „Die wardende Bahn mit der Nummer 16 fährd zur Buchmesse. Bidde nutzen Sie alle Düren.“ An sämtlichen Verkehrsknotenpunkten sind Experten mit orangen Westen und entsprechenden Sächsischkenntnissen positioniert.

Die Straßenbahnen verkehren im Fünfminutentakt. Immer mehr Besucher passieren die Drehkreuze zu den Messehallen. An den ersten beiden Tagen waren es bereits 82 000 und somit 1000 mehr als im Vorjahr. Und auch am traditionell besucherstärksten Samstag, hat die Buchmesse mit ihren Besucherzahlen sicher den Rekord geknackt. Und das trotz herrlichen Wetters.

Tučková web

Die bunt kostümierten Manga- und Comicfans stürmen direkt in ihr eigenes Reich – die Halle 1. Hier dreht sich alles um Fantasiefiguren, Plüschohren und Elfenflügel. Viele Durchgänge werden aufgrund des hohen Besucheraufkommens zu Einbahnstraßen. Mich fasziniert, wie alles nahezu reibungslos funktioniert und sich kaum jemand beschwert.

Ich kämpfe mich zum arte-Stand in der Glashalle durch. Hier ist Kateřina Tučková zu Gast. Sie liest aus ihrem Roman „Gerta. Das deutsche Mädchen“ und spricht über dessen Entstehung. Damit die Zuschauer einen Eindruck vom Original bekommen, liest sie tatsächlich zuerst auf Tschechisch. Dann fährt Moderator Mirko Schwanitz mit einem Ausschnitt aus der Übersetzung von Iris Milde fort. Das Publikum ist still. Tučkovás Roman ist voller Fakten, aber gleichzeitig voller Gefühl.

Die 21-jährige Gerta erlebt mit ihrer kleinen Tochter den Brünner Todesmarsch. Um sich in ihre Protagonistin hineinzuversetzen, absolvierte die Autorin selbst die Strecke, welche die vertriebenen Deutschen Ende Mai 1945 zurücklegen mussten – nachts, mit Gepäck und Babypuppe im Kinderwagen. „Das war physisch und psychisch unheimlich anstrengend. Dabei waren es bei weitem nicht so harte Bedingungen wie damals“, so Tučková.

Mit ihrem Roman hat sie auch viel für die deutsch-tschechischen Beziehungen getan. Neben einigen kritischen Reaktionen in Tschechien, bewirkte sie mit ihrem Werk auch eine Entschuldigung der Stadt Brünn (Brno) für den grausamen Todesmarsch 1945.

Besucherandrang web

Nun sitze ich nach einem langen Messetag bei einem Bier in der Kneipe, die definitiv keine Tochtergesellschaft der Leipziger Verkehrsbetriebe ist. Die Besuchermassen machen den Kellnern zu schaffen. Die Gäste stehen Schlange, keiner weiß wohin. Hier fehlt eindeutig der Mann in der orangen Weste.

 

 

 

 

 


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